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Gib mir Menschen

Gib mir Menschen

Titel: Gib mir Menschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst Vlcek
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Computerfrequenz mithören – wir waren auf CCCP-Weltnachrichten geschaltet. Arlos Gerät hatte noch einen dritten Kanal, über den er mit den Kumpels aus unserem Hauptquartier in Verbindung stand. Wir ließen uns von den Weltnachrichten über den neuesten Stand der Konferenz in Tokio informieren, wo bekanntlich die KODE, die »Koalition der Denkservice«, über den Einsatz der Demolitionsbombe in Neutral-Asien verhandelte.
    Aber Arlo wußte zu berichten, daß es dabei um viel mehr ging. Im Moment war die KODE noch eine reine Farce, weil die Denkanstalten jede für sich arbeiteten – und oft genug gegeneinander. Doch das sollte nach der Tokioter Konferenz anders werden. Ein Zusammenschluß aller Denkservices stand bevor, und wenn erst alle Denkgenossen unter einen Hut gebracht waren, dann standen den Self-Made-Denkern schwere Zeiten bevor.
    Eine Aktion, wie Marlene und Arlo sie gerade mit mir vorhatten, wäre dann nicht mehr denkbar.
    »Wir werden die Koalition sprengen«, sagte Arlo zuversichtlich. Auf meine Frage, wie er das bewerkstelligen wollte, sagte er ausweichend: »In Tokio existiert eine starke Widerstandsgruppe.«
    Wir verständigten uns ganz ungezwungen miteinander, während wir in die Massen von Computer-Zombies eingekeilt waren. Sie nahmen nicht einmal unsere Gegenwart und schon gar nicht unsere Andersartigkeit wahr. Sie lauschten entweder den Ratschlägen ihrer Maiden und Buben, ließen sich vom Regionalprogramm betäuben oder sich von den Weltnachrichten den Kopf voll machen.
    Apropos Weltnachrichten. CCCP stieg jetzt live in die Tokioter Konferenz ein. Der Prunksaal war gerammelt voll mit allen möglichen Leuten, die nach und nach höflich, aber bestimmt von den Saaldienern hinauskomplimentiert wurden. Auch die Reporter mußten verschwinden. Es blieben nur die robotischen Kameras zurück. Und natürlich die Chefs der zwei Dutzend weltgrößten Denkanstalten. Sie wurden jeder einzeln vorgestellt und groß ins Bild gebracht. Natürlich war auch Cyril Corby III in Großaufnahme zu sehen. Der Nachrichtensprecher sagte in seinem Kommentar über den Boß der CCCP, daß er der Initiator des neuen harten Kurses sei.
    Das Händeschütteln begann, die Bosse von NIPPON, Usa, AUA, Be-ErDE und wie die großen Denkanstalten alle hießen, drückten und knutschten einander ab. Bruderkuß, nennt man das, glaube ich.
    Ich zog mich wieder aus dem Weltprogramm zurück und beschäftigte mich mit der Umgebung. Das Gedränge um uns bekam mörderische Ausmaße. Die Zombies schienen das nicht mitzukriegen. Manchmal standen sie in Gruppen zusammen, wie im Gespräch vertieft. Aber ihre Augen waren ins Leere gerichtet, und sie wechselten kein Wort miteinander. Es ging ja alles über Welle. Gespenstisch, wenn man es aus der Warte des Außenstehenden betrachtete. Sie waren wirklich lebende Tote.
    In den Weltnachrichten war zu sehen, wie sich die Bosse an den großen Konferenztisch setzten.
    »Wohin führt ihr mich?« erkundigte ich mich bei meinen Freunden, als ich feststellte, daß sie sich zielstrebig in eine Richtung schlugen. Wir mußten uns tatsächlich einen Weg durch die Menschenmassen kämpfen, die Leiber standen nun dicht an dicht. Marlene drückte mir schweigend die Hand, Arlo reagierte überhaupt nicht. Er unterhielt sich leise mit dem Hauptquartier. Irgendwie glich er einem, der anderswo denken ließ.
    »Warum denn so geheimnisvoll?« fragte ich Marlene, die sich nicht mehr die Mühe machte, sich einen Weg zu erkämpfen. Sie ließ sich einfach vom Menschenstrom treiben.
    »Fällt dir nicht auf, daß alle in eine Richtung drängen?« fragte sie zurück.
    »Jetzt, wo du es sagst.« Es gab kein Hin und Her mehr, es war nun wie in einer Einbahn. Alle strebten nach vorne. Keiner, auch nicht ein einziger, kam uns entgegen. Die Masse wälzte sich auf ein Hunderte Meter hohes, bunkerartiges Gebäude zu, das noch fast einen halben Kilometer entfernt war.
    »Was ist das für ein Bauwerk?« fragte ich.
    »Kennst du es nicht?« Marlene sah mich von der Seite erstaunt an. »Es ist die Computerzentrale von CCCP. Unser Ziel. Und das um uns sind alles Denkgenossen, die Unsterblichkeit erlangen wollen.«
    Ich schluckte.
    »Du meinst …« Ich konnte den Gedanken nicht aussprechen. Die Massen erinnerten mich auf einmal an das ahnungslose Vieh, das zur Schlachtbank getrieben wird. Ich verscheuchte diese Vision und fragte: »Was wollen wir dort?«
    Bevor mir Marlene eine Antwort geben konnte, meldete sich Arlo. Er sagte:
    »Habt ihr es

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