Gideon Crew 02 - Countdown - Jede Sekunde zählt
entwickelt hätten.
Er und Fordyce wechselten einen Blick.
Im ersten Stock führte der Macheten-Mann sie über einen langen Flur. Mehrere Türen standen offen. In einem der Zimmer räkelte sich eine knapp bekleidete, kurvenreiche Frau auf purpurnen Satinlaken. Sie warf ihnen einen gleichgültigen Blick zu.
»Ob das wohl die, äh, Sexualkundelehrerin war?«, fragte Gideon, als sie vor einer geschlossenen Tür stehen blieben.
»Ruhe!«, zischte Fordyce, während der Macheten-Mann an die Tür klopfte.
Eine Stimme rief sie herein.
Der Raum war in hochviktorianischem Bordellstil eingerichtet. Rote Samttapete, opulente viktorianische Sofas und Fauteuils, Perserteppich und Messinglampen mit grünen Glasschirmen. Hinter einem Schreibtisch saß ein Mann Mitte fünfzig, extrem fit, langhaarig, mit derselben Barttracht wie der Macheten-Mann – es schien sich um einen beliebten Look zu handeln – und Augen wie Rasputin. Er trug einen blauen Frack mit Revers in Schalfasson und eine Brokatweste im Ascot-Stil samt Goldkette. Das genaue Abbild eines Dandys auf dem Weg in den Spielsalon.
Total drittklassig.
Gideon spürte, wie er sich entspannte. Mathematische Gleichungen hin oder her, diese Leute waren Leichtgewichte. Das war keine Manson-Familie. Waren keine Waco-Davidianer. Seine komplizierte List war doch nicht nötig gewesen.
»Was wollen die?«, fragte der Mann scharf und sah den Macheten-Mann an.
»Sie sagen, sie hätten einen geschäftlichen Vorschlag für dich, Kommandant.«
Lockhart sah sie forschend an. Er musterte erst Gideon und dann Fordyce. Sein Blick blieb an Fordyce hängen, ein wenig zu lange. Gideon rutschte das Herz in die Hose.
»Wer sind Sie?«, fragte er Fordyce in misstrauischem Ton.
»Er ist ein Bundesagent«, sagte Gideon, der plötzlich eine Eingebung hatte.
Fordyce riss den Kopf herum, und Lockhart erhob sich. Gideon lachte unbefangen. »Oder vielmehr, ein Ex-Bundesagent.«
Lockhart blieb stehen und starrte sie an.
»Amt für Alkohol, Tabak, Schusswaffen und Sprengstoffe. Im Ruhestand«, sagte Gideon. »Wussten Sie, dass diese Clowns sich mit fünfundvierzig pensionieren lassen können? Jetzt ist mein Kumpel in einer anderen Branche tätig, die aber durchaus nicht unverbunden mit seinem vorherigen Tätigkeitsfeld ist.«
Langes Schweigen. »Und welche Branche könnte das sein?«
»Medizinisches Marihuana.«
Der Kommandant hob die buschigen Augenbrauen. Kurz darauf ließ er sich langsam wieder auf seinen Stuhl sinken.
Gideon fuhr fort: »Mein Name ist Gideon Crew. Mein Geschäftspartner und ich suchen nach einem sicheren Ort für unsere florierenden Geschäfte. In den Bergen gelegen, gut geschützt, auf gutem Ackerboden, weit weg von neugierigen Blicken und Marihuana-Dieben. Und mit reichlich verlässlichen Arbeitskräften.« Er gestattete sich ein leises Lächeln. »Es ist ein wenig profitabler als das Alfalfa, das Sie im Moment anbauen, es ist legal, und natürlich gibt es gewisse, äh, Sachvergünstigungen.«
Wieder ein langes Schweigen. Lockhart starrte Gideon an. »Und was wäre, wenn wir bereits unsere eigene kleine Marihuana-Plantage zu medizinischen Zwecken hier oben hätten? Wozu sollten wir Sie da brauchen?«
»Weil das, was Sie tun, illegal ist und Sie es nicht verkaufen können. Ich habe alle nötigen Genehmigungen und arbeite mit einem Apotheker in Santa Fe zusammen, der bereit ist, sofort mit dem Verkauf zu beginnen. Der Umsatz wird gewaltig sein. Und ich wiederhole: Es ist alles ganz legal.«
»Ah ja, verstehe. Und wie sind Sie auf uns gekommen?«
»Durch meine alte Freundin Connie Rust«, sagte Gideon.
»Und woher kennen Sie Connie?«
»Tja, sehen Sie, ich habe sie mit Cannabis beliefert, bevor sie sich euch angeschlossen hat.«
»Und woher haben Sie Ihre Ware bezogen?«
»Woher wohl?« Gideon wies auf Fordyce.
Lockhart sah den FBI-Mann an. »Das war während Ihrer Zeit bei der Drogenbehörde?«
»Ich habe nie behauptet, perfekt zu sein.«
Nach einigem Nachdenken fand Lockhart das offenbar plausibel. Er griff nach einem Walkie-Talkie, das auf seinem Schreibtisch lag. »Bringen Sie Connie her. Jetzt gleich.«
Er legte das Funkgerät aus der Hand. Sie warteten schweigend. Gideons Herz hämmerte. So weit, so gut.
Einige Minuten vergingen. Dann klopfte es an der Tür, und eine Frau trat ein.
»Connie, hier ist ein alter Freund von dir«, sagte Lockhart.
Die Frau schaute sie an. Sie war ein ausgezehrtes Wrack, die Haut gerötet von Alkohol und Dope, die
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