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Gier (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition)

Gier (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition)

Titel: Gier (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Krist
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quälte man sich vorwärts.
    Je langsamer Kalkbrenner vorankam, umso häufiger wählte er die Nummer des Mobiltelefons, das er Judith gekauft hatte. Doch vergeblich, sie nahm den Anruf nicht entgegen.
Nicht erreichbar.
    Der Verkehr kam nun gänzlich zum Erliegen. Zumindest war die Stauursache endlich in Sichtweite. Ein Lkw stand quer auf der Fahrbahn, ein Transporter hatte sich mit der Front voran in seine Flanke gebohrt. Feuerwehr und Rettungssanitäter bemühten sich zwischen den Wracks um das Leben des eingeklemmten Fahrers.
    Kalkbrenner wählte ein weiteres Mal ihre Nummer.
Der Teilnehmer ist im Augenblick nicht erreichbar.
Die Worte hallten in seinem Schädel nach.
Nicht erreichbar. Nicht erreichbar.
In der vergangenen Nacht war Judith ihm so nahe und vertraut gewesen. Jetzt plötzlich war sie wieder fremd. Unerreichbar. Und schon lange nicht mehr
echt.
    Neben ihm stand ein Kombi im Stau. Herumalbernde Kinder auf der Rückbank. Vorne lachende Eltern. Eine glückliche Familie, eine heile Welt.
    War an Judith überhaupt etwas echt? Wie konnte sie Tränen über das Doppelleben ihres Mannes vergießen, wenn sie selbst Geheimnisse vor ihm gehabt hatte? Und vor Kalkbrenner. Warum hatte sie es ihm verschwiegen? Ihn
belogen
! Er hätte kotzen können.
    Erneut wollte Kalkbrenner zum Motorola greifen, als es von selbst klingelte. Voller Hoffnung schaute er aufs Display, doch es war nur Rita. »Paul, ich dachte, du wolltest aufs Revier kommen und …«
    »Später«, unterbrach er sie.
    »Dr. Salm hat nach dir gefragt. Er wollte wissen, wo …«
    »Sag ihm, ich bin unterwegs.«
    »… und ich hab’s ihm gesagt.«
    »Okay, sehr schön.«
    Die Autos vor Kalkbrenner setzten sich langsam wieder in Bewegung und schlängelten sich über den Standstreifen an dem Unfall vorbei. Er gab Gas, der Passat machte einen Satz nach vorn, und der Motor erstarb mit einem röchelnden Geräusch.
    »Wo bist du?«, fragte Rita.
    Kalkbrenner startete den Wagen neu. »Gleich auf der Autobahn.«
    »Was machst du?«
    »Meinen Job.«
    Kalkbrenner legte auf, noch ehe sie etwas erwidern konnte. Er beschleunigte. Seine Hände verkrampften sich ums Lenkrad. Die Tachonadel des Passat näherte sich der 180-Marke.
    Tat er das wirklich? Seinen Job? War er wirklich noch auf Mördersuche? Oder ging es ihm nur noch darum, Gewissheit zu haben, welches Spiel hier getrieben wurde? Mit
ihm
getrieben wurde!
    Er durchforstete seinen Fundus an kleinen Helferlein nach einer Antwort, aber die sonst so nützlichen Begleiter im Polizeialltag hatten sich unbemerkt fortgeschlichen. Ihm fiel auf, dass sie schon vor einer ganzen Weile verstummt waren.
    Eins der blauen Richtungsschilder am Straßenrand zeigte nach Rostock
.
Wie viel Zeit war vergangen, seit er den Urlaub an der Ostsee hatte abbrechen müssen? Eine ganze Ewigkeit. Zumindest fühlte es sich so an.
    Erneut griff er zum Handy. Wieder nahm Judith das Gespräch nicht entgegen. Wo steckte sie? Was war mit ihr los?
    Schneller als erlaubt schoss er in die Autobahnausfahrt. Er verlor die Kontrolle über den Wagen, schaffte es aber gerade noch, ihn auf der Fahrbahn zu halten. Dann bog er auf die Landstraße ab.
    Zu seinem Zorn mischte sich ein anderes Gefühl, das er nicht einordnen konnte, weil es so überraschend war. Weil er mit sich und den Ereignissen der letzten Tage haderte: den dunklen Geschäften. Sex. Abgründe. Lügen. Mord. Aber auch Trost, Leidenschaft, Nähe und Vertrautheit. Das passte alles nicht zusammen, und dennoch ergab sich das eine zwangsläufig aus dem anderen. Es musste eine schlüssige Erklärung dafür geben.
    Wissen Sie das?
Die Worte des Therapeuten.
Oder ist es das, was Sie glauben möchten?
    Was wäre, wenn Judiths Vergangenheit nur eine weitere Finte des raffinierten Mörders war? Wenn sie sich in Gefahr befand? Womöglich war ihr bereits etwas geschehen.
    Kalkbrenners Magen rumorte, als er den Feldweg erreichte. Seine Wut verrauchte, wich vollständig der Sorge. Er lenkte den Wagen auf den holprigen Pfad und raste vorbei an den Pappeln. Als er den Bach überquerte, pochte das Blut bereits hinter seinen Schläfen. Vor der Datsche bremste er scharf. Der Wagen schleuderte über die Wiese, dann stand er still.
    Jemand hatte die Tür eingetreten. Das Holz war zersplittert, die Klinke zerbrochen.
    Kalkbrenner warf das Handy auf den Beifahrersitz, sprang aus dem Wagen und rannte auf das Gebäude zu. Aus seinem Schulterhalfter zog er die SIG Sauer. Seine Finger schlossen sich um den Griff der

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