Gideon Crew 02 - Countdown - Jede Sekunde zählt
gelegentlich ein Buch heraus. Vincent Zandri, Stuart Woods, James Rollins … Wahllos blätterte er die Bücher durch, auf der Suche nach Notizen oder einem Blatt Papier, oder – er lächelte bei sich – groben Bauplänen einer Atombombe, aber er fand nichts. Im Hintergrund hörte er, wie Fordyce die Bibliothekarin mit sanfter, aber beharrlicher Gründlichkeit ausfragte. Gideon konnte nicht anders, er war beeindruckt von der Kompetenz des Mannes. Fordyce zeichnete sich durch eine seltsame Mischung aus methodischer Entschlossenheit, einem Vorgehen strikt nach Vorschrift und Ungeduld mit Regeln und Bürokratie aus.
Anne Rice, Tom Piccirilli … Mit steigender Gereiztheit blätterte Gideon Buch für Buch durch.
Plötzlich hielt er inne. Er war auf ein signiertes Buch gestoßen: The Shimmer von David Morrell. Beste Grüße hatte der Autor hingekritzelt und darunter seinen Namen gesetzt.
Nicht gerade aufschlussreich. Gideon blätterte das Buch durch, fand aber sonst nichts. Er stellte es zurück. Etwas später stieß er erneut auf ein signiertes Buch, diesmal von Tess Gerritsen: Leichenraub. Wieder eine unpersönliche Widmung: Für Reed, beste Wünsche. Und noch eins, Größenwahn, signiert von Lee Child: Für Reed. Zumindest hatte Chalker einen guten Geschmack gehabt.
Im Hintergrund leierte die Stimme von Fordyce, der der Bibliothekarin auch noch die letzte kleine Information entlockte.
Gideon arbeitete sich bis zum Buchstaben B vor. Das Kloster im Eichenwald von Simon Blaine war persönlicher signiert: Für Reed, mit den allerbesten Wünschen. Und der Autor hatte mit Simon unterschrieben.
Gideon zögerte, bevor er das Buch zurück ins Regal stellte. Signierte Simon Blaine alle seine Bücher nur mit seinem Vornamen? Daneben stand ein weiteres Buch des Autors, Das Eismeer. Für Reed, herzlichst, Simon B.
Fordyce erschien an seiner Seite. »Sackgasse«, murmelte er.
»Vielleicht nicht.« Gideon zeigte ihm die beiden Bücher.
Fordyce nahm sie und blätterte sie durch. »Ich verstehe nicht.«
»Herzlichst? Und nur mit dem Vornamen signiert? Hört sich an, als hätte Blaine ihn gekannt.«
Gideon dachte kurz nach und wandte sich dann an die Bibliothekarin. »Ich würde Sie gern etwas fragen.«
»Ja?« Sie kam herbeigeeilt, erfreut über die Gelegenheit, sich weiter über das Thema zu verbreiten.
»Offenbar haben Sie eine ganze Menge Bücher von Simon Blaine.«
»Wir haben alle seine Bücher. Und wenn ich’s mir recht überlege, stammen die meisten von Mr. Chalker.«
»Ah«, sagte Fordyce. »Aber das haben Sie eben gar nicht erwähnt.«
Sie lächelte verlegen. »Es ist mir gerade eben erst eingefallen.«
»Kannte Chalker den Autor?«
»Das weiß ich nicht«, antwortete sie. »Möglich. Schließlich wohnt Blaine in Santa Fe.«
Bingo!, dachte Gideon. Er warf Fordyce einen triumphierenden Blick zu. »Da haben Sie’s. Die beiden kannten sich.«
Fordyce runzelte die Stirn. »Ein Mann wie Blaine, ein Bestsellerautor – Buchpreisträger, heißt es hier –, wird wohl kaum Wert auf die Freundschaft eines Computerfreaks aus Los Alamos legen.«
»Diese Bemerkung nehme ich übel.« Gideon legte seine beste Groucho-Marx-Imitation hin.
Fordyce verdrehte die Augen. »Sehen Sie das Datum hier? Das Buch wurde zwei Jahre vor Chalkers Erweckungserlebnis veröffentlicht. Und der Umstand, dass er Blaines Bücher genauso weggegeben hat wie alle anderen, deutet nicht gerade auf eine tiefe Freundschaft hin. Offen gestanden, kann ich da keine Spur erkennen.« Er hielt inne. »Ich frage mich allmählich, ob dieser ganze Trip nach Westen uns nicht bloß wertvolle Zeit gekostet hat.«
Gideon tat so, als hätte er seine letzte Bemerkung überhört. »Einen Besuch bei Blaine wäre es doch wert. Für alle Fälle.«
Fordyce schüttelte den Kopf. »Zeitverschwendung.«
»Man weiß ja nie.«
Fordyce legte ihm die Hand auf die Schulter. »Es stimmt schon – in diesem Geschäft ist es mitunter die verrückteste Idee, die sich auszahlt. Ich wollte sie keineswegs kurzerhand abtun. Aber Sie werden die Sache allein durchziehen müssen, ich habe heute noch eine Besprechung in Albuquerque, vergessen Sie das nicht.«
»Ach ja, stimmt. Soll ich mitkommen?«
»Lieber nicht. Ich habe vor, auf den Putz zu hauen. Ich will in Chalkers Haus, in die Moschee, ins Labor, ich will mit seinen Kollegen reden – die dürfen uns nicht länger von den Ermittlungen ausschließen. Nur dann werden wir etwas bewirken.«
Gideon grinste. »Dann
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