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Gier (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition)

Gier (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition)

Titel: Gier (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Krist
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Einladung?«
    Erst jetzt verließen sie nacheinander den Raum, betreten zu Boden schauend wie geprügelte Hunde. Mit einem verhaltenen Geräusch fiel die Tür ins Schloss, und Dossantos war allein mit seinem Sohn und dem bewusstlosen Russen, dem Grund allen Übels. »Was ist mit ihm?«
    »Er hat sich mit einem Kumpel vor dem
Apollo
herumgetrieben und Frauen und Freier eingeschüchtert.« Samuel durchschritt den Raum zu einem kleinen Tisch. Einer Schublade entnahm er ein Messer. »Das hatten sie dabei. Sein Kollege ist uns entwischt. Aber ihn haben wir …«
    »Ja, und ich sehe, was du mit ihm gemacht hast.«
    »Mir blieb keine andere Wahl. Du weißt ganz genau, dass es eine Menge Leute gibt, die uns …«
    »Ich werde mit ihnen reden.«
    »Reden!«
    Dossantos’ Finger suchten die Goldkette am Gelenk des anderen Arms. Sie spielten eine Weile damit, bevor er fragte: »Mein Junge, was erwartest du von mir?«
    »Keine Schwäche!«
    »Das ist keine Schwäche, das ist Besonnenheit.«
    »Papa, du verkennst die Realität!«
    »Nein, mein Junge …«
    »Und nenn mich nicht dauernd
mein Junge.
« Samuel fletschte wie ein Wolf seine Zähne. »Nicht vor meinen Leuten.«
    Sein Vater ließ von der Goldkette ab. Ihm war, als schaute er in einen Spiegel, der ihn in der Zeit 30 Jahre zurückkatapultierte. In diesen Sekunden war sein Sohn ihm wie aus dem Gesicht geschnitten: jung, schön und von entschlossener Stärke. Die Erkenntnis erweckte ein gutes Gefühl, verlieh sie ihm doch die Gewissheit, dass alles das, was er geschaffen hatte, nicht vergebens gewesen war. Mit Samuel an der Spitze würde sein kleines Imperium auch in Zukunft fortbestehen. Der Name Dossantos würde für immer mit Erfolg, Reichtum und Ansehen assoziiert werden.
    Dann bemerkte er Samuels grimmige Miene. Die dankbare väterliche Zuneigung wich der Sorge. Sein Sohn war ungestüm, leicht erregbar und häufig von blinder Wut erfüllt. Das kam nicht von ungefähr: Dossantos selbst hatte in Samuels Alter ein eher aufbrausendes Wesen besessen.
    »Das verstehe ich, Samuel, aber
du
verkennst die Realität: Wir rennen nicht mehr durch die Gegend und klatschen alle die weg, die uns in die Quere kommen. Wir sind seriöse Geschäftsleute. Wir haben sogar die Gesetze auf unserer Seite. Dafür haben wir Claudio.«
    »Der hilft mir auch nicht mehr, wenn das Geld, das ich ins
Apollo
investiert habe, verloren ist, weil der Laden pleitegeht.«
    »Darf ich dich daran erinnern, dass du ein Projekt wie das
Apollo
nur deshalb realisieren konntest, weil
ich
mich dafür starkgemacht habe? Und das gilt im Übrigen auch für dein neues Vorhaben.
Ich
habe mehr als nur Geld zu verlieren.«
    »Es geht nicht immer nur um dich.«
    »Natürlich nicht, Samuel.«
    »Du vergisst Mama. Sie glaubt, du …«
    »Lass deine Mutter aus dem Spiel!«
    »Aber sie hat recht.«
    »Einen verdammten …«
    Dossantos’ Stimme erstarb mit einem erschrockenen Gurgeln.
Nein,
über seine Frau, Samuels Mutter, sollten sie nicht sprechen. Ihre Krankheit war traurig und beklemmend, gefährlicher als die gesamte Unterwelt Berlins. Dass er sich jetzt doch zu einer Bemerkung hatte hinreißen lassen, überraschte ihn selbst. Er begriff, dass es Angst war, die ihn dazu verleitet hatte. Aber Angst wovor?
    »Es tut mir leid«, sagte er, »ich wollte nicht mit dir streiten.«
    »Mir tut es auch leid«, lenkte auch Samuel ein.
    »Es ist nur …«, begann Dossantos und überlegte erneut. Noch immer fand er keine Worte. Also sagte er: »Du bist mein Sohn, mein ganzer Stolz. Ich mache mir nur Sorgen.«
    »Das brauchst du nicht.«
    Er streckte Samuel die Hand hin. »Versprichst du es mir?«
    Sein Sohn schlug ein. »Ich verspreche es.«
    Die Gestalt auf dem Boden kam langsam wieder zu Bewusstsein. Sie begann, ächzend über den staubigen Boden zu kriechen. Wie ein Insekt, das man mit dem Finger weggeschnippt hatte. Dossantos ging vor dem Mann in die Hocke. »Wie heißt du?«
    Der Verletzte versuchte, seine Augen zu öffnen. Es gelang ihm kaum, weil die Lider stark angeschwollen waren. »Georgij.«
    »Also, Georgij.« Der Portugiese half ihm auf die Beine, sorgfältig darauf bedacht, seinen Anzug nicht auch noch mit Blut zu beflecken. »Es tut mir leid, was passiert ist. Mein Sohn hat sich im Ton vergriffen. Aber es war auch nicht in Ordnung, was
du
getan hast. Wer hat dich geschickt?«
    »Ich weiß nicht, was du meinst.«
    »Die Jalzin-Brüder?«
    »Wer soll das sein?«
    »Richte ihnen aus: Wenn sie mir etwas zu sagen

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