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Gier

Gier

Titel: Gier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garry Disher
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Mann Platz zu machen. »Setz dich«, sagte er. Er hob die Flasche. »Das wird dich aufwärmen.« Der Penner bedankte sich leise und nahm einen tiefen Schluck aus der Flasche. »Aaah«, sagte er. Er wischte den Flaschenhals mit seinem Ärmel ab.
    »Nimm ruhig noch einen«, sagte Wyatt.
    Der Mann bot idealen Schutz: Er war so offensichtlich heruntergekommen, daß dies auf Wyatt und den ganzen Spielplatz abfärbte. Sugarfoot würde sie nicht weiter beachten.
    Als es Viertel nach vier wurde und Sugarfoot sich noch nicht gezeigt hatte, drehte sich Wyatt auf der Bank zur Seite. Einem Beobachter mußte es scheinen, als befände er sich in angeregter Unterhaltung mit seinem Saufkumpanen, aber er sah an dem verschwommenen, unrasierten Gesicht vorbei über den Golfplatz, die Brücke und die dicht zusammenstehenden Bäume. Im Zwielicht des späten Nachmittags wurden die Schatten länger, machten es schwierig, Objekte einzuschätzen. Nieselregen begann zu fallen, und Wyatt kroch tiefer in seinen Mantel. So blieb er bis halb fünf, aber er entdeckte nichts. Um Viertel vor fünf wußte er, daß die ganze Sache ein Mißerfolg war.
    »Behalt die Flasche, Kumpel«, sagte er, schnitt dem Penner mitten in einem Monolog über Schafshaltung und einen Scher-Rekord im Jahre 1954 das Wort ab.
    Räuspernd und spuckend schlurfte Wyatt über den Golfplatz zurück. Er fühlte sich verkrampft, fragte sich, ob Sugarfoot alles in allem doch ganz klug war, Unterstützung hatte, das Fadenkreuz eines Fernrohres die ganze Zeit auf ihn gerichtet war, auf die Gelegenheit für einen sauberen Schuß lauernd.
    Er hielt seinen Kopf gesenkt. Golfer fluchten ihm nach. Ein Golfball schlug hinter ihm auf, jemand rief: »Vorsicht!« ein anderer lachte.
    Hinter dem Clubhaus blieb er stehen und gab sich betrunken, blickte dabei über die parkenden Autos. An einige erinnerte er sich, andere waren erst kürzlich angekommen. Der Customline war nirgends zu sehen, aber das hatte er auch nicht erwartet. Er hielt nach warnenden Zeichen Ausschau. Einen Mann, der zu lange brauchte, um sein Auto zu finden; ein Wagen, der durch die Reihen kurvte, ohne den Platz zu verlassen; ein Umriß, der plötzlich in einem der Fenster sichtbar wurde.
    Nach einigen Minuten wanderte er zwischen den Autos herum, schaute sich nach einem um, das dort nicht hingehörte. Letztendlich war es ein sinnloser Versuch, weil jeder Wagen wie ein Familienauto aussah, das dazu benutzt wurde, Golfschläger herumzukarren.
    Er kehrte zu seinem gemieteten Falcon zurück. Kurz bevor er ihn erreichte, ließ er eine Handvoll Münzen fallen. Sie klirrten hell und metallisch auf dem harten Asphalt. Er kniete sich nieder, um sie aufzusammeln. Dabei schwang er sich auf den Schuhsohlen herum, suchte nach etwaigen Gestalten, die hinter den Autos in der Nähe herumschlichen.
    Nichts.
    Er überprüfte den Rücksitz und setzte sich hinters Steuer. Es war unwahrscheinlich, daß der Wagen mit Sprengstoff präpariert worden war, aber er fühlte ein Prickeln, als er den Zündschlüssel umdrehte.
    Er fuhr in eine abgelegene Straße, zog Mantel, Hose und Mütze aus. Sie waren inzwischen feucht, und auch die Kleidung darunter fühlte sich klamm an, aber er hatte keine Zeit, etwas daran zu ändern. Sugarfoot war nicht aufgetaucht. Er konnte seine Pläne geändert und sich für eine andere Überraschung entschieden haben. Oder er hatte sich mit Ivan gestritten, als er ihn um Hilfe bat.
    Wyatt startete den Wagen wieder und fuhr zu der Adresse in Collingwood, die Rossiter ihm gegeben hatte. Es war Zeit, Sugarfoot zu jagen, anstatt auf ihn zu warten.

Achtunddreißig
    Der große Customline war auf der Straße abgestellt worden. Der Asphalt darunter war knochentrocken und zeigte an, daß er dort schon eine Weile stand. Das Haus sah aus, als stünde es leer, ein Eindruck, der durch die abblätternde Farbe an den Fensterrahmen und den Verandapfosten sowie durch die aufwendigen Restaurierungen der Häuser auf der gegenüberliegenden Seite verstärkt wurde.
    Wyatt betätigte den Türklopfer an der Haustür. Als keine Antwort kam, ging er um das Haus herum nach hinten. Gegen seine Gewohnheit schaute er in zwei Schuppen, die an den hinteren Gartenzaun gebaut waren. Einer enthielt Zeitungsstapel für die Altpapierabholung, der andere eine Werkbank und eine Anzahl von Fahrradersatzteilen.
    Der Schlüssel zur Hintertür lag unter einem Brocken Blauschiefer, auf dem ein Terrakottatopf mit Kräutern stand. Wyatt drehte vorsichtig den

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