Gideon Crew 02 - Countdown - Jede Sekunde zählt
standen. Dart ordnete einen Augenblick lang seine bereits geordneten Unterlagen. Er hatte ein Gesicht, das kaum die Schädelknochen darunter verdeckte; seine lebendig blickenden Augen waren so tiefliegend, dass sie aus zwei dunklen Höhlen hervorglänzten. In Los Alamos war er eine Art Legende gewesen, ein ziemlich humorloser Fachidiot mit einem Doktortitel vom California Institute of Technology, der jedoch erstaunlicherweise auch ein ausgezeichneter Soldat gewesen war – eine höchst ungewöhnliche Kombination. Er hatte während der Operation Desert Storm zwei Silver Stars und ein Purple Heart erhalten.
Dart hörte auf, seine Unterlagen zu ordnen, und blickte auf. »Das ist ein ziemlich ungewöhnlicher Auftrag, den man Ihnen beiden da gegeben hat.«
Fordyce nickte.
»In meiner Funktion als Leiter von NEST«, fuhr Dart fort, »habe ich das FBI bereits gründlich informiert. Aber ich sehe, dass man dort möchte, dass Sie ein kleines Extra bekommen.«
Gideon sagte nichts. Er hatte nicht vor, die Führung zu übernehmen. Dafür war Fordyce zuständig: zu widersprechen, seinen Kopf und, falls nötig, seinen Hintern hinzuhalten, damit man hineintreten konnte. Gideon beabsichtigte, sich bedeckt zu halten.
»Wir sind ein unabhängiges Team«, sagte Fordyce. »Wir schätzen es sehr, dass Sie uns ein privates Briefing geben, Sir.« Sein Tonfall klang milde, nicht konfrontativ. Fordyce war jemand, der wusste, wie das Spiel gespielt wurde.
Darts Blick wechselte hinüber zu Gideon. »Und mir wurde gesagt, dass Sie von einem privaten Auftraggeber eingestellt wurden, dessen Identität geheim ist.«
Gideon nickte.
»Ich habe mir gleich gedacht, dass ich Sie kenne. Wir haben in Los Alamos zusammengearbeitet. Wie kommt es, dass Sie von dort hierhergekommen sind?«
»Das ist eine lange Geschichte. Ich habe einen längeren Urlaub genommen.«
»Sie waren im Stockpile Steward Team, haben da am Programm zur Erhaltung des Atomwaffenarsenals mitgearbeitet, wenn ich mich recht entsinne. Genau wie Chalker.« Er ließ das kleine Faktum im Raum stehen. Es fiel Gideon schwer dahinterzukommen, wie viel Dart wusste und was er darüber dachte.
»Sie waren bei dem Vorfall dabei«, fuhr Dart fort.
»Ich wurde hinzugezogen, um zu versuchen, ihn von seinem Vorhaben abzubringen, aber es hat nicht funktioniert.« Gideon spürte, dass er rot wurde.
Dart merkte anscheinend, dass sich Gideon unbehaglich fühlte. Er wedelte mit der Hand. »Das tut mir leid. Es muss hart gewesen sein. Mir wurde gesagt, dass Sie zwei Kinder gerettet haben.«
Gideon gab keine Antwort. Er spürte, dass er noch stärker errötete.
»Okay, machen wir weiter.« Dart schlug eine Akte auf und blätterte in weiteren Unterlagen. Fordyce hatte sein Notizbuch gezückt. Gideon entschied sich dafür, keine Notizen zu machen. Er hatte während seines Studiums festgestellt, dass das Notizenmachen seiner Fähigkeit in die Quere kam, die Übersicht über das große Ganze zu behalten.
Dart sprach schnell, während er auf die Unterlagen vor sich schaute. »Die Autopsie und die Analyse der persönlichen Gegenstände von Chalker sind noch nicht beendet, aber wir haben vorläufige Ergebnisse.«
Fordyce begann zu kritzeln.
»Die nukleare Spektroskopie von Abstrichen an Chalkers Händen und die Neutronenaktivitätstests zeigen unwiderlegbar, dass es auf seinen Handflächen und Fingern Spuren von hochangereichertem Uran-235 gegeben hat. Er hatte innerhalb der letzten vierundzwanzig Stunden zuvor Umgang damit. Chalkers Kleidung war mit absorbierten und adsorbierten radioaktiven Isotopen kontaminiert, einschließlich Cerium-144, Barium-140, Jod-131 und Cäsium-137. Das sind die klassischen Spaltprodukte eines U-235-Kritikalitäts-Ereignisses. Das Jod-131 hat eine Halbwertzeit von acht Tagen, und wir haben einen hohen Level davon gefunden, deshalb wissen wir, dass der Unfall nicht mehr als vierundzwanzig Stunden zurückliegt.« Dart warf Fordyce einen Blick zu. »Wenn irgendetwas hiervon für Sie verwirrend ist, Agent Fordyce, Dr. Crew wird es Ihnen später erklären.« Er begutachtete weitere Blätter Papier. »Der Inhalt von Chalkers Taschen wurde inventarisiert. Wir haben in seiner Hosentasche eine Eintrittskarte gefunden, datiert auf Freitag letzter Woche, für das Smithsonian Air and Space Museum.«
Fordyce schrieb schneller.
»Machen Sie langsam, sonst kriegen Sie eine Sehnenscheidenentzündung«, sagte Gideon und stieß Fordyce an.
»Wir haben eine Bahnfahrkarte gefunden,
Weitere Kostenlose Bücher