Gib's mir, Schatz!: (K)ein Fessel-Roman (German Edition)
Schätzchen. Jetzt Abmarsch, Badezimmer, Bett.«
»Mach ich, Mami.« Er schmiegte sich eng an Anne. »Hab dich lieb. Papi auch. Und Oma Brownie.«
Sobald Lars im Badezimmer verschwunden war, ließ sich Joachim auf die Couch fallen. »Ihr habt nett gegessen, und ich habe einen leeren Kühlschrank vorgefunden«, maulte er. »Kann man sich denn auf gar nichts mehr verlassen?«
Das verwöhnte, fordernde Einzelkind. Mamas Bester, der rund um die Uhr bekocht werden wollte. Es war ein schweres Erbe, das Anne angetreten hatte. Danke, Mutti. Schon allein deshalb musste Lars ein Geschwisterchen bekommen.
»Die Nummer vom Pizzaservice hängt in der Küche«, sagte sie. »Ist doch kein Ding, sich eine Margherita zu bestellen.«
Als kleines Mädchen hatte sie sich quasi von Pizza ernährt. Die Nummer vom Bringservice konnte sie immer noch auswendig. Auf den Biotrend war ihre Mutter erst sehr viel später aufgesprungen, als Anne schon nicht mehr bei ihr wohnte.
»Und? Wie war’s sonst so bei deiner ›Schuschu‹?«, fragte Joachim misstrauisch. Er witterte stets Verrat, wenn seine Frau und seine Schwiegermutter sich trafen. Anne setzte sich neben ihn. Schuschu hat mich auf einen kleinen Trip geschickt und mir erklärt, wie Tantra-Sex geht.
Sie unterdrückte ein Kichern. »Schön war’s.«
»Soso, schön.« Beleidigt kniff Joachim die Lippen zusammen. »Habt ihr über mich hergezogen?«
Jetzt war Anne ebenfalls beleidigt. »Also wirklich. Es gibt auch noch andere Gesprächsthemen als dich.«
»Zum Beispiel?«
Die gespannte Atmosphäre zwischen ihnen war furchtbar. Wie zwei Fremde saßen sie nebeneinander. Als ob die vergangene Nacht nie passiert wäre. Missmutig dachte Anne an die Handschellen und die Gummikugel, die in der Nachttischschublade auf ihren Einsatz warteten. Waren sie eine Fehlinvestition gewesen? Weit deprimierender jedoch war die Erkenntnis: Joachim behandelte sie wie einen Teenager, der nicht rechtzeitig von einer Party nach Hause gekommen war. Musste sie sich das gefallen lassen? Mit achtunddreißig Jahren? Du hast dich nicht entwickelt, flüsterte ihre innere Stimme. Hast immer nur funktioniert. Und was ist die Quittung? Ein mauliger Ehemann.
»Ich habe mich im Fitnessstudio angemeldet. Und ich werde wieder malen«, sagte sie unvermittelt.
»Malen?« Joachim lachte überheblich. »Du wolltest wohl sagen: klecksen. Was du Blumenaquarelle nennst, ist in meinen Augen nur ein Geschmier aus verlaufenen Farben.«
Anne gab sich Mühe, seine taktlose Grobheit zu übergehen. »Und wenn schon, es macht mir Spaß.«
Sie wollte keinen Streit. Nicht heute. Der Tag war anstrengend genug gewesen. Aus dem Augenwinkel sah sie, wie Joachim seinen Schlips lockerte und ihn neben sich auf die Couch warf.
»Wir müssen uns dringend unterhalten«, kündigte er gewichtig an.
»Jederzeit. Kannst direkt anfangen.«
»Ich habe ein geeignetes Objekt gefunden«, begann Joachim zu erzählen. »Ein Traumhaus, es wird dir gefallen. Ich habe schon mit der Bank gesprochen und auch mit meinen Eltern. Wir könnten bald im eigenen Haus wohnen. Vorher muss es aber umgebaut werden. Das ist natürlich viel Arbeit – die Handwerker beaufsichtigen, alles einrichten, den Garten anlegen. Zeitintensive Hobbys sind da nicht drin. Fitnessstudio, Malen, das musst du dir für später aufheben.«
Anne fühlte sich wie vom Bulldozer überrollt. Später? Was meinte er mit später? Wenn sie im Seniorenteller-Alter waren? Er plante einfach über ihren Kopf hinweg! Joachim behandelte sie nicht wie einen Teenager, sondern wie ein Kind. Sie erhob sich. Enttäuscht, zornig und ziemlich durch den Wind stand sie vor dem Mann, mit dem sie eine wunderschöne Nacht verbracht hatte und der sich jetzt aufführte wie ein Haustyrann.
»Ich bringe Lars ins Bett. Aber eins kann ich dir versprechen: Ich lasse mich nicht verplanen. Ich habe auch Bedürfnisse, und zwar andere als du. Was ist falsch an dieser Wohnung? Wieso müssen wir diesen Eigenheim-Stress auf uns nehmen, wenn wir dann keinen Spaß mehr haben? Du imitierst doch nur deine Eltern. Sieh sie dir an: Sind die etwa glücklich geworden mit ihrem aseptischen Haus und ihrem zubetonierten Vorgarten? Stellst du dir so unsere Zukunft vor?«
Damit zog sie ab.
»Das ist eine Unverschämtheit«, rief er hinter ihr her.
Anne wollte nur noch schlafen. Aber nicht mit Joachim. Dem hätte sie am liebsten den Gummiknebel in den Mund gesteckt, damit er endlich Ruhe gab, so wütend war sie.
Als sie ins
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