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Gier (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition)

Gier (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition)

Titel: Gier (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Krist
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geschwungenen Decke hingen schwere Eisenketten und phallisch geformte Stahlstangen herab. Eine eigenwillige Dekoration, genauso wie die aus Holz geschnitzten Bilderrahmen, die weiblichen Körperformen nachempfunden waren. Die Zeichnungen, die sie präsentierten, waren abstrakt und ließen dennoch nicht an beklemmender Eindeutigkeit zu wünschen übrig: Fesselungen, Folter, Prügelstrafen.
    Inmitten dieser kuriosen Szenerie stand eine junge Frau. Um ihre Kehle lag ein Halsband mit einem schweren, gusseisernen Ring. Sie trug ein Korsett, das die Hüfte auf einen Umfang schnürte, bei dessen Anblick es Kalkbrenner den Atem verschlug. Ihre vollen Brüste quollen aus dem engen Stoff. Zudem trug sie Schuhe mit Absätzen, auf denen sie unmöglich laufen konnte
.
Aber sie lächelte entspannt und sagte: »Ich bin Zofe Sybill.«
    Sie ließ einen demütigen Augenaufschlag folgen.
Wie sie dich anseh’n
.
Ein lasziver Blick.
»Du bist neu hier, oder?« Es klang freundlich. Keineswegs respektlos.
    Kalkbrenner nickte bestätigend.
    »Kein Problem, ich werde dir helfen, damit du dich zurechtfindest. Komm einfach mit.«
    Sie stöckelte den Flur entlang. Bevor sie das Ende erreichten, wo von einem breiten Absatz Treppen hinab in den Keller führten, bog sie nach rechts in ein Zimmer. Eine Art Empfangsraum.
    Direkt hinter dem Durchgang stand ein Mann, schweigend und regungslos wie eine Statue. Sein Kopf war mit einer Ledermaske bedeckt, die nur kleine Öffnungen für Augen und Nase vorsah. Sie reichte ihm bis zum Hals hinab. Auf seiner Kehle prangte ein beunruhigend großes braunes Muttermal. Auch sein beleibter Körper war mit Leberflecken übersät. Bis auf ein schwarzes Ledergeschirr, das ihm um Brustkorb und Bauch geschnürt war, war er nackt. Ein Slip bedeckte dürftig seine Intimzone.
    Kalkbrenner wagte nicht, ihn direkt anzuschauen. Er empfand die eigentümliche Entblößung als peinlich. Wie sollte er sich verhalten: die Gestalt begrüßen oder weitergehen?
    Sybill beachtete den Mann nicht. An ihm vorbei lief sie in das Zimmer. Um zwei massive Holzpfeiler herum standen mehrere Sofas aus schwarzem Leder. An einer der verklinkerten Wände stand eine schmale Bar. Dahinter hingen Bilder, die nackte Frauen und Männer in abenteuerlichen Verschnürungen zeigten.
    »Möchtest du etwas trinken?«, fragte Sybill. »Für jeden unserer Besucher gibt es einen Begrüßungschampagner.«
    Während sie sich auf einem der Ledersitze niederließ, rutschte ihr Korsett einige Zentimeter nach oben. Sie trug keinen Slip.
    »Ja, ein Champagner wäre nicht schlecht.«
    »Einen Champagner«, befahl Sybill und schlug die Beine übereinander. Kalkbrenner dankte ihr im Geiste.
    Unterdessen marschierte die maskierte Gestalt zur Theke, füllte ein Glas mit dem perlenden Schaumwein und reichte es Kalkbrenner auf einem Tablett.
    »Danke.«
    »Du brauchst dich nicht bei ihm zu bedanken«, sagte Sybill. »Er war unartig, und es ist seine Strafe, uns in dieser Nacht als Sklave zu bedienen.«
    Kalkbrenner nahm einen Schluck. Der Champagner war herb und brannte auf der Zunge. »Was hat er verbrochen?«
    »Er hatte unzüchtige Gedanken.«
    Kalkbrenner verschluckte sich. Er hustete, und das Getränk tropfte auf seine Jacke. Bisher hatte er angenommen, in einem Laden wie diesem ginge es eigentlich nur darum: um unzüchtige Gedanken.
    Der Sklave stand inzwischen wieder am Durchgang, aufrecht und starr, als könnte er sich nicht bewegen. Nichts gab Aufschluss darüber, ob er die Demütigung tapfer ertrug, sie genoss oder sie ihm unangenehm war. Unglaublich, dass es Menschen gab, die für Erniedrigung bezahlten.
    Sybills Augen streiften Kalkbrenners Jacke, das Hemd, die Jeans, die Turnschuhe. »Ich gehe davon aus, dass du keine eigene Kleidung mitgebracht hast.«
    »Nur die, die ich trage.«
    »Wir haben im
Dark Heaven
eine Art Dresscode.«
    »Das wusste ich nicht.«
    Sybill lächelte. »Kein Problem. In solchen Fällen bieten wir unseren Gästen gegen einen kleinen Aufpreis die entsprechende Garderobe an.«
    Kalkbrenner nahm einen langen Schluck vom Champagner. Vielleicht war jetzt der richtige Zeitpunkt, ihr zu sagen, wer er war. Doch aus dem gleichen Impuls, der vor ein paar Minuten den Dienstausweis wieder in die Tasche hatte zurückgleiten lassen, hielt er den Mund.
    Sybill deutete sein Schweigen als Einverständnis. Ohne dass das enge Korsett oder die High Heels ihre Bewegungen zu beeinträchtigen schienen, erhob sie sich und stolzierte durch einen raschelnden

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