Gib den Jungs zwei Küsse: Die letzten Wünsche einer Mutter
aufgebracht.
Sie hatte recht. Wir waren gewarnt worden, dass die Küste dort aus gefährlich zerklüfteten Felsen und Korallen bestand, aber ich konnte der Herausforderung nicht widerstehen, auch Matamanoa zu umrunden.
»Ich weiß, dass es dort an einigen Stellen ein wenig zerklüftet ist«, gab ich zu. »Aber das sind doch nichts weiter als ein paar alte Felsen und Korallen. Wir schaffen das.« Kate sah mich zweifelnd an und war ein wenig sauer.
»Erinnerst du dich noch an unser Motto?«, fragte ich. »›Wenn du nichts riskierst, bist du fehl am Platz.‹«
Sie zuckte seufzend die Achseln und nickte dann widerwillig.
»Dagegen kann ich nichts sagen. Dann also los.«
»Das ist meine Kate!«
Ich nahm sie an der Hand, und sie lächelte mich an. Ihre kleinen zarten Finger umschlossen meine. Auf keinen Fall würde ich Kate einer Gefahr aussetzen, nicht in einer Million Jahren. Bei mir war sie sicher, ich würde auf sie achtgeben und vor Schaden beschützen.
Es war eine atemberaubende Wanderung. Der Sand unter unseren Füßen war weiß, der Himmel türkis und silbern, und Kate und ich hatten das Gefühl, dass die heiße Sonne nur für uns schien. Als wären wir die einzigen Menschen auf der Welt.
»Ich liebe dich, Singe«, sagte Kate, »obwohl du manchmal komplett verrückt bist.«
Wir suchten uns nun unseren Weg über das zerklüftete Stück der Küste, während Wellen hinter uns in die Höhe brandeten. Kate mochte es nicht, wenn sie knurrend gegen die Felsen klatschten und wie wütende Hunde drohten, uns in die Fersen zu beißen. Sie kreischte jedes Mal und klammerte sich verzweifelt an mich.
»Du machst das ganz ausgezeichnet«, sagte ich. »Geh einfach weiter.«
Das tat sie, aber es ging mir ziemlich an die Nieren, als ich merkte, dass Kate vor lauter Angst zu weinen angefangen hatte. Das war nicht geplant gewesen.
»Na, komm schon, geh weiter«, ermunterte ich sie. »Ich lass dich nicht los. Halt dich an mir fest und geh weiter.«
Mutig nahm Kate den letzten schroffen Felsen in Angriff, der uns schließlich zu dem Ort zurückführte, wo wir vor ein paar Stunden gestartet waren.
»Dafür habe ich eine Medaille verdient«, sagte sie und schnaubte vor Erleichterung, als sie auf den trockenen, flachen Sandstrand sprang.
»Die ist dir gewiss. Wir werden sicherlich was Entsprechendes zur Erinnerung finden.«
Während ich noch sprach, überspülte eine Welle den Strand und legte Kate eine perfekte, glänzende Nautilusmuschel vor die Füße. Das Timing war unglaublich, und ich nahm meine Kamera und fotografierte sie dabei, wie sie die Muschel aufhob.
»Da hast du deine Medaille«, lachte ich. »Für Kate, die ewige Gewinnerin!«
Den Ausdruck von Entzücken und Befriedigung auf Kates Gesicht werde ich nie vergessen. Wie immer war ihre Angst schnell vergessen, und die Nautilusmuschel wurde zu ihrer bleibenden Erinnerung an Fidschi.
Meine Erinnerungen überwältigten mich. Sie waren allesamt glücklich, doch genau das machte sie jetzt so tragisch. Diese vielen Fotos und Videos waren dafür gedacht gewesen, dass wir sie uns gemeinsam anschauten und dabei in Erinnerungen schwelgten, wenn wir alt und grau waren und nicht mehr reisen konnten.
Jetzt konnte ich keinen dieser Orte mehr mit Kate aufsuchen, weder in Person noch im Geiste. Sie waren nur noch Teil unserer Geschichte und für die Ablage in Andenkenkisten bestimmt. Unsere gemeinsame Reise war zu Ende, und es traf mich hart, dass sie viel zu früh geendet hatte. Aber ich durfte Kate nicht enttäuschen. Ich musste an den glücklichen Erinnerungen festhalten. Wir hatten zusammen ein so wunderbares Leben gehabt, und das hatte unabänderlich Bestand.
Mein Blick fiel auf ein Foto von unserem klugen alten Cairn Terrier Frazzle, der ein paar Jahre vor Kate gestorben war. Er war in erster Linie mein Hund gewesen und hatte es nie versäumt, früh am Morgen auf meine Seite des Bettes zu springen, ohne Kate dabei eines Blickes zu würdigen. Als Reef geboren war, stellten wir sein Bettchen neben Kates Bettseite, und als Frazzle am nächsten Morgen hereinkam, sah er sich erst wachsam um, bevor er, ohne mich zu beachten, zur anderen Seite tapste, um sich den neugeborenen Reef anzusehen und zu beschnüffeln. Dann sprang Frazzle hoch zu Kate und leckte sie zustimmend ab.
»Ich könnte schwören, das Frazzle lächelt«, lachte Kate. »Sieh dir nur sein Gesicht an!«
Es war ein wunderbarer Augenblick – ein gutes Omen, wie wir dachten. Wir waren eine glückliche
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