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Gier (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition)

Gier (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition)

Titel: Gier (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Krist
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immer?«
    Statt zu antworten, frage er: »Und wie geht es Ihnen? Den Kindern?«
    Aus ihrem Haarband hatte sich eine Strähne gelöst. Mit einer schnellen Handbewegung klemmte sie sie zurück hinters Ohr. »Danke, gut.«
    Aus den zwei schlichten Worten glaubte Kalkbrenner Verunsicherung herauszuhören. Er wollte in ihrem Gesicht nach weiteren Hinweisen für seine Vermutung forschen, doch Franziska Bodde war bereits auf dem Weg zum Tatort. Sie wirkte geschäftig und routiniert, ganz Profi.
    Im Türrahmen zum Klassenzimmer blieb sie stehen. Kleine Schildchen nummerierten an Wand und Schreibtisch alle Spuren. An einem Teil des Lehrerpultes haftete getrocknetes Blut. Auch die rote Flüssigkeit an der Tafel war noch nicht fortgewischt worden. Zwei Gestalten in weißen Overalls hantierten mit Pipette und Fotoapparat.
    »Ich kann verstehen, dass wir nach den Aussagen Ihrer neuen Zeugin das rückwärtige Treppenhaus auf Hinweise und Spuren untersuchen müssen«, sagte Dr. Franziska Bodde. »Dazu gab es am Dienstag schließlich keine Veranlassung. Aber warum wir den Tatort noch ein weiteres Mal auf den Kopf stellen müssen, will mir beim besten Willen nicht einleuchten. Mir scheint, als zweifele Dr. Salm an der Sorgfalt meines Teams.«
    Kalkbrenner hob resigniert die Schultern. »Sie kennen doch den Chef.«
    Sie klemmte sich die widerspenstige Strähne erneut hinters Ohr. »Natürlich kenne ich Ihren Chef. Aber wie kommt er zu der Annahme, wir hätten sonst nichts zu tun?«
    »Der Polizeipräsident ist sein Schwager.«
    Die LKA-Beamtin schnaubte verbittert. »Das entschuldigt natürlich alles.« Sie zeigte zur Toilettentür gegenüber. »Dort hielt sich Ihre Zeugin zur Tatzeit auf.«
    Sie führte sie auf dem Flur weiter. Vor einer Glastür verharrte sie. Im Treppenhaus dahinter waren ebenfalls Kriminaltechniker beschäftigt.
    »Wir haben an der Türklinke und am Treppengeländer Blutschüppchen sichergestellt«, erklärte sie. »Endgültige Klarheit wird natürlich erst die Laboruntersuchung bringen, aber wir können davon ausgehen, dass es sich um das Blut des Opfers handelt, das der Täter an seinen Händen hatte.«
    »Fingerabdrücke?«, fragte Berger sofort.
    »Da muss ich Sie enttäuschen: Der Täter hat Handschuhe getragen.« Sie zeigte ein leichtes Lächeln. »Allerdings haben wir an einem Holzsplitter des Treppengeländers einige Stofffasern entdeckt. Blutpartikel hafteten daran. Offenbar hat sich der Mörder auf der Flucht an dem Splitter den Handschuh ein- und die Haut aufgerissen. Die Blutpartikel sind bereits unterwegs zur DNA-Analyse.«
    Kalkbrenner erlaubte sich einen verlockenden Gedanken an die Ostsee, vielleicht konnte er schon morgen wieder am Strand spazieren gehen.
Zu schön, um wahr zu sein.

20
    »Papa!« Samuels Arm erschlaffte. »Was machst du denn hier?«
    »Das frage ich dich!«, bellte Dossantos.
    »Wer hat dich gerufen?«
    »Das ist nicht die Antwort auf meine Frage.«
    Samuel warf Frank Lehnhoff, seinem Partner, der hinter Boccachi an der Tür stand, giftige Blicke zu. »Hast
du
meinen Vater gerufen?«
    »Das spielt keine Rolle, mein Junge.«
    »Doch, das tut es.« Samuel richtete sich auf und wischte sich über sein Gesicht, wobei er das Blut auf seinen Wangen verschmierte. »Offenbar glaubt Frank, ich komme mit dem Problem allein nicht zurecht.«
    Dossantos deutete auf den misshandelten Mann. »Das zu sehen genügt mir.«
    »Er arbeitet für die Russen«, sagte Samuel, als wäre damit alles erklärt. Dossantos wandte sich dem Verletzten zu. »Stimmt das?«
    Der Mann spuckte Blut. In gebrochenem Deutsch erklärte er: »Ich weiß nicht, was …«
    »Halt den Mund!« Blitzschnell schlug Samuel wieder zu. Der Russe kippte in den Staub, wo er bewusstlos liegen blieb. Auf den Steinen sammelte sich sein Blut zu einer rasch wachsenden Lache.
    Samuel blickte seinen Vater herausfordernd an. Mit einer Schärfe, die keinen Widerspruch duldete, sagte Dossantos: »Mein Junge, es reicht jetzt!«
    »Noch bin ich hier der Chef, Papa!«
    Die Spannung war greifbar. Alle hielten die Luft an, keiner bewegte sich. Dann ging Samuel zum Waschbecken. Er ließ Wasser über seine Hände laufen, wusch seine Hände rein vom Blut. Leise summte er eine Melodie.
    Schließlich wies er zur Tür. »Ihr alle, raus hier!«
    Noch immer standen sie reglos da wie Salzsäulen.
    »Was ist los mit euch? Raus, hab ich gesagt!«
    Sie begannen, mit den Füßen zu scharren.
    »Worauf wartet ihr? Braucht ihr eine schriftliche

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