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Gib dich hin (German Edition)

Gib dich hin (German Edition)

Titel: Gib dich hin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Dirks
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und verdrehte benommen die Augen.  
    »Lass dich hier nie wieder blicken«, brüllte Mandrake mit einer tiefen, angsteinflößenden Stimme, dann schleifte er den Benommenen zur Wohnungstür.  
    Cynthia richtete sich auf und folgte den Männern in den Flur. Dort sah sie, wie Mandrake den Widerling hinausbeförderte und die Tür hinter ihm schloss. Als er sich umdrehte, bemerkte sie ein gefährliches Glühen in seinen Augen, das aber schnell wieder erlosch.  
    »Ist alles in Ordnung mit dir?«, fragte er besorgt und betrachtete sie prüfend von oben bis unten. Als er die Hand nach ihr ausstreckte, fiel Cynthia ihm plötzlich in die Arme. Wie froh sie war, dass er hier war. Ein Zittern erfasste ihren ganzen Körper, und seine Arme schlangen sich fester um sie.  
    »Ich habe es gewusst«, flüsterte sie aufgeregt und klammerte sich an ihn.  
    »Was hast du gewusst?«  
    »Dass du kein Dämon bist.«  
    Erstaunt hielt er sie an den Schultern fest und schob sie ein Stück zurück. Was redete sie denn da?  
    »Du hast mich gerettet«, flüsterte sie voller Zuneigung und schmiegte sich erneut an seine Brust und ihm wurde klar, dass sie recht hatte. Ihre Worte öffneten ihm die Augen. Kein Dämon würde je einen Menschen retten. Mandrake aber hatte gespürt, dass sie in Gefahr war, und hatte alles stehen und liegen lassen, um zu ihr zu eilen. Sein altes Herz war vor Angst um sie gänzlich aus dem Rhythmus geraten, und ein Brennen hatte sich in seiner Brust ausgebreitet, das sehr schmerzhaft gewesen war, ihn noch mehr angetrieben hatte, sich zu beeilen. Die Vorstellung, sie zu verlieren, hatte Kräfte in ihm geweckt, die er nicht für möglich gehalten hätte, denn der Luftteufel, der sie angegriffen hatte, war normalerweise mächtiger als ein Wesen wie er. Zugleich wurde ihm gewahr, dass er sie niemals an Ovida ausliefern könnte. Nicht mehr. Diese kleine Menschenfrau war ihm wichtiger geworden als alles, was er je besessen hatte.  
    »Ich bin ein Gargoyle«, sagte er leise. Seit einer Ewigkeit war ihm dieser Satz nicht mehr über die Lippen gekommen. Er schämte sich, weil er sich dieses Namens nicht mehr würdig fühlte. Nicht nach allem, was er getan hatte. Gargoyles waren Hüter, Beschützer, keine Teufel, die für Zerstörung sorgten. Doch genau das war seine Aufgabe gewesen, und er hatte sie erfüllt. Bis heute.  
    Sie ergriff seine Hand und zog ihn mit sich ins Wohnzimmer. »Ich will alles darüber wissen. Bitte.« Sie setzten sich, und Mandrake begann zu erzählen.  
    Er sprach von einer vergangenen Zeit, die in Vergessenheit geraten war, in der Krieg auf der Erde herrschte, der für menschliche Augen unsichtbar gewesen war. Ein Krieg zwischen Dämonen und Gargoyles. Während die Dämonen danach trachteten, die Menschheit zu unterwerfen, zu verderben, ihre Seelen einzuverleiben, stellten sich die Gargoyles ihnen entgegen, um vor ihrem bösen Einfluss zu schützen.  
    Er hatte mit feuriger Leidenschaft gekämpft, die Menschen mit seinem Leben verteidigt, wie es auch seine Gefährten getan hatten. Doch über die Jahrtausende hinweg waren die Gargoyles immer weniger geworden, weil sie der Übermacht der Dämonen zum Opfer gefallen waren. Und nun, da sich ihre Anzahl so stark dezimiert hatte, wagten sich die Geschöpfe der Unterwelt auf die Jagd. Und es kam die schwarze Nacht, in der sich der Himmel verdunkelte, weil die finsteren Heerscharen der Dämonen über ihn hinwegzogen und jeden Gargoyle töteten oder versklavten, den sie fanden. Auch ihn hatten sie aufgespürt und auf der Spitze jenes Berges eingekreist, der sich weit über ein Tal erhob und zu seinem Zuhause geworden war. Sie waren in der Überzahl und viel stärker als er. Ihre Klauen bohrten sich in sein Fleisch, zerrissen ihm die Haut, ihre Fäuste zerschmetterten seine Knochen, und sie brachen ihm Arme und Beine, bis er sich nicht mehr bewegen konnte. Dann nahmen sie ihn mit, sperrten ihn in ihre düstere Welt, aus der er glaubte, niemals wieder zu entkommen.  
    Aber dann hatte Ovida ihn gefunden und ihm ein Angebot gemacht, das er nicht ablehnen konnte. Seitdem arbeitete er für die Dämonin, die nun von ihm verlangte, dass er ihr Cynthias Seele brachte. Doch die Vorstellung, die Dämonin würde sie aussaugen, ihr Sein vernichten, wühlte ihn auf, quälte ihn so sehr, dass er sie rasch an sich zog. Er würde das niemals zulassen.  
    Ihr strahlendes Licht hatte ihn aus dem endlos dunklen Tunnel geführt, er konnte wieder ein Wächter, ein

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