Gib's mir
dass ich mit meinen eigenen Ideen für die Zukunft des Clubs eigentlich ganz zufrieden und glücklich war, und ich gab gern das Tempo vor. Ich bin nicht vom Ehrgeiz getrieben. Der kommt und geht bei mir.
«Nur müssten wir anderenfalls», sagte Shaun, «nochmal unsere Vereinbarung überdenken. Du verstehst schon, dass du hier dein Büro hast und so.»
Meine Augen verengten sich, als ich ihn ansah. «Begeben wir uns jetzt in den Bereich der Erpressung?»
«Natürlich nicht», erwiderte Shaun lächelnd und stand auf. Er ging auf die Tür zu. «Denk mal drüber nach, Beth. Schau mal, was dir dazu so einfällt. Okay? Ich würde damit eigentlich möglichst bald beginnen.»
«Ja, ich werd’s versuchen», entgegnete ich mutlos und drehte mich mit meinem Stuhl wieder zum Tisch um.
«Oh, und Beth», erklärte Shaun und schaute wieder zu mir herein. «Die Telefonrechnung war ein bisschen üppig letztes Mal. Achte ein bisschen darauf, mit wem du telefonierst, okay?»
***
Für eine kurze Zeit spielte ich mit dem Gedanken, mich nach einer neuen Bleibe für KörperSprache umzusehen.
Aber ich wusste, ich würde nie wieder eine so gute Vereinbarung treffen können wie beim Hog. Der Raum kostete mich nichts; die Lage war zentral; alles war eingespielt; und jeder wusste, wo er den Club finden konnte. Ich wollte eigentlich gar keinen anderen Ort.
Und überhaupt, vielleicht hatte Shaun auch gar nicht so unrecht; vielleicht wäre es tatsächlich ganz gut, wenn ich auch mal meine Zielgruppe erweiterte. Aber Scheiße war’s schon, besonders da es ganz allein auf mir lastete, das Ganze in Gang zu setzen, und zwar möglichst schnell. Normalerweise plane ich Auftritte Monate im Voraus, nicht Wochen.
Zögernd begann ich, in meinem Kopf verschiedene Ideen hin und her zu bewegen.
Zuerst gestaltete sich alles ziemlich schwierig. Ich konnte mich einfach nicht von den Gedanken an die Schwulenszene und die Fetisch-Leute lösen, und ich begann schon fast, neidisch auf diese beiden Gruppen zu werden. Wäre es nicht toll, wenn es auch eine Szene für die ganz normalen Leute gäbe? Nicht normal normal, sondern scharf normal. Eine für Leute, die etwas Geiles sehen und erleben, dazu aber nicht in den Folterkeller gehen wollten – oder was auch immer in Fetisch-Clubs so vonstatten geht.
Und obwohl ich weiß, dass die ganze Welt im Prinzip eine Art «Szene» für normale Leute ist, gibt’s da nicht allzu viel, was auch Frauen antörnt. Und damit meine ich jetzt nicht etwa Muskelmänner mit bescheuerten Frisuren und Zahnpasta-Lächeln, die sich mit Fliege um den Hals und im Stringtanga auf einer Bühne abmühen. Ich spreche über etwas, das sexy, verrucht, schmutzig, gut ist – mit ein bisschen verstohlenem Geheimtipp-Image, um den Reiz noch zu steigern.
Aber all diese Sachen scheinen ja wohl die Männer für sich gepachtet zu haben.
Ich fing an, mir eine Art Schlampenszene auszumalen, in der es einem nicht schwerfallen würde, stolz darauf zu sein, dass man Geschmack an Anrüchigem hat. Da sollte es sogar spezielle Cafés geben und Buchläden, in denen man sich treffen und Schmuddelkram kaufen könnte, ohne dass sich irgendjemand darum scheren würde. Außerdem gäbe es dort Clubs, Bars und Saunas, in die du gehen könntest, wenn du auf der Suche nach billigem, schnellem Sex bist. Dafür müsstest du nicht unbedingt Single sein. Du könntest auch mit deinem Liebsten hingehen und euch einen Dritten oder eine Dritte suchen, jemand Viertes oder eine ganze orgiastische Wagenladung voll. Was auch immer. Nichts wäre ein Problem. Alles reinstes Freizeitvergnügen. Und hinterher wären alle gute Freunde.
Auch Bi-Leute würden dazugehören. Und ich hätte auch echt nichts dagegen, wenn Schwule, Lesben, Transen und Fetischisten sich da tummeln würden. Aber andererseits hatten die ja schon ihre eigenen Partys, und das Ganze könnte dadurch etwas zu konfus werden.
Träum weiter, Beth.
Du sollst eine Veranstaltung planen, statt dir auszumalen, wie deine ideale Welt aussehen könnte.
Ich stellte mir vor, dass ein cabaretähnlicher Mischmasch aus Tänzern, Strippern und vielleicht Leuten, die was vorlesen könnten, gut wäre. Nichts allzu Schweres oder Verderbtes möglicherweise. Einfach ein bisschen frivol und amüsant. Irgendwas, womit man das Ganze mal beim Publikum ausloten könnte.
Vielleicht sollte ich noch ein bisschen Pomp und Kitsch dazupacken. Und möglicherweise könnte ich auch einen der Fetisch-Läden in Brighton dazu kriegen, im
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