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Gib's mir

Gib's mir

Titel: Gib's mir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristina Lloyd
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seine Angelegenheiten für sich behalten wollte und ich das wohl einfach so hinnehmen müsste.
    Aber dann geriet mein Leben unversehens wieder mal in einen Sturm mit Windstärke 8, und die Gedanken, die ich mir um Ilya machte, mussten erst mal auf der Rückbank Platz nehmen.
***
    Es war Nachmittag, und ich saß am Schreibtisch in meinem kleinen, unordentlichen Büro, hörte mit halber Aufmerksamkeit die Nachrichten auf meinem Anrufbeantworter ab.
    Es waren nicht viele – oder jedenfalls nicht viele, die von Bedeutung waren. Ich schrieb ein paar Nummern auf, die ich zurückrufen musste, und sah ein paar Unterlagen durch.
    Es gab nicht viel zu tun. Wenn KörperSprache auf Hochtouren läuft, komme ich gewöhnlich täglich ins Büro, um meine Nachrichten abzuhören, und verbringe ein paar Nachmittage pro Woche dort, um Auftritte zu organisieren, Werbung, Buchhaltung und alles Mögliche andere in Gang zu halten. Aber im Sommer gibt’s dafür keine Notwendigkeit.
    Ich wollte mich nicht lange aufhalten und wäre vielleicht schon längst wieder weg gewesen, wenn die Barfrau mir nicht gesagt hätte, dass Shaun – der Inhaber und Manager des Pubs – etwas von mir wollte.
    Ich hatte Muskelkater vom vielen Vögeln. Ilya hatte mich vorhin angerufen, um anzukündigen, dass er für ein paar Tage wegfahren müsste. Er sagte, er wollte ein paar von unseren schmutzigen Spielchen auf Vorrat spielen, damit er was hätte, wovon er zehren könnte, bis er wieder zurück wäre.
    Er war immer so schrecklich unstet. Und immer wieder war er plötzlich verschwunden. Manchmal sagte er mir vorher Bescheid. Ein andermal tauchte er einfach ab, und irgendwann schwante mir, dass er wohl fort wäre, da seine Wohnung immer leblos und dunkel war.
    Ich vermisste ihn wirklich, wenn er nicht da war. Ich konnte mir allerdings nicht vorstellen, dass er auch nur einen einzigen Gedanken an mich verschwendete.
    Und wo auch immer er gewesen war und was immer er doch getan haben mochte, ging mich eindeutig nichts an.
    «Weg gewesen?», fragte ich manchmal betont beiläufig.
    «Hab Freunde besucht», antwortete er dann. «Irgendwo, wo’s schön ist?», hakte ich nach.
    Und er würde dann sagen: «London», oder: «Nein, eigentlich nicht», oder: «Doch, war ganz hübsch.» Und damit war das Gespräch beendet.
    Allerdings begann er hier und da mal irgendwelche Schnipsel von sich preiszugeben: dass er in England geboren und aufgewachsen war, sein Vater war Bulgare, seine Mutter Italienerin. Das erklärte immerhin seine raue, dunkle Attraktivität. Die Familie hatte dann den Namen an die englische Sprache angepasst. Na schön. Außerdem sagte er, dass er eigentlich in einem Bauberuf eine Ausbildung gemacht habe und nach Brighton gekommen sei, um sich nach Arbeit umzusehen, was aber vergeblich geblieben sei.
    Das wiederum glaubte ich ihm nicht so recht. Wie so vieles, was er mir erzählte, klang es einfach nicht wirklich glaubwürdig.
    Aber zu all den konkreten und praktischen Informationen, die mir fehlten, kam noch etwas, das mit ihm als Person zu tun hatte, einer Person, die ich irgendwie nicht erreichen konnte. Er schien eine Art Wand um sich herum aufgebaut zu haben, damit ihm niemand jemals irgendwie zu nahekommen konnte.
    Zuerst dachte ich, das sei ja eigentlich gar nicht schlecht; es passte zu unserem Spiel, das vorsah, dass das, was zwischen uns lief, rein körperlich war, frei von echten Emotionen und ehrlicher Zuneigung. Aber mich für meinen Teil begann das ziemlich anzustrengen, und es fing an, sich anzufühlen wie ein One-Night-Stand in einer endlosen Tonbandschleife. Es war einfach unnatürlich.
    Ilya konnte immer noch zärtlich und liebevoll sein, aber diese Zärtlichkeit war nur oberflächlich, in seiner Vorstellung war ich selten länger als einen Augenblick süß oder irgendwas in der Art. Er war ziemlich gut darin, seine Gefühle zu verbergen. Ich war’s nicht, obwohl ich mich redlich bemühte, es so aussehen zu lassen.
    Ich würde ihm nicht zeigen, dass diese merkwürdige Geschichte, die da zwischen uns lief, mir sehr viel mehr bedeutete als ihm.
    Ich hatte voll angebissen. Ich hing an ihm, und ich hing an unserem Spiel. Ilya war immer und ständig in meinen Gedanken. Mein Empfinden für ihn war besessen, aber nicht in der Art besessen, als wenn man sich verliebt hat. Es war nicht berauschend und schwebend und euphorisch. Dafür war es aufregend, nervenzerfetzend und vereinnahmend, aber es war nicht feierlich wie eine neue Liebe.
    Unser

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