Gideon Crew 01 - Mission - Spiel auf Zeit
spielte das Video zurück und ging es in Zeitlupe durch.
»Ich hab immer noch nichts gesehen. Glaub mir, unsere Experten haben das Video bis in alle Einzelheiten analysiert.«
»Sei still und sieh hin …
Da!
« Er hielt das Bild an. »Eine Manipulation mit verdeckter Handfläche.«
»Eine was?«
Er merkte, wie er errötete. »Ich habe mal Zauberei studiert.« Über die Gründe für seine Studien ließ er sich allerdings nicht weiter aus. »Man lernt dabei, kleine Stücke Papier zu manipulieren. Zauberer nennen solche Handgriffe ›Manipulationen‹. Normalerweise verwendet man sie bei Kartentricks.« Er spulte die DVD zurück und ging sie nochmals durch, Bild für Bild. »Schau. Der Junge lässt den Teddybär fallen, während Wu näher kommt … die Frau beugt sich nach unten, um den Teddy aufzuheben … jeder Zuschauer würde ihrer Hand folgen und darauf achten, wie sie damit den Teddybär aufhebt. Aber sieh dir mal ihre
linke
Hand an … du erkennst, wie ihre linke Handfläche nach oben weist, das Handgelenk gerade … Dann geht Wu vorbei, und hinterher ist ihre linke Hand geschlossen und das Handgelenk leicht angewinkelt.«
Er spielte die Frequenz noch einmal durch, Bild für Bild.
»Ich hab’s gesehen, glaube ich«, sagte sie zweiflerisch. »Er hat ihr irgendetwas gegeben.«
»Nein, nein! Umgekehrt – sie hat ihm etwas gegeben. Und sie hat das auf eine Weise getan, dass niemand, aus keinem Blickwinkel, es erkennen konnte.«
»Und warum sollte sie ihm etwas zustecken?«
»Keine Ahnung.« Er hielt das Standbild an, holte sich ein kleines Blatt Hotel-Notizpapier und demonstrierte ihr den Trick.
»Ich glaub’s einfach nicht. Aber wenn sie ihm einen Zettel zugesteckt hat, wo ist der jetzt?«
»Wer weiß? Ich nehme an, er hat ihn vernichtet, als ihm klarwurde, dass er verfolgt wird.«
»Diese Frau«, sagte Jackson, »ist der Schlüssel. Wir müssen sie finden.«
Gideon nickte.
Sie wandte sich zu ihm um. »Wir teilen den Auftrag auf. Du suchst nach dem Jungen, ich nach der Frau.«
»Wie soll ich denn den Jungen finden …?« Plötzlich aber hielt er inne, denn er hatte noch etwas auf dem Video entdeckt; etwas, das Mindy und alle anderen offenbar übersehen hatten.
Sie zog bereits ihren Mantel an und griff nach ihrer Handtasche. »Ruf mich an, wenn du etwas gefunden hast. Ich tue das Gleiche.«
40
Tom O’Briens stoppelbärtiges Gesicht rutschte von seiner stützenden Handfläche weg, wodurch er unsanft aus dem Schlaf gerissen wurde. Schlaftrunken warf er einen Blick auf den Wecker: erst kurz nach zehn. Er hatte mehrere Stunden am Schreibtisch geschlafen, und beide Beine kribbelten. Es war wieder passiert: Er hatte sich derart in das Datenerfassungssystem Python vertieft, das er geschrieben hatte, dass er die Nacht durchgemacht und total vergessen hatte, ins Bett zu gehen.
Er gähnte, stand auf und massierte sich die Beine. Essen, das würde seine Lebensgeister wecken.
Er schob eine CD von
Sacramentum
ein, drehte die Lautstärke auf und tappte in die Küche. Dann schob er die Stapel schmutzigen Geschirrs zur Seite, um Platz zum Arbeiten zu haben, zog ein Baguette aus der Folie und schnitt es der Länge nach auf. Rasch bereitete er sich ein Sandwich: Erdnussbutter, geschnittene Banane, Mini-Marshmallows. Ein paar süßsauer eingelegte Gurken- und Peperonischeiben krönten das Werk. Er drückte die beiden Hälften des Sandwichs zusammen, steckte es sich unter den Arm, holte eine Literflasche Dr. Pepper aus dem Kühlschrank und ging in sein Büro zurück.
Er schrie auf vor Überraschung und Schreck beim Anblick eines Mannes in seinem Wohnzimmer. Flasche und Sandwich fielen gleichzeitig zu Boden, die Marshmallows und Gurken- und Peperonischeiben flogen in der Gegend herum. Dann sah er, dass es sich um Gideon Crew handelte.
»Mach so etwas
nie wieder!
«, schrie er seinen Freund an. »Wenn ich einem Herzinfarkt erliege, wer soll dann dein kleines Problem lösen?« Er kniete sich hin und begann, das Sandwich wieder zusammenzustellen, wobei er mehrere Katzenhaare von den Gurken- und Peperonischeiben zupfte.
»Unglaublich, dass du immer noch Erdnussbutter-und-Deli-Pickles-Sandwichs isst«, sagte Gideon. »Scheint dich ja nicht besonders zu interessieren, lange genug zu leben, um in den Genuss deiner Rente zu kommen.«
»Wegen mir mach dir mal keine Sorgen.
Ich
werde ja nicht von der Hälfte der Gorillas aus Langley verfolgt.« Er zog eine verdrießliche Miene. »Ich hatte noch keine Zeit, um mich
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