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Gib den Jungs zwei Küsse: Die letzten Wünsche einer Mutter

Gib den Jungs zwei Küsse: Die letzten Wünsche einer Mutter

Titel: Gib den Jungs zwei Küsse: Die letzten Wünsche einer Mutter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: St John Greene
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aneinandergeschmiegt, dass es wie eine einzige Person aussah. Dieser Anblick versetzte mir ganz unvermittelt einen Stich, der meiner heiteren Stimmung ein Ende bereitete und mich mit Selbstmitleid überschwemmte.
    Warum konnten das nicht ich und Kate sein? Warum ging ich allein auf der anderen Straßenseite, einzig und allein umschlungen von der kalten Nachtluft? Ich schaute hoch in den Himmel und fragte mich, ob Kate wohl auf mich herabsah. Der Himmel war klar und voll funkelnder Sterne. Deren Anblick baute mich auf und erinnerte mich an die Nächte, in denen Kate und ich als junges Liebespaar in den Mendip Hills gepicknickt hatten.
    »Keine Sorge, ich werde nicht alt und verbittert werden«, ließ ich Kate wissen, als ich nach Hause kam. »Mach dir keine Sorgen, wenn du mich sauer und aufgewühlt siehst. Das wird nicht für immer so sein, das verspreche ich dir.«
    Am nächsten Morgen, einem Samstag, erlaubte ich den Jungs fernzusehen, während ich duschte. Es lief Scooby Doo, was sie liebten. Als ich aus dem Badezimmer kam, hörte ich unglaubliches Gelächter die Treppe heraufschallen. Reef und Finn kriegten sich nicht mehr ein vor Lachen und brachten damit das ganze Haus zum Wackeln. Nur mit einem Handtuch bekleidet ging ich nach unten, um zu sehen, was an Scooby Doo so lustig war, doch ich entdeckte, dass sie sich einen alten Norman-Wisdom-Film anschauten, in den sie zufällig hineingezappt hatten. Den beiden liefen buchstäblich die Tränen über die Wangen, und jedes Mal, wenn sie mit dem Finger auf den Bildschirm zeigten, wurden sie von einer neuen Lachsalve geschüttelt.
    »Sieh nur, Daddy, dieser dumme Mann wird von einem Polizisten gejagt!«, platzte es schließlich aus Finn heraus.
    »Er ist wie die Blue Men«, sagte Reef, bevor seine Stimme kichernd abbrach. »Mummy hätte sich nicht mehr eingekriegt.«
    Das war gewiss. Slapstick-Humor war genau auf ihrer Wellenlänge, aber darüber hinaus hätte sie alles darum gegeben, die Jungs wieder so lachen zu hören. Das gab mir zu denken. Ich musste an mein Selbstmitleid angesichts des eng umschlungenen Paars denken, das ich am gestrigen Abend auf dem Gehweg gesehen hatte, und verpasste mir einen kleinen Rüffel. Es gab so viel, wofür ich dankbar sein konnte, ich durfte mich nicht unterkriegen lassen. Ich musste lächeln wie Reef und Finn, denn welche Alternative gab es dazu? Keine, jedenfalls keine, die Kate gutgeheißen hätte.
    Ich hatte mich gegen ihren Wunsch gesträubt, mir jemand anderen zu suchen. Dies schien mir eine unmögliche Aufgabe zu sein. Kate war unersetzlich, und das hatte ich ihr ganz offen gesagt. Sie war meine Seelenverwandte, und ich hatte Zweifel, dass man so viel Glück haben konnte, in einem Leben noch eine zweite Seelenverwandte zu treffen. Aber Kate bestand darauf. Also sah ich dabei zu, wie sie sagte und schrieb: »Finde eine Frau, mit der Du zusammenleben kannst, damit die Jungs auch weibliche Einflüsse und Stabilität in ihrem Leben haben.«
    Die Erinnerung an ihren Gesichtsausdruck beim lauten Vorlesen dieser Worte tat weh. Sie versuchte mich anzulächeln, weil sie mich glücklich sehen wollte, konnte aber ihren Tränenfluss nicht stoppen. Jetzt begriff ich zum ersten Mal in voller Tragweite, warum sie das auf ihre Liste gesetzt hatte. Sie war als Ehefrau selbstlos und fürsorglich und unglaublich großzügig. Das wusste ich bereits. Es war ihr letzter ultimativer Liebesbeweis für mich. Aber nun verstand ich auch die tiefere Bedeutung ihrer Worte und erkannte etwas, worauf der Mutterinstinkt Kate schon lange vor mir aufmerksam gemacht hatte: Da die Jungs noch so klein waren, wirkte sich meine Zufriedenheit ganz unmittelbar auf die ihre aus. Ein alleinerziehender Vater, der sich elend fühlte, war kein guter Umgang für sie. Ich musste dafür sorgen, dass ich mich gut fühlte und positiv dachte, und Kate kannte mich gut genug, um zu wissen, dass es mir schwerfallen würde, dies allein hinzukriegen.
    Ich bekam in dieser Woche noch eine weitere Einladung, diesmal für die Geburtstagsfeier der Freundin meines Bruders, die achtzehn wurde. Sie fand in einem Nachtklub in Weston-super-Mare statt. Es war der 12. Februar, gerade mal zehn Tage nach Kates Trauerfeier, und ich glaube, dass meine Freunde und meine Familie überrascht und erfreut zugleich waren, als ich zu kommen versprach. Dabei half mir, dass ich bereits beim Scheunentanz gewesen war, und ich war diesmal weniger unsicher, weil ich mich von meiner Familie umgeben

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