Gideon Crew 02 - Countdown - Jede Sekunde zählt
Verwundbarkeit des Feindes liegt in der Bevölkerungsdichte und der Abhängigkeit vom Handel. Wenn das Virus sich wie ein Lauffeuer durch die schutzlose Bevölkerung frisst, wird die Weltgemeinschaft über das infizierte Land eine Quarantäne verhängen – es wird ihr nichts anderes übrigbleiben. Wir wissen das mit hundertprozentiger Sicherheit, denn die Reaktion auf einen Ausbruch von Pocken wird in einem streng geheimen NATO-Papier detailliert beschrieben.« Er lächelte triumphierend, als habe die militärische Operation bereits stattgefunden. »Bei einer Quarantäne werden die Landesgrenzen hermetisch abgeriegelt. Alles wird gestoppt oder gesperrt: Flughäfen, Straßen, Eisenbahnen, Häfen, sogar Fußwege. Das Land wird so lange in Quarantäne bleiben, wie die Krankheit grassiert. Unser Epidemiologe sagt uns, dass es Jahre dauern könnte, bis die Krankheit eingedämmt ist. Und dann wird die Volkswirtschaft des Landes wieder dort stehen, wo sie in den fünfziger Jahren stand. Und zwar in den fünfziger Jahren des neunzehnten Jahrhunderts.«
»Der Feind wird mit Atomwaffen zurückschlagen«, sagte Gideon.
»Sicher, aber derzeit hat er nicht allzu viele, und nicht von hoher Qualität. Wir werden die meisten seiner Bomben noch im Flug abschießen. Ein paar unserer Städte könnten getroffen werden, aber dann werden wir massiv Vergeltung üben. Denn schließlich handelt es sich ja tatsächlich um Krieg.« Er zuckte mit den Schultern.
Gideon sah ihn an. »Sie sind verrückt. Das ist nicht unser Feind. Ihr ganzer Plan ist irre.«
»Wirklich, Gideon, stellen Sie sich nicht dümmer, als Sie sind.« Blaine streckte die Hand flehentlich aus. »Schließen Sie sich uns an, bitte. Geben Sie mir die Pockenviren.«
Gideon ging rückwärts in Richtung Tür. »Ich werde mich nicht daran beteiligen. Ich kann es nicht.«
»Enttäuschen Sie mich nicht. Sie sind einer der wenigen mit der Intelligenz, die Wahrheit in meinen Worten zu erkennen. Ich flehe Sie an, darüber nachzudenken – wirklich darüber nachzu denken, was ich gesagt habe. Es handelt sich um ein Land, das erst vor einer Generation dreißig Millionen seiner eigenen Bürger umgebracht hat. Der Feind hat nicht die gleiche Wertschätzung für das menschliche Leben wie wir. Er würde uns das Gleiche antun, wenn er es könnte.«
»Ihr Plan ist monströs. Sie reden davon, Millionen Menschen zu töten. Ich habe genug gehört.«
»Denken Sie an Alida …«
»Hören Sie auf mit Alida!« Gideon zitterte der Arm, seine Stimme brach, die Soldaten wichen ängstlich zurück, während er den Puck hin- und herschwenkte.
»Nein!«, flehte Blaine. »Warten Sie!«
»Sagen Sie den Soldaten, sie sollen ihre Waffen niederlegen! Jetzt bin ich an der Reihe, bis fünf zu zählen. Eins …! «
»Um Himmels willen, nein!«, schrie Blaine. »Nicht hier, nicht in der Nähe von Washington. Wenn Sie die Pockenviren freilassen, tun Sie Amerika an, was wir dem Feind –«
»Schauen Sie mir in die Augen, wenn Sie es nicht glauben. Befehlen Sie den Soldaten, die Waffen niederzulegen! Zwei … «
»O mein Gott.« Blaines Hände zitterten. »Gideon, ich flehe Sie an, tun Sie’s nicht.«
»Drei …«
»Sie werden es nicht tun. Bestimmt nicht.«
»Sehen Sie mir in die Augen, Blaine. Vier … « Er drehte die Hand. Er würde es wirklich tun. Und endlich erkannte Blaine das.
»Runter mit den Waffen!«, rief Blaine. »Legt sie nieder.«
»Fünf!«, rief Gideon.
»Runter! Runter!«
Die Gewehre fielen klappernd zu Boden, die Soldaten waren sichtlich verängstigt. Selbst Dart und der Hauptmann warfen ihre Waffen auf den Boden.
»Hände hoch!«, verlangte Gideon.
Alle Hände gingen hoch.
»Sie Dreckskerl, tun Sie das nicht!«, brüllte Dart.
Gideon drängelte sich zwischen ihnen und dem Labortisch hindurch, die eine Hand immer noch gehoben, die andere hinter dem Rücken. Ihm blieb sehr wenig Zeit. Er erreichte die Tür und schob sie mit dem Knie auf. Dann drehte er sich blitzartig um, packte den Puck ganz fest und schleuderte ihn mit aller Kraft auf den Boden, während er gleichzeitig hinausflitzte und den Gang hinunterrannte.
Im Laufen hörte er, wie der Puck zerbrach und die Teile im Vorraum von den Wänden abprallten. Und dann brach ein totales Chaos aus Rufen, Scharren, Rennen aus, während ein mächtiges, furchterregendes Gebrüll von Blaine erklang, als wäre er ein Löwe, dem sich ein Speer ins Herz bohrt.
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M it einem Schrei geriet Simon Blaine rücklings ins
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