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Gib den Jungs zwei Küsse: Die letzten Wünsche einer Mutter

Gib den Jungs zwei Küsse: Die letzten Wünsche einer Mutter

Titel: Gib den Jungs zwei Küsse: Die letzten Wünsche einer Mutter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: St John Greene
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Chemo … Dann hat er mir hindurchgeholfen« ein Artikel über Kate erschienen. Hier einige der Dinge, die Kate der Zeitung mitgeteilt hat:
Obwohl alle mir Mitgefühl und Unterstützung entgegenbrachten, wurde Reef zu meinem Fels in der Brandung, weil er das alles selbst schon durchgemacht hatte. Er wusste, wann ich Schmerzen hatte, hielt dann meine Hand und sagte: »Ist schon okay, Mummy, ich kümmere mich um dich.« Seine Fürsorge ging weit über sein Alter hinaus.
Er hat so viel Zeit im Umfeld von medizinischen Einrichtungen verbracht, dass es auf ihn abgefärbt hat. Er weiß genau, dass man jemandem, der sich nicht wohlfühlt, die Hand hält und sich um ihn kümmert, und genau das hat er für mich getan.
Das Schlimmste für mich war, aus erster Hand zu erleben, was Reef durchgemacht hat. Nach der Computertomographie weinte ich ohne Unterlass. Es war schrecklich, es war unangenehm, und ich bekam Hitzewallungen.
Aber ich weinte nicht, weil ich das alles spürte, sondern weil Reef das hatte durchmachen müssen und es mit einem Lächeln im Gesicht über sich hatte ergehen lassen. Aber weil er es durchgemacht hatte und dabei tapfer geblieben war, wusste ich, dass ich keine andere Wahl hatte und am Ende für ihn und für Finn da sein würde. Beide Jungs waren umwerfend.
    Als ich dies las, tauchte vor mir lebhaft das Bild des vierjährigen Reef auf, der auf dem Fußboden mit seinen Spielzeug-Bakugans spielte. Er hielt den Kopf gesenkt und war ganz vertieft in die kleinen Magnetkrieger, die lebendig wurden, sobald sie auf irgendwas Metallisches trafen. Ich sah ihn einen Blick auf Kate werfen, die auf dem Sofa lag, und plötzlich ließ er seine Spielsachen einfach liegen und ging zu ihr. »Ich liebe dich, Mummy«, sagte er und kletterte aufs Sofa, um mit ihr zu kuscheln. Nach ein paar Minuten stieg er wieder hinunter, schlenderte zurück über den Teppich und stieg dort wieder in das Spiel ein, wo er aufgehört hatte. Kate ließ er mit einem wehmütigen, aber zufriedenen Gesichtsausdruck zurück.
    »Reef scheint den sechsten Sinn zu haben«, sagte Kate zu mir. »Es zerreißt mir das Herz, wenn ich daran denke, dass er diese Behandlung erdulden musste. Es ist für einen Erwachsenen schon schlimm genug, aber für einen so kleinen Jungen muss es beängstigend sein. Und wenn ich jetzt daran denke, dass er sich um mich sorgt, weil er weiß, was ich durchmache, halte ich das kaum aus.«
    Ich drückte sie und ermahnte sie, sich in diesen Gedanken nicht zu sehr hineinzusteigern.
    »Ich denke, er war noch viel zu klein, um alles mitzubekommen, was er durchgemacht hat«, beruhigte ich sie. »Und das ist ein Segen.«
    »Hoffentlich hast du recht«, meinte Kate. »Hoffentlich.«
    Auch ich hoffte es mit aller Macht. Ich hörte Reef noch in der Nacht vor Schmerzen schreien. Ich erinnerte mich an die schwarzen Augenringe, die roten Löcher in seiner Haut von den Nadeln und Infusionen und daran, wie ich ihn nachts befreien musste, wenn er sich, um sich schlagend und in seinem Krankenhausbett herumwälzend, in all seinen Schläuchen verwickelt hatte. Ich werde nie vergessen, dass ich ihn zwicken musste, wie auch Kate das so oft tat, um ihn zum Schreien zu bringen, damit er das Narkosemittel inhalierte und für die Scans das Bewusstsein verlor. Das muss eine der schlimmsten Aufgaben sein, die man Eltern abverlangt. Ich erinnere mich an jede einzelne der sechzig Narkosen, die Reef bekommen hat, und auch an jede der dreißig Bestrahlungen und vierzig Chemos, die er erduldet hat. Jetzt sind das irrsinnige Zahlen, aber damals nahmen wir es einfach hin und unterschrieben immer weitere Behandlungen in der Hoffnung, damit Reefs Leben zu retten.
    Ich weinte selbst wie ein Kind, wenn er unter Nebenwirkungen litt, und Kate ebenso. Reef verlor seine weichen Babyhaare, sein Mund war mit Geschwüren gespickt, er hatte fürchterlichen Durchfall und musste künstlich ernährt werden. Irgendwann hatte er acht verschiedene Schläuche in seinem zerbrechlichen Körper, darunter eine Nasen-Magen-Sonde, die Milch über seine Nase in seinen Magen beförderte. Er war so krank, dass er rund um die Uhr und wochenlang stündlich überwacht wurde und Ärzte und Krankenschwestern ihn abtasteten und untersuchten, während er von Geräten umgeben war, die ihn am Leben hielten und dabei pumpten und alarmierend piepten.
    Als Reef seine Chemo bekam, waren seine Windeln radioaktiv. Man ermahnte uns, beim Windelwechsel Einweghandschuhe zu tragen, da durch die Medikamente

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