Gib den Jungs zwei Küsse: Die letzten Wünsche einer Mutter
kam es mir nicht richtig vor, ihr das wegzunehmen.
»Darf ich Mummys Perücke aufprobieren?«, fragte Finn ein paar Wochen später.
Kate bekam es mit. »Natürlich darfst du«, sagte sie.
Sie hatte sich eine Perücke machen lassen, die ihrer eigenen Frisur so ähnlich wie möglich sah, dennoch wirkte sie ein wenig künstlich. Außerdem schwitzte Kate darunter und ihre Kopfhaut juckte, weshalb sie sich nie richtig daran gewöhnte. Die Behandlung mit einer Kältehaube wollte sie nicht, weil sie fand, dass die Gefrierbehandlung, die potentiell einige der Haarfollikel zu retten vermochte, schmerzhaft und keine Erfolgsgarantie wäre. Für ihr Empfinden musste sie schon mit mehr als genug Behandlung klarkommen, da wollte sie sich nicht freiwillig noch mehr zumuten. Eine Entscheidung, die ich voll unterstützte.
Beide Jungs probierten die Perücke auf und lachten sich schlapp, während ich Fotos machte. Kates Bruder platzte mitten in unsere Fotosession und probierte ebenfalls die Perücke auf.
»Was meinst du?«, sagte er und warf seinen Kopf in den Nacken.
Wir kreischten alle.
»Nimm sie ab, du siehst genauso aus wie Kate!«, sagte ich.
Kate lachte wie verrückt. Ich denke, das war das einzig Gute an der Perücke. Sie sorgte dafür, dass wir alle mal wieder herzhaft lachen konnten. An diesem Abend stiegen die Jungs zusammen ins Schaumbad, und ich ertappte sie dabei, wie sich gegenseitig Perücken aufsetzten, indem sie Schaum auf ihre Köpfe türmten und dann wieder herunterschlugen.
»Ich habe eine Idee«, sagte ich und zwinkerte Kate zu. Die Jungs besaßen ein großes Plastikspielzeug namens Airzooka, mit dem man eine wirklich heftige Druckluftwelle erzeugen konnte. Als sie das nächste Mal wieder Schaum auf ihren Köpfen hatten, rannte ich ins Badezimmer und feuerte die Airzooka auf sie ab, woraufhin ihre Schaumperücken in null Komma nichts vernichtet waren.
Kate liefen die Tränen über die Wangen, während sie Fotos mit meinem Handy schoss.
Auf einmal sah ich meine alte Kate wieder vor mir. Es zählte nicht, dass sie eine Brust und ihr Haare verloren hatte. Sie war noch immer meine giggelnde, temperamentvolle Kate – das vermochte der Tumor ihr nicht zu nehmen.
18. Dezember 2008
Kate bekam erst heute ihre vierte Behandlung, weil sie einen schlimmen Husten gehabt und sich ziemlich krank und elend gefühlt hatte. Reef und Finn bekommen ebenfalls Antibiotika gegen ihren Reizhusten. Aber Kate hat es dennoch geschafft, Reef als »König« bei einem Krippenspiel zu sehen, das in der Schule aufgeführt wurde, und sich über sein neu entdecktes Selbstbewusstsein gefreut. Solche Probleme kennt Finn nicht, er steht immer in der ersten Reihe! Wir drücken die Daumen, dass Kate über Weihnachten nicht ins Krankenhaus muss.
21. Dezember 2008
Wir haben mit Reef und Finn eine große Familienveranstaltung in Tortworth besucht, die beiden hatten ihren Spaß und haben sich ganz besonders gefreut, den Weihnachtsmann zu sehen, dem sie natürlich versicherten, gute Jungs gewesen zu sein. Sie übernachteten bei uns, damit Kate mal ausruhen konnte, und wurden zum Glück auch erst um halb acht munter. Dann quasselten sie und rannten den GANZEN TAG herum – wer behauptet, dass Kinder einen jung halten? –, danach waren wir völlig erschöpft!
Die arme Kate ist nach der Behandlung vom letzten Donnerstag im Moment völlig im Eimer, aber wenigstens wissen wir, dass sie anschlägt. Aufgrund ihrer Chemo hat sie überall Schmerzen und die übliche Übelkeit. Wir hoffen sehr, dass sie am Weihnachtstag wieder auf den Beinen ist, aber wenn nicht, werden wir ihnen was zu essen vorbeibringen. Am 2. Januar gehen wir zum Weihnachtsspiel, wenn es die Blutwerte zulassen.
5. Januar 2009
Katie hat es tatsächlich geschafft, Weihnachten zu Hause zu verbringen, obwohl sie während der Feiertage zweimal mit erhöhter Temperatur ins Krankenhaus gebracht werden musste. Am Donnerstag bekommt sie ihre fünfte Chemo.
Reef muss am 19. Januar zu einer Kernspinuntersuchung, auf die nächste Woche ein Termin beim Facharzt folgt.
Wir alle, aber ganz besonders Reef, waren begeistert vom Weihnachtsspiel Aschenputtel im Bristol Hippodrome!
14. Januar 2009
Das Kinder-Behindertenteam sucht nach einem zusätzlichen Betreuer, der sich in der Schule um Reef kümmern soll, vor allem während der Essenszeiten, da er doch während des allgemeinen Gerangels auf dem Spielplatz oft hinfällt. Davon abgesehen sind die kleinen Jungs gut in Form und haben es faustdick
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