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Gier (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition)

Gier (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition)

Titel: Gier (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Krist
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gebeten. »Bitte, setzen Sie sich.«
    Er blieb stehen, wollte nicht, dass der Therapeut erneut auf ihn herabsah. Zumindest wollte er das Gefühl wahren, den Überblick zu haben, wenn der auch genau das war, was ihm gerade am meisten fehlte.
    Winkels zuckte mit den Achseln und nahm im Ledersessel Platz. »Warum erzählen Sie mir nicht einfach, was Sie herausgefunden haben?«
    Kalkbrenner trat ans Fenster. Obwohl es schon Anfang Oktober war, standen die Bäume im Vorgarten noch in vollem Grün. Ihre dichten Kronen warfen Schatten über die Fenster der Praxis. Es war dunkel. Viel zu dunkel für Kalkbrenners Geschmack. »Matthias Brodbeck hatte Probleme bei seiner Arbeit«, sagte Kalkbrenner.
    »So weit waren Sie bereits bei unserem ersten Gespräch am Montag.«
    »Er hatte aber auch private Probleme.«
    »Da haben Sie recht.«
    »Er zweifelte an seiner Frau.«
    Winkels bejahte wortlos.
    »Er begann, ihr nachzuspionieren.«
    Wieder ein Kopfnicken.
    »Er fand heraus, dass sich seine Frau in der SM-Szene herumtrieb. Sie arbeitete als Domina. Und das nicht erst seit gestern. Ihre Aktivitäten reichten viele Jahre zurück. Brodbeck, ehedem schwer krank, war erschüttert über das verschwiegene Doppelleben seiner Frau.«
    Wieder eine Bestätigung.
    »Korrigieren Sie mich, falls ich etwas falsch verstanden habe, aber als wir uns am Montag unterhalten haben, wussten Sie von alledem, trotzdem haben Sie mir nichts gesagt. Sie haben mich belogen.«
    »Ich habe Sie nicht belogen. Ich habe Ihnen allenfalls etwas verschwiegen.«
    »Für mich als Polizist läuft es auf dasselbe …«
    »Warum sind Sie überhaupt hier?«, schnitt ihm Winkels das Wort ab. »Warum sind Sie nicht bei Frau Brodbeck und fragen sie selbst nach ihrer Vergangenheit? Warum müssen Sie sich das alles ausgerechnet von mir bestätigen lassen?«
    Kalkbrenners Handy klingelte; das Display zeigte Ritas Nummer.
Nicht jetzt!
Er drückte den Anruf weg, sah wieder zu Winkels. Langsam, mit schweren Beinen, schritt er zum Ledersessel und fiel seufzend in die Polster. Die tiefe Zimmerdecke lastete schwer auf seinem Gemüt.
    Der Therapeut setzte ein gnädiges Lächeln auf. »Ich weiß, warum Sie zu mir gekommen sind: Sie wollen nicht glauben, was Sie über Frau Brodbeck herausgefunden haben. Deshalb sind Sie hier bei mir: Sie wollen von mir hören, dass Sie dummem Geschwätz in zwielichtigen Absteigen aufgesessen sind und Brodbeck nur wegen seiner schulischen Probleme und wegen nichts anderem mein Klient war. Das ist es, was Sie von mir hören wollen, richtig? Tut mir leid, aber ich muss Sie enttäuschen.«
    Draußen auf der Straße knatterte ein Laster vorbei. Als der Lärm des Dieselmotors langsam leiser wurde, erfüllte bedrückendes Schweigen den Raum.
    »Glauben Sie, Frau Brodbeck steckt hinter dem Tod ihres Mannes?« Winkels durchbrach die Stille.
    Kalkbrenners Stimme klang gepresst. »Weil er hinter ihre heimlichen Eskapaden zu kommen drohte?«
    »Der Verdacht liegt nahe, oder?«
    »Ja, es wäre tatsächlich ein Motiv für den einen Mord. Aber nicht für die anderen. Ihr Mann muss bei seinen Nachforschungen in etwas verwickelt worden sein, das die tödlichen Ereignisse erst auslöste.«
    »Sind Sie sich sicher?« Unter Winkels’ forschenden Therapeutenaugen schrumpfte Kalkbrenner zusammen. »Oder ist es das, was Sie gerne glauben möchten?«
    Der Kommissar schwieg.
    Fassungslos faltete der Therapeut seine Hände. »Mein Gott, also hat die Frau auch Sie um den Finger gewickelt?«
    »Wieso
auch

    Erschrocken schloss der Therapeut den Mund. Blut schoss ihm in den Kopf. Er erklärte sich nicht, aber das brauchte er auch nicht mehr. Sein Schweigen war Antwort genug.
    Kalkbrenner versank im Sessel. Ein Kreis schloss sich. Es war, als würde er in ihm umhergeschleudert werden. Ihm wurde schwindelig. Er wollte sich an etwas festklammern, an irgendeinem klaren und beruhigenden Gedanken. Aber da war keiner. Er konnte nur noch eins tun: Judith zur Rede stellen.

134
    Von Hirschfeldts Blick flog zu Ehrenstein, der zusammengesunken wieder auf seinem Stuhl hockte, und dem Portugiesen, hin und her. Dossantos telefonierte auf eine Weise, die ihm Übelkeit verursachte: hochnäsig, arrogant und widerwärtig. Dabei war er noch nicht einmal sehr gesprächig. Seinem abgefeimten Blick war allerdings anzusehen, dass er schon wieder schmierige Geschäfte ausheckte. Daran hatte von Hirschfeldt keinerlei Zweifel.
    Nicht umsonst saß Berthold Ehrenstein ihm gegenüber. Noch einer jener

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