Gib den Jungs zwei Küsse: Die letzten Wünsche einer Mutter
schweres, teuer aussehendes Fotoalbum zur Hand. Auf der ersten Seite prangte ein Hochzeitsfoto, das Kate und mich zeigte, wie wir aus der Kirche kamen und mit strahlenden Gesichtern unter einem Konfettiregen einhergingen.
Keiner hätte uns zugetraut, dass wir heiraten würden, und es dauerte auch Jahre, bis wir uns nach unserer Verlobung das Jawort gaben, denn immer wieder kam uns ein anderer Urlaub dazwischen, mussten andere Dinge in Angriff genommen werden, an die wir uns später erinnern konnten.
Von unseren zweiundzwanzig gemeinsam verbrachten Jahren waren wir nur knapp vierzehn Jahre ein Ehepaar gewesen, aber ich bedauerte es nicht, dass wir nicht früher geheiratet hatten, denn das war unwichtig. Katie und ich haben schon alles gemeinsam gemacht, bevor sie meine Frau wurde, und danach haben wir nicht damit aufgehört. Wir waren an unserem Hochzeitstag noch genauso vernarrt ineinander wie als verliebte Jugendliche, und so blieb es, bis der Tod uns schied.
Wohin wir auch fuhren, fotografierten wir wie wild, und ich bin froh darum. Ich wusste, dass die Jungs eines Tages Spaß daran haben würden, sich die Bilder anzusehen, und ich fühlte mich Kate so nah, wenn ich meine Gedanken immer und immer wieder auf Zeitreise schickte.
Ich entdeckte ein Foto von Kate, das sie beim Schnorcheln zeigte, und musste laut auflachen. Darauf sieht man sie Nase an Nase mit einem zornigen Clownsfisch, der sich wütend vor ihr aufbläst. Kate lacht sich um Kopf und Kragen. Dieses Foto sagt so viel aus über Kate. Sie war immer eine Ulknudel, fand immer etwas, worüber sie lachen konnte. Ihr war bewusst, dass Clownsfische ziemlich ärgerlich werden können, wenn man über ihrer Seeanemone schwebte. Dann kommen sie herausgeschwommen und nähern sich deinem Gesicht bis auf wenige Zentimeter. Wenn sie dann ihr eigenes Spiegelbild in deiner Tauchermaske sehen, drehen sie völlig durch und leuchten dir heim.
An jenem Tag quälte Kate viele dieser kleinen Fische. Sie klappte in Sitzposition zusammen, um ihren Auftrieb perfekt zu kontrollieren, bevor sie ein Seeanemonenfeld querte. Ein winzig kleiner Clownsfisch war so wütend auf sie, dass er sich in ihrem Haar verbiss und daran zog. Kate fand das unglaublich komisch. Die Interaktion zwischen Kate und Geschöpfen aller Art war faszinierend, und sie in Aktion zu erleben genoss ich mindestens so sehr, wie selbst zu tauchen und zu schnorcheln.
In einem anderen Fotoalbum fand ich einen Reiseplan, den Kate abgetippt hatte und in dem alle Einzelheiten aufgelistet waren, die mit unserer 1998 unternommenen einmonatigen Reise nach Australien, Neuseeland und Fidschi zu tun hatten.
Dienstag, 3. November: Fahrt nach Cairns, um die nächste Bootsfahrt und Unterkunft zu buchen. Wette für den Melbourne Cup auf Champagne abgegeben, der als Zweiter einlief! Die Crystal Cascades besucht, Schmetterlinge und Schlange gesehen, Dinner bei McDonald’s. Fahrt zum Wild World Zoo, dort einen Aborigine aus Yeovil und einen Koala namens Hamilton getroffen. Fahrt nach Port Douglas zum Tee.
Jeder Tag war voller Action. Ich musste unweigerlich grinsen, als ich das las. Auf dieser Reise hatten wir beide uns wie im Paradies gefühlt. Wir waren über Europa und Dubai nach Australien geflogen und mit einem Zwischenstopp in Amerika zurück nach Hause, nachdem wir noch Neuseeland und Fidschi besucht hatten, sodass wir sagen konnten, die Welt umrundet zu haben. Ich las weiter und schwelgte in Erinnerungen.
»Mittwoch, 4. November: Bin viermal getaucht, alle Tauchgänge waren gut. Habe einen Kartoffelbarsch beruhigt und Singe gerettet.«
»Ich kann mich nicht erinnern, dass ich gerettet werden musste, Kate«, sagte ich ironisch und drehte dabei meinen Kopf in Richtung Schrank im Zimmer der Jungs. Ich erinnerte mich tatsächlich nicht und wünschte, ich hätte Kate bitten können, mir die Geschichte wieder ins Gedächtnis zu rufen.
»Samstag, 21. November: Haben die Frühmaschine nach Auckland genommen und dann nach Fidschi. Sky Tower gesehen. Helikopterflug zur Insel, dort geschnorchelt. Tolle Sterne und Geisterkrabben gejagt. Haie gefüttert und Nachttauchen.«
»Wir müssen die Insel ganz umrunden«, hatte ich zu Kate gesagt.
Wir befanden uns auf der Matamanoa-Insel von Fidschi, in der Nähe der Stelle, wo Tom Hanks den Film Cast Away – Verschollen gedreht hat. Es war Idylle pur, aber Kate sah mich entsetzt an.
»Singe, man hat uns doch gesagt, wir sollen die andere Seite der Insel meiden«, sagte sie
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