Gib dich hin (German Edition)
sichtlich peinlich zu sein. »Vielleicht hätte ich lieber zu Hause bleiben sollen«, murmelte er.
»Ja, das wäre vielleicht wirklich besser gewesen«, gab sie zu, in der Hoffnung, dass er sich vielleicht doch nur eine Hauterkrankung zugezogen hatte. Er seufzte und ließ den Kopf hängen.
»Du, lass uns einfach noch mal drüber reden, wenn du wieder fit bist«, sagte sie aus einem Impuls heraus. Solange das alles auf einer freundschaftlichen Ebene blieb, konnte doch niemand etwas daran aussetzen. Tom lächelte sie dankbar an und nickte.
Da betrat der Big Boss den Raum. »Lassen Sie uns gleich anfangen«, verkündete er, und abrupt wurde es still. Per Knopfdruck auf eine Fernbedienung fuhr er die Rollläden herunter, und an die große weiße Wand wurden Produktbilder projiziert, an denen Ansgar Henning kein gutes Haar ließ, weil sie nicht aus seinem Hause stammten. Die Firma hatte sich nach einer wenig erfolgreichen Kampagne an Henning Advertising gewandt, um ihre Pflegeprodukte wieder gut auf dem Markt zu platzieren. Die alte Kampagne war nach Cynthias Ansicht wenig durchdacht und nicht unbedingt modern zu nennen. In den Achtzigern mochte das funktioniert haben, heute brauchte man mehr Pep.
»Wie Sie sehen, haben wir einiges zu tun«, erklärte Henning, der das Problem erkannt hatte, und fuhr die Jalousien nach der Präsentation wieder hoch. »Ich bin auf Ihre Ideen und Vorschläge gespannt. Wir wollen ein junges, modernes Konzept, das Frauen zwischen achtzehn und fünfundvierzig Jahren anspricht.«
Cynthia blickte sich am Tisch um. Ein Kollege kaute auf seinem Bleistift herum, zeichnete dann ein paar Blümchen auf seinen Notizzettel, während eine andere Mitarbeiterin mehr mit ihrer Frisur als mit der Aufgabenstellung beschäftigt schien.
»Cynthia?«
Sie zuckte zusammen.
»Sie sind doch neu bei uns, vielleicht können Sie mit ein paar frischen Ideen aufwarten?«
»Ja, ich hab etwas dabei.« Sie öffnete ihre Mappe und reichte Ansgar Henning ein paar Entwürfe, die sie heute Morgen noch schnell auf Folie am Frühstückstisch angefertigt hatte. Es waren allgemein gehaltene Skizzen, die sich jedoch auch auf Pflegeprodukte bezogen.
Der Boss studierte ihre Arbeit flüchtig und nickte. »Das ist doch schon mal was, damit können wir arbeiten.«
Er legte die Folien auf einen Overheadprojektor und projizierte die Bilder an die Wand. Es zeigte Frauen mit eher üppigen bis normalen Figuren, die von attraktiven Männern mit den Pflegeprodukten verwöhnt wurden. Cynthias Idee war es, vom schnöden Image der Firma wegzukommen und einen etwas natürlicheren und vor allem sinnlicheren Weg einzuschlagen. Mit umgekehrten Geschlechterrollen gab es etliche Versionen. Doch die normale Durchschnittsfrau wurde in der Werbung so gut wie nie von einem Adonis verführt. Ihre Idee kam bei den Kollegen gut an. Ein zustimmendes Raunen ging durch den Raum. Sie wurde gebeten, ihre Vision zu erklären, und Cynthia redete einfach drauflos. An Ansgar Hennings Gesicht konnte sie sehen, dass er begeis tert war.
»Tolles Konzept«, flüsterte Tom ihr anerkennend zu und schien sich ehrlich für sie zu freuen.
Nach der Konferenz war man übereingekommen, dass sowohl an ihrem als auch an zwei weiteren Konzepten gearbeitet würde, die man dem Kunden dann zu gegebener Zeit vorstellte. Cynthia war stolz auf sich und ihren Erfolg. Das hatte sie wirklich gut gemeistert. Die Ideen waren erfrischend, wie Ansgar ihr bestätigt hatte. Cynthia fuhr in den dritten Stock und machte sich auf den Weg ins Büro. Tom folgte ihr und stellte sich schließlich vor ihren Schreibtisch. Er gab eine ulkige Figur ab. Dieses aufgedunsene, dicke und gerötete Gesicht passte überhaupt nicht zu dem ansonsten schlanken, in einem teuren Designeranzug steckenden Körper.
»Ja, was kann ich noch für dich tun?«, fragte sie unverfänglich, da zog Tom seinen Terminplaner aus der Jackentasche und blätterte darin.
»Was wird das jetzt?«, hakte Cynthia nach.
»Ich suche einen Termin für uns.«
»Für uns?«
»Fürs Rizzo.«
Sie begriff und seufzte. Er hatte sie offensichtlich falsch verstanden.
»Wie wäre es Ende dieser Woche. Bis dahin sind die Ekzeme garantiert verschwunden. Und falls nicht, weiß ich dann zumindest, ob sie ansteckend sind oder nicht.«
Seine Hartnäckigkeit beeindruckte sie. Das Treffen schien ihm tatsächlich wichtig zu sein, und ein netter Kerl war er ja auch. Eigentlich sprach
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