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Gier (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition)

Gier (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition)

Titel: Gier (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Krist
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Nachricht aufnehmen werden. Die Partei. Die Fraktion. Und vor allem Ihr guter Freund, Herr von Hirschfeldt.«
    Selbst wenn er gewollt hätte, Hönig war außerstande zu reagieren.
    »Machen wir uns nichts vor: Mit einem Mörder in der Familie ist der Ruf endgültig ruiniert.« Dossantos lächelte. Die Situation bereitete ihm sichtlich diebisches Vergnügen. »Auch Ihr Freund von Hirschfeldt würde seine Karriere sicherlich noch mal überdenken müssen.«
    Darum geht es also.
Hönig widerstand dem Drang, in Tränen auszubrechen. Konzentriert füllte er seine Lungen mit Sauerstoff. Ein. Aus. Doch sein Verstand war noch immer paralysiert. Er nahm seine eigene Stimme wie durch Watte wahr: »Was wollen Sie von mir?«
    »Kommen Sie, ich bringe Sie nach Hause.«
    »Was wird mit meinem Sohn?«
    »Kommen Sie!«
    Sie fuhren die Strecke über die Avus zurück. Die gelben Lichter der Straßenlaternen glitzerten auf dem nassen Asphalt. Die Zuschauertribünen der ehemaligen Rennstrecke lagen in der Dunkelheit, wie finstere Schlünde, die ins Verderben führten.
    »Ich möchte Ihnen meine Hilfe anbieten«, sagte Dossantos.
    »Hilfe?« Hönig blieb das Wort krächzend im Hals stecken.
    »Ich werde für eine saubere Lösung der Angelegenheit sorgen. Ihr Sohn wird für eine Weile außer Landes geschafft. Ich habe gute Freunde in Portugal, zuverlässig und verschwiegen. Dort wird Lars bleiben, bis Gras über die Sache gewachsen ist. Auf diese Weise bleiben Ihr Ruf und der Ihres Freundes, Herrn Dr. von Hirschfeldt, gewahrt.«
    »Sie machen das nicht einfach so, oder?«
    »Natürlich möchte ich, dass Sie mir dafür einen kleinen Gefallen tun.«
    »Und Sie glauben tatsächlich, ich lasse mich darauf ein?«
    Der Portugiese hielt ihm seinen Communicator vor die Nase. »Ein Anruf, und im
Apollo
wimmelt es von Polizisten. Ein weiterer Anruf, und auch die Presse weiß Bescheid. Glauben Sie wirklich, das würde Ihren Freunden gefallen?«
    Nein, das würde weder der Fraktion noch seinen Freunden gefallen.
Wie stehen wir jetzt da? Vor der Partei, der Kanzlerin?
    Der Wagen hielt abrupt. Sie hatten Hönigs Haus in Zehlendorf erreicht. Umrahmt von Hecken und Sträuchern wirkte es für einen Moment wie in seiner Kindheit. Hönig erwartete fast, dass seine Eltern aus der Tür traten und ihm winkten, ihn in den Arm nahmen und trösteten. So wie sie es manchmal getan hatten, wenn er vom Spielen auf dem Bolzplatz zurückgekehrt war. Dann erkannte er in der erleuchteten Küche Martina, und die friedvolle Erinnerung löste sich in Luft auf. Die Gegenwart war schlimmer als ein paar Beulen an Arm und Knien. Sie ließ sich nicht mit ein paar Pflastern heilen.
    Der Portugiese legte ihm ein Handy in den Schoß. Hönig zuckte erschrocken zusammen. »Was soll ich damit?«
    »Das Handy ist unregistriert. Eine Prepaid-Karte. Eine Nummer ist eingespeichert. Die wählen Sie, sobald Sie herausgefunden haben, was ich wissen möchte. Danach wird die Nummer nicht mehr gültig sein.«
    Hönig stieg aus. Pfützen hatten sich im Rinnstein gebildet. Seine Füße versanken im Wasser. »Was wollen Sie wissen?«
    »Wo hält die Polizei die Zeugin versteckt, die gegen mich aussagen wird?«
    »Was?« Hönig schaute ihn entgeistert an. »Das kann ich doch nicht machen!«
    Dossantos zeigte auf seinen Communicator.
    »Wie stellen Sie sich das vor?«
    »Lassen Sie sich was einfallen. Von Hirschfeldt ist Ihr Freund. Er vertraut Ihnen. Das tut er doch, oder?«
    »Ich glaube schon.«
    »Sie glauben? Na, das ist aber eine tolle Freundschaft!«
    Der Regen hatte nachgelassen. Während Hönig den Vorgarten durchquerte, schaute er zum Himmel. Sogar die dichten Wolkenfelder rissen auf. Einige Sterne blinkten. Die Tür öffnete sich.
    »Wer war das?«, wollte Martina wissen.
    »Niemand.«
    »Das war doch dieser Dossantos, über den sie in der Zeitung geschrieben haben.«
    Ja, dieser Schurke.
»Du irrst dich.«
    »Was hast du mit dem zu schaffen?«
    Er hat unseren Sohn bei einem Mord erwischt.
»Warum interessiert es dich auf einmal wieder, was ich mache?«
    »Was wollte er von dir?«
    Hönig schleppte sich die Stufen hoch. »Ist nicht so wichtig.«

98
    Kalkbrenner wusste nicht, wohin mit seinem Blick. Kerzen auf mannshohen Kandelabern erzeugten in einem lang gezogenen Gang ein faszinierendes Spiel aus Licht und Schatten. Die Wände aus ockerfarbenem Backstein erinnerten an ein unterirdisches Gewölbe. Der Boden war mit Natursteinen ausgelegt, über die feiner Sand verteilt war. Von der

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