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Gib dich hin (German Edition)

Gib dich hin (German Edition)

Titel: Gib dich hin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Dirks
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begierigen Blicke sehe, könnte ich mich vergessen. Und das wollen wir doch beide nicht, oder?«  
    War das eine Drohung?  
    »Bis morgen, schöne Cynthia.«  
    Er drehte sich um und verließ das Badezimmer, nackt, wie er war. Cynthia stieg aus der Wanne, wickelte sich ein Handtuch um und folgte ihm. Aber er war wie vom Erdboden verschluckt. Einfach verschwunden. Sie ging in jedes Zimmer, sah überall nach, aber Mandrake war fort, gleich einem Phantom, einem nicht greifbaren Schatten. Ihr wurde klar, dass sie in ernsten Schwierigkeiten steckte.  

Kapitel 11  
     
    Ihre Nacht war unruhig, daran hätte sie inzwischen gewöhnt sein sollen. Doch das war nicht der Fall. Entsprechend schlecht war sie am nächsten Morgen gelaunt, als sie den Fahrstuhl knapp verpasste, die Uhr unaufhörlich tickte und die Zeit ihr davonrannte. Heute ging es in den fünften Stock, genauer, in den Konferenzraum von Ansgar Henning. Cynthia war ein bisschen nervös und sich noch nicht ganz im Klaren darüber, was dort eigentlich besprochen werden sollte. Aber sie hatte sich, so gut es eben ging und trotz der schrecklichen Nacht, vorbereitet und sich ihre Mappe mit Entwürfen unter den Arm geklemmt. In fünf Minuten ging es los, und der Fahrstuhl war noch immer nicht unten. Kurzentschlossen sprintete sie die Treppen hoch und kam völlig erschöpft und durchgeschwitzt oben an. Wunderbar, auch das noch! Wenigstens hatte sie immer ein Deo in der Handtasche.  
    Der Konferenzraum war zur Sonnenseite ausgerichtet und bot elektrische Rollläden, die bei Bedarf heruntergefahren werden konnten. Ein riesiger Tisch dominierte das Zimmer. Hier hatten sicherlich an die zwanzig Leute Platz.  
    Nach und nach fanden sich Männer und Frauen ein, die sie noch nicht kannte, die aber freundlich grüßten. Schließlich tauchte auch Tom auf, der zielstrebig auf sie zukam und sich neben sie setzte. Ihr fiel auf, wie aufgedunsen sein Gesicht wirkte. Es sah schrecklich aus. Wie ein Ballon.  
    »Guten Morgen«, grüßte er sie freundlich und lächelte, aber seine Mimik wirkte verzerrt und surreal. Man bekam das Gefühl, sein Gesicht sei um das Doppelte angeschwollen. Auch die anderen Mitarbeiter musterten ihn mit zum Teil mitleidsvollen Mienen. Aber die Blicke schienen ihm zu entgehen.  
    »Morgen, Tom. Was hast du denn angestellt?«, flüsterte sie.  
    »Das kam über Nacht. Keine Ahnung, was das ist. Ich habe nachher einen Termin beim Hautarzt. Wahrscheinlich hab ich was Falsches gegessen.«  
    Oder Mandrake steckte dahinter. Er duldete keinen Nebenbuhler. Das hatte er deutlich gesagt.  
    »Aber mal was ganz anderes. Was hältst du davon, wenn wir uns noch mal treffen. Unsere Verabredungen standen bisher leider unter keinem guten Stern. Ich würde das alles aber gern vertiefen.«  
    Er schien ihre Hand greifen zu wollen, aber sie entzog sie ihm rasch. »Nicht doch, nachher ist es ansteckend«, sagte sie eilig, und Tom verstand das Gott sei Dank nicht falsch. Eigentlich hatte Cynthia nicht vorgehabt, sich Mandrakes Regeln zu beugen. Sie war eine erwachsene Frau, die sich nicht vorschreiben ließ, mit wem sie sich traf und mit wem nicht. Aber Toms Gesicht machte ihr doch Sorgen. Was, wenn Mandrake tatsächlich dahintersteckte? War er möglicherweise zu noch grausameren Dingen in der Lage? Noch dazu waren ihre Gefühle für Tom erloschen, seit sie geglaubt hatte, er würde sie hintergehen. Dass das ein Irrtum gewesen war, hatte sie nicht wiederbelebt. Sie fand ihn nett. Mehr aber nicht.  
    »Ich stelle mir das ganz schön vor. Du, ich, ein tolles Abendessen, Kerzenschein, eine Flasche Wein.« Er lächelte erneut auf diese grimassenhafte Weise.  
    »Du, Tom, ich habe einen vollen Terminkalender, ich kann mir einfach nicht leisten, auszufallen.« Sie deutete auf die Schwellungen in seinem Gesicht. Möglicherweise war das ja ein Virus, sie wollte nicht gleich in ihrer ersten Woche krank werden.  
    »Oh, na gut … das verstehe ich natürlich.« Er senkte den Kopf. Irgendwie tat er ihr schon etwas leid. Für einen Moment vergaß sie, dass es vielleicht ansteckend war, und wollte ihre Hand auf seine legen, doch noch bevor sie dazu kam, fing er plötzlich an, wie besessen sein stark gerötetes Handgelenk zu kratzen. Die Haut war schon ganz wund, und man sah auf den ersten Blick, dass er an der Stelle schon sehr oft gekratzt hatte. Der Kollege zu seiner Rechten rückte pikiert von ihm ab.  
    Dieses Mal bemerkte Tom die Reaktion auf ihn, und es schien ihm

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