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Gib mir Menschen

Gib mir Menschen

Titel: Gib mir Menschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst Vlcek
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letzte Antwort zu finden. Wenn Ihnen das selbst auch nichts mehr hilft, so mag es ein Trost, für Sie sein, zur Heilung anderer beigetragen zu haben.«
    »So leicht gebe ich mich nicht geschlagen!« Es wäre doch gelacht, wenn ich diesen unsinnigen Traum nicht ad absurdum führen könnte. Ich fuhr schnell fort: »Wen wollen Sie denn noch heilen, wenn ich der letzte Patient bin? Wem sollen denn Ihre Erkenntnisse noch helfen, die Sie durch die Versuche mit mir erhalten mögen?«
    »Es gibt noch andere Überlebensstationen, habe ich das nicht erwähnt?« hielt Dr. Pretorius entgegen, er schien ebenfalls Gefallen an dem Spiel gefunden zu haben. Eine clevere Traumfigur, die da mein Unterbewußtsein produziert hatte, glaubwürdiger als die Flachschädel aus dem Kannibalen-Traum. »Dort gibt es genügend Patienten, an denen man meine Erkenntnisse erproben kann. Und diese sind es eher wert als Sie, gerettet zu werden.«
    Jetzt hast du es mir aber gegeben, sagte ich zu meinem Unterbewußtsein. Aber ich schlug wirkungsvoll zurück.
    »Okay, das ist ein Argument«, sagte ich. »Wer braucht in dieser verrückten Welt schon einen Bestsellerautor? Schön, ich sehe meine Nutzlosigkeit ein. Aber Sie haben sich die Mühe gemacht, mein Gehirn in den Körper zu transplantieren. Sie haben diesen meinen Körper aufgetaut, gehegt und gepflegt, damit er wieder voll funktionstauglich ist. Ich fühle mich pudelwohl darin. Das haben Sie wirklich prima hingekriegt. Ich könnte Bäume ausreißen. Nun verraten Sie mir aber, wieso Sie diese Anstrengungen unternommen haben, wenn Sie es nur auf mein Gehirn abgesehen haben. Wäre es nicht logischer gewesen, alles beim alten zu lassen und meinen nutzlosen Körper einfach zu ignorieren?«
    »Stimmt«, sagte er. »Ihr Körper ist nicht mehr zu gebrauchen. Dr. Benksers Tiefkühlmethode war völlig untauglich.«
    »Wie soll ich das verstehen?« Ich war etwas irritiert. Betastete meinen Körper. Bewegte Arme und Beine. Atmete tief durch. Ich fand nichts an ihm auszusetzen. »An mir ist doch alles bestens. Was soll also der Unsinn von einem unbrauchbaren Körper?«
    »Schon etwas von einem Phantomkörper gehört?« fragte er anzüglich. In mir krampfte sich etwas zusammen. »Glaubten Sie nicht auch während Ihres Tiefschlafs, manchmal Ihren Körper zu spüren? Das Bewußtsein, einen solchen zu besitzen, muß stark gewesen sein. Ich habe diesen Eindruck durch Reizung gewisser Gehirnteile noch verstärkt, um ihnen das Gefühl zu geben, von Mann zu Mann mit mir zu sprechen. Leider ging der erste Versuch fehl, so daß Sie die schreckliche Vision von kannibalischen Mailändern hatten. Ich mußte abschalten und nochmals starten. Ihr Gehirn sollte ja keinen Schaden nehmen.«
    »Verstehe«, sagte ich, weil mir kein Gegenargument mehr einfiel, um die Schreckensvision meines Unterbewußtseins zu zerschmettern. Jetzt paßte alles zusammen, so könnte sogar die Realität aussehen. Dies war der Augenblick, von dem an ich mich in mein Schicksal gefügt habe.
    Ich hatte nur noch Fragen allgemeiner Art, so etwa, was wirklich mit den Körpern von uns Tiefschläfern passiert war.
    »Sie sind alle noch in den Kältekammern«, war Dr. Pretorius’ Antwort. »Es lohnt sich nicht, sie aufzutauen, es sei denn, um einen Köder für die kannibalischen Mailänder auszulegen.«
    Eine sachliche, emotionslose Darlegung, bar jeglichen Zynismus.
    »Wenn ich keinen Körper habe und mir das alles nur einbilde, wie können Sie dann mit mir sprechen?«
    »Ich spreche nicht wirklich zu Ihnen. Ich meine, Sie können mich nicht akustisch hören, wie Sie auch nicht durch Lautgebung antworten. Meine Worte werden in elektronische Impulse umgesetzt, die direkt in das Sprachzentrum Ihres Gehirns gelangen. Ihre Antworten nehmen den umgekehrten Weg und werden vom Enzephalographen aufgezeichnet. Ich lese sie ab und mache die Entgegnungen. So einfach ist das. Haben Sie sonst noch Fragen?«
    »Eigentlich nicht. Ich kann nur noch darauf warten, bis dieser Traum aus ist.«
    »Ich muß mich wiederholen und meine Bewunderung für Ihre vorbildliche Haltung aussprechen. Darf ich mich erkenntlich zeigen, indem ich Ihnen einen Wunsch freistelle?«
    Typisch Traum, der böse Zauberer wurde zur guten Fee. Aber ich wollte der Traumlogik ein Schnippchen schlagen. Es war ein spontaner Gedanke.
    »Wenn es ginge, würde ich gerne meine Eindrücke festhalten.«
    »Das ist bereits geschehen. Ihre Gedanken wurden alle aufgezeichnet. Ich halte dieses erschütternde

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