Gib den Jungs zwei Küsse: Die letzten Wünsche einer Mutter
kleine Familie, durch Liebe fest miteinander verbunden, und selbst der Hund war zufrieden.
Als Nächstes öffnete ich ein verblasstes gelbes Paket mit Fotos, komplett mit Negativen, und sah mich und Kate in einem Restaurant auf Menorca mit ihren Eltern. Als Vorspeise hatten Kate und ich das Teuerste auf der ganzen Speisekarte bestellt: Riesengarnelen in Knoblauch. Danach wurde uns fürchterlich übel, und Kates Eltern, die mit ihrer Minestrone auf Nummer sicher gegangen waren, hatten Spaß daran, sich über uns lustig zu machen. Ich erinnerte mich, dass Kate ein von mir ausgesuchtes T-Shirt getragen hatte, das mit »vorne« und »hinten« bedruckt war, meine freche Anspielung darauf, dass sie ziemlich flachbrüstig war.
»Du kannst nicht alles haben«, sagte ich, als sie deswegen schmollte. »Du hast blonde Haare und blaue Augen und eine umwerfende Figur – nun werd mal nicht gierig!«
»Irgendwann mal werde ich mir den Busen vergrößern lassen«, erwiderte sie darauf immer. »Ich hätte auch gern Busen.«
»Du bist perfekt so, wie du bist«, erwiderte ich immer und meinte es auch so.
Gott sei Dank hatten wir keine Kristallkugel.
In einem anderen Album sah ich uns beide in Israel auf Kamelen in einem Beduinenlager reiten. Wie üblich befanden wir uns an der Spitze der Gruppe. Bei allem, was wir unternahmen, kümmerten Kate und ich uns um die besten Plätze. Sie sieht auf dem Foto so unglaublich jung aus, war vermutlich noch keine zwanzig. Nachdem wir jene erste Reise nach Österreich gemacht hatten, konnte uns nichts mehr aufhalten, und wir unternahmen so viele Urlaube, wie wir uns nur leisten konnten.
Einmal gewannen wir einen Urlaubsgutschein über fünfhundert Pfund, nachdem wir für einen Fotowettbewerb die Nahaufnahme eines Pufferfischs eingereicht hatten, der eine Ray-Ban-Sonnenbrille trug. Wir waren uns sofort einig, dass wir das Geld für eine Reise nach Antigua ausgeben wollten. Ich schloss meine Augen und stellte mir vor, wie wir diese prächtigen Inseln der Karibik umsegelten. Wir machten eine Schiffsreise, auf der Kate, die es nicht gewohnt war, viel zu trinken, von dem Gratisrum an Bord ziemlich betrunken wurde.
»Komm tanzen!«, rief sie jedem zu, der es hören wollte, und der Bootsbesitzer legte mit ihr ein paar schnelle Rumbas und Mambos aufs Parkett. Er fand Kate toll und genoss die Zeit mit uns so sehr, dass er mir erlaubte, seinen millionenteuren Katamaran, die Kokomo Cat, auf drei Viertel der Strecke rund um Antigua zu steuern, sehr zu Verärgerung einiger deutscher Touristen, denen er dieses Privileg verweigerte. Das war eine ganz typische Kate-Situation. Wenn man mit ihr zusammen war, passierten einem tolle Sachen, jedenfalls war das damals so.
Wir erfuhren, dass Antigua über dreihundertfünfundsechzig Strände verfügt, für jeden Tag des Jahres einen. Ich verlor den Überblick, an wie vielen wir Hand in Hand entlangliefen und Mangos, Ananas und Kokosnüsse aßen, die wir dort, wo sie vom Baum gefallen waren, einfach auflasen.
»Wäre es nicht fantastisch, ein ganzes Jahr hier zu verbringen, jeden Tag an einem anderen Strand?«, meinte Kate.
Wir überlegten beide kurz und tauschten dann einen wissenden Blick.
»Nee«, sagte ich lachend. »Es gibt noch viel zu viel anderes zu sehen!«
»Genau«, schloss Kate sich lächelnd an. »Wohin fahren wir als Nächstes?«
Afrika war das nächste Album, das ich heraussuchte. Kate liebte Tiere aller Art, und ich sehe sie vor mir, wie sie erst ein Buschbaby mit Bananenstückchen füttert und sich im nächsten Augenblick in unserem Hotel in Kenia einen Riesenpython um den Hals wickelt. Voller Bewunderung beobachtete ich sie dabei, wie sie kundig über dessen Schuppen strich, wo andere kreischten und entsetzt zurückschreckten. »Mummy mochte Schlangen.« So viel steht fest.
Wir besichtigten die Tierreservate Tsavo East und Tsavo West. Unter einer erbarmungslos herabbrennenden Sonne fuhren wir mit Staub im Mund im Safarijeep über holprige Pisten und wurden mit dem Anblick von Zebras, Giraffen, Elefanten, Büffeln, schwarzen Nashörnern und Löwen belohnt. Eine Nacht lang beobachteten wir ehrfürchtig eine Herde von etwa fünfzig Elefanten, angeführt von einer gewaltigen Matriarchin, die sich leise dem Wasserloch vor unserer Lodge näherte. Trotz ihrer gewaltigen Größe schafften die erwachsenen Tiere es, sich geräuschlos und routiniert paarweise so aufzustellen, dass ein sicherer Durchgang für die Elefantenkinder entstand und auch sie
Weitere Kostenlose Bücher