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Gier (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition)

Gier (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition)

Titel: Gier (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Krist
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wohnen?«
    »In einem Hotel oder einer Pension. Aber langfristig möchte ich gerne wieder meine eigenen vier Wände haben.«
    »Warum …« Sie zögerte. Ihre Augen waren auf ihn gerichtet. »Warum übernachtest du nicht hier?«
    Er antwortete nicht, sah sie nur an.
    »Auf dem Sofa«, fügte sie schnell hinzu, als habe sie ihm ein unmoralisches Angebot gemacht.
    »Ja, natürlich«, sagte er. »Auf dem Sofa, wo sonst?«
    Verlegen strich sie sich eine Strähne aus der Stirn. »Du weißt, ich meine …«
    »Es ist okay. Wirklich.«
    »Paul, gib uns ein bisschen Zeit.«
    »Natürlich, nach allem, was passiert ist, kann ich nicht erwarten, dass du mich einfach so ins Bett einlädst … Deshalb beginnen wir ganz von vorne. Ein richtiger Neuanfang.«
    Sie forschte in seinem Gesicht nach einem Hinweis auf Sarkasmus, konnte aber nichts entdecken. »Soll ich dir helfen, die Koffer aus dem Auto zu holen?«
    »Danke, ist nicht viel, das schaffe ich schon alleine.« Mit den Armen drückte er seinen Leib empor. Als er loslief, strauchelte er. Überrascht sah er an sich hinab. Aber da lag kein Kissen zwischen seinen Beinen, er war über seine eigenen Füße gestolpert.
    Ellen amüsierte sich. »Bist du wirklich sicher, dass du die Koffer alleine schaffst?«
    »Ja«, versicherte er, obwohl der Alkohol sich jetzt definitiv hinter seinen Schläfen bemerkbar machte. Aber der Schwips war nicht unangenehm, beschwingt schleppte er die Koffer ins Haus. Zuletzt trug er das Ölbild herein. »Ist das von Jessy?«, erkundigte sich Ellen.
    »Hast du es noch nicht gesehen?«
    »Nur ganz kurz, während sie daran gearbeitet hat. Nachdem es fertig war, hat sie es dir gleich geschenkt, und du bist in den Urlaub gefahren.« Fachmännisch begutachtete sie die vielen expressionistischen Pinselstriche. Vorsichtig tastete sie mit ihren Fingern über die Farben, als könnte sie das Bild nicht nur sehen, sondern auch spüren. »Es ist schön geworden. Sie hat Talent.«
    »Sie ist unsere Tochter.«
    Ellen griff nach seiner Hand. »Ja, das ist sie.« Sie streichelte seinen Arm und schaute ihn an, offen und gleichzeitig unsicher wie ein junges Mädchen beim ersten Date. Er wollte sich vorbeugen, ihr einen Kuss auf die Wange hauchen. Doch mit einem Ruck entzog sie sich dem Versuch und stieg die Treppe zum Schlafzimmer hinauf. »Du weißt ja, wo die Decken sind.«
    Verwundert schaute er ihr hinterher. Er hatte sie mit dem Kuss nicht in Bedrängnis bringen wollen. Es sollte nur ein Zeichen der Annäherung sein, der perfekte Abschluss eines angenehmen Abends. Er versuchte abzuschätzen, wie viel Zeit vergangen war, seit er das letzte Mal entspannte Stunden in diesem Haus erlebt hatte, doch sein alkoholisierter Schädel verbat sich diese Anstrengung.
    Allerdings konnte er Ellens Skepsis gut verstehen: Nach allem, was die letzten Jahre über zwischen ihnen schiefgelaufen war, konnte er nicht erwarten, dass sie diese Zeit nach fünf Wochen Urlaub einfach vergessen hatte. Auch er selbst würde viele solche Abende brauchen, bevor er sich hier wieder heimisch fühlte. Ein Neuanfang erforderte Geduld, von ihnen beiden.
    Er zog sich Hemd und Hose aus und machte es sich auf der Couch bequem. Wenig später war er eingeschlafen.

32
    »Hallo, ich bin Dana«, schrie sie über den Lärm der Musik hinweg Dossantos zu.
    Vor dem Portugiesen stand eine dralle Blondine, die es in High Heels, Minirock und Bikini-Top an Bruno und Robert vorbei in den VIP-Bereich geschafft hatte. Vielleicht war es auch Bruno selbst gewesen, der sie hereingeschleust hatte. Er kannte die Vorlieben seines Chefs.
    »Und du bist Miguel«, sagte Dana, und ein Lächeln glitt über ihr Gesicht. »Ich kenn dich aus der Zeitung.«
    »Aha«, machte Dossantos.
    »Ja«, piepste sie. »Ich hab dein Bild gesehen.«
    »Auch den Text gelesen?«
    »Nee, ich les nicht so gerne.« Sie schob ihren Oberkörper vor und gewährte ihm einen vortrefflichen Blick. »Darf ich mich zu dir setzen?«
    »Natürlich.« Dossantos signalisierte dem jungen Mann neben ihm, einem leitenden Mitarbeiter einer Wohnungsbaugesellschaft, dass sie ihr Gespräch später fortsetzen würden. An seiner Stelle nahm Dana Platz. »Möchtest du was trinken?«
    »Einen Wodka Lemon.«
    Er winkte einen Kellner herbei und bestellte zwei Longdrinks. »Du bist neu hier, oder?« Er konnte sich nicht entsinnen, sie schon einmal im
Hermano
gesehen zu haben.
    »Ja«, gestand sie mit einem devoten Augenaufschlag. »Ich bin erst seit zwei Monaten in Berlin. Ich

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