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Gier (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition)

Gier (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition)

Titel: Gier (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Krist
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gerne vergessen.«
    »Danke«, presste von Hirschfeldt hervor. Sein Gesicht war vor Wut und Sorge rot angelaufen.
    »Gehen wir«, sagte Boccachi.
    Dossantos folgte ihm nach draußen. Ohne den Eindruck von Hast zu erwecken, verabschiedeten sie sich von Anton Wiesler, dem Geschäftsführer des Sozialvereins. Keine fünf Minuten später saßen sie wieder im Chrysler.
    »Was ist los?«, wollte Claudio wissen.
    »Es gibt Probleme. Mit Samuel.«
    »Mit deinem Sohn? Wo?«
    Dossantos rollte entnervt mit den Augen. »Im
Apollo

    »Warum kann sich Frank nicht darum kümmern?«
    »Mein Sohn ist mal wieder taub für jeden Ratschlag.«
    »Dann soll sich Frank durchsetzen. Wozu haben wir ihn eingestellt?«
    Dossantos ballte die Hände zu Fäusten. »Robert, kannst du nicht ein bisschen schneller fahren? Ich verspüre wenig Lust, den halben Tag durch die Stadt zu schleichen.«
    Der Fahrer beschleunigte den Wagen. Doch der Verkehr war alles andere als normal. Es hatte den Anschein, als sei ganz Berlin auf den Beinen. Die in der Spätsommersonne flanierenden Passanten zogen wie in Zeitlupe an dem Auto vorbei. Mit jedem Meter, den die Limousine voranschlich, wuchs Dossantos’ Unruhe.
    Sein Sohn Samuel war gerade 25 Jahre alt geworden. Er war noch jung und unerfahren, ein Hitzkopf wie dieser Götting, ständig darauf aus, sich zu beweisen.
    Inmitten der Wolkenkratzer am Potsdamer Platz lag ein würfelförmiges Gebäude.
Love & Emotion
flimmerte in Neonschrift an der Fassade. Das
Apollo
zauberte Wärme in die unterkühlte Atmosphäre der neuen Berliner Mitte.
    Sie umkurvten das Gebäude und stoppten vor dem Hintereingang. Frank Lehnhoff erwartete sie bereits. Schweißgebadet. Er war ein Exbodybuilder, der inzwischen über mehr Fettpolster als Muskelmasse verfügte. Neben Samuel war er als stellvertretender Geschäftsführer des
Apollo
eingesetzt worden. Eine Entscheidung, die sich zunehmend als Problem herauskristallisierte.
    Dossantos hätte diesen unfähigen Spinner am liebsten an seinen Ohren gepackt, ihm die Kündigung ausgehändigt und gesagt, er solle sich nicht mehr blicken lassen. Er hatte ihn schon immer für unfähig gehalten. Dass er eine Situation wie diese nicht regeln konnte, bestätigte den Portugiesen einmal mehr in seiner Meinung. Doch Samuel hielt große Stücke auf ihn, deshalb hatte sich Dossantos bisher gefügt.
    »Wo ist mein Sohn?«, fluchte er zur Begrüßung.
    »In den Putzräumen.«
    »Dann führ mich hin!«
    Frank ging einen schäbigen Gang entlang. Die Wände waren unverputzt, die Fenster nur mit billigen Jalousien verhängt. Dossantos trieb sich zu noch mehr Eile an. Schweiß brach ihm aus. Jetzt war der gute Moleskin-Anzug wohl endgültig ruiniert. Außerdem verspürte er stechende Schmerzen in den Gelenken. Er war einfach zu alt für solche Sachen.
    Frank stieß eine Tür auf. Dossantos rang um Atem und brauchte einen Moment, bis er die Situation überschaut hatte.
    Moussa Alpak, Samuels Bodyguard, stand unmittelbar neben der Tür. Zwei weitere Sicherheitsleute des
Apollo
hatten sich an der rückwärtigen Wand aufgebaut. Junge Schnösel, die zwar über Muskeln bis zum Haaransatz verfügten, aber über keinen Funken Grips. Andernfalls hätten sie nicht zugelassen, was sich vor ihren Augen abspielte.
    Auf dem Boden kniete eine Gestalt. Von ihren aufgeplatzten Lippen troffen Speichel und Blut auf das T-Shirt. Samuel hockte ihr gegenüber. Er selbst hatte einige Blessuren im Gesicht davongetragen. Niemand hinderte ihn daran, zum nächsten Schlag auszuholen.
    »Samuel!«, schrie Dossantos.

19
    Vor der Berthold-Hauptschule parkten die Übertragungswagen einiger Fernsehstationen. Dabei gab es außer ein paar Jungs, die auf einem schmalen Grünstreifen ein Stück weiter entfernt Fußball spielten, eigentlich nichts zu filmen. Aus einem Ghettoblaster schepperte Rap.
    Ansonsten bestand das Viertel aus lieblos verputzten Sozialbauten, wie es sie in Neukölln zuhauf gab. Die Fassaden waren aschgrau, von den Besitzern dem Verfall preisgegeben. Selbst die kryptischen Graffiti auf den Wänden der Erdgeschosswohnungen verblassten allmählich.
    Aus der Reportermeute, die sich vor einer Imbissbude mit dem wenig vertrauenerweckenden Namen
Bratfritze
die Beine vertrat, löste sich eine gedrungene Gestalt. Mit einem Schälchen Pommes rot-weiß in der Hand strebte sie auf die beiden Polizisten zu. »Herr Kalkbrenner«, rief der Journalist mit rauchiger Stimme, »Sie hier?«
    Berger stellte sich ihm entgegen, doch

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