Gib mir meinen Stern zurück (German Edition)
einem dunkelhaarigen, ganz in Schwarz gekleideten Mann gegenüber. Eine riesige Sonnenbrille bedeckte den Großteil seines braun gebrannten Gesichts. Bedächtig ließ er die Hände von ihren Oberarmen gleiten und schob sich lässig die Sonnenbrille auf das glänzende Haar. Dann schenkte er ihr ein so entwaffnendes Lächeln, dass ihr die Knie schlotterten. Vor ihr stand der wohl bekannteste Magier aller Zeiten.
„Danke“, nuschelte sie, bevor sie blitzartig herumwirbelte, was sie in Anbetracht des fehlenden Absatzes um ein Haar erneut zu Boden geschickt hätte. Im letzten Moment konnte sie sich noch fangen, bevor sie mit roten Ohren, gebückt wie Quasimodo, schnurstracks nach draußen humpelte.
Während sie auf ihren Wagen zuschlurfte, sammelte sie die Reste ihrer Würde ein. Peinlichkeit, dein Name ist Valerie!, schoss es ihr durch den Kopf. Ausgerechnet vor den Augen des legendären David Chesterfield hatte sie sich bis auf die Knochen blamiert, nur weil sie inzwischen zu dämlich war, sich auf High Heels fortzubewegen. Und das als ehemalige Stuntfrau.
„So warten Sie doch!“, riss eine sonore Stimme sie aus ihrer privaten Gardinenpredigt. Als eine Hand sich vertraulich auf ihre Schulter legte, fuhr sie ruckartig herum – und fand sich erneut Auge in Sonnenbrille mit dem begnadeten Illusionisten wieder.
„Kann ich Ihnen irgendwie behilflich sein?“, setzte er mit einem Seitenblick auf ihren demolierten Schuh an. „Ich befürchte, ein Fußmarsch wird sich schwierig gestalten.“
Mit einem schnellen Schritt zur Seite schüttelte sie seine Hand ab. „Was Sie nicht sagen!“, grummelte sie, zwang sich dann aber zu einem Lächeln. Er konnte schließlich am allerwenigsten etwas dafür, dass sie sich fühlte wie am Rande eines Nervenzusammenbruchs. „Das liegt auch nicht in meiner Absicht. Mein Wagen parkt da drüben.“ Mit der Hand wies sie auf eine schwarze Limousine. „Autofahren sollte auch ohne Absatz funktionieren. Aber trotzdem danke. Ich weiß Ihr Angebot zu schätzen.“ Mit diesen Worten stolperte sie hastig auf den Cadillac zu, in der Hoffnung, dass ihr Retter nicht erneut die Verfolgung aufnahm.
Atemlos ließ sie sich in die weichen Ledersitze fallen. Die Ermüdung zerrte an ihren Gliedern wie ein störrischer Hund an der Leine. Und erst als sie sich vergewissert hatte, dass Mr. Zauberlehrling endgültig die Biege gemacht hatte, begutachtete sie ihren Schuh. Der Absatz des goldenen Stöckelschuhs baumelte lose nach unten wie ein nicht gänzlich abgebrochener Ast. Von dem schmucken Teil musste sie sich wohl oder übel verabschieden.
Erbost feuerte sie die Sandalen auf den Boden des Beifahrersitzes. Na herrlich, jetzt war sie gezwungen, die restlichen Erledigungen barfuß durchzuführen!
Wie tief konnte ein Mensch denn noch sinken?
Sie krampfte die Hände ums Lenkrad, als wolle sie es erwürgen, und ließ verzweifelt den Kopf darauf fallen. Die Anstrengungen der letzten Tage forderten ihren Tribut. Doch das Spießrutenlaufen durch die kalifornische Metropole war beileibe nicht der einzige zermürbende Faktor in ihrem Leben. Seit drei langen Jahren tanzte sie nun nach Angelinas Pfeife. Und von Tag zu Tag steigerte sich ihre Aversion gegen diesen Job und die zu ertragenden Erniedrigungen.
Wütend hieb sie mit einer Hand aufs Lenkrad ein. Wie lange wollte sie diese Schmach denn noch erdulden? Und wie zum Henker hatte ihr Leben nur so aus den Fugen geraten können?
Ihre aufregende Kindheit als Tochter eines Diplomaten hatte sie in den exotischsten Ländern der Erde verbracht. Doch seit der Rückkehr nach Deutschland gab es nur Rückschläge zu verzeichnen. Erst dieser verteufelte Unfall, der ihre Karriere als Stuntfrau in Sekundenschnelle zunichtegemacht hatte, und dann ihr Exmann mit seinen nervtötenden Marotten. Schon lange hätte sie Angelina vor den Kopf gestoßen, würde sie nicht jedes Mal ihr schlechtes Gewissen lautstark daran erinnern, dass die exzentrische Diva ihr damals mächtig aus der Bredouille geholfen hatte.
Das schrille Tröten einer Hupe riss sie aus ihrem Anflug von Selbstmitleid. Ruckartig warf sie den Kopf in den Nacken und straffte energisch die Schultern. Sie musste endlich Ordnung in ihrem Leben schaffen, vielleicht ihr Studium zum Abschluss bringen und in der freien Wirtschaft Fuß fassen. Denn ein Leben als unterdrückte und schikanierte Assistentin war nicht ihr Wunschtraum.
Kochend vor Wut donnerte sie den Zündschlüssel ins Schloss, als sie des Strafzettels
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