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Gier, Kerstin

Gier, Kerstin

Titel: Gier, Kerstin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Smaragdgruen (Liebe geht durch alle Zeiten Bd 3)
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er
sich in den abgewetzten Ledersessel gegenüber fallen, stützte die Ellenbogen
auf seine Oberschenkel und strich sich eine Haarsträhne aus der Stirn. »Mir
will nicht aus dem Kopf gehen, was Lucy vorhin gesagt hat: dass die Unsterblichkeit
des Grafen mit Owens Geburt aufgehoben ist.«
    Leslie
riss sich von ihren Diagrammen los und nickte. »Doch
achte, wenn der zwölfte Stern geht auf, das Schicksal des Irdischen nimmt
seinen Lauf«, zitierte sie und ich ärgerte mich wieder mal, dass
mir diese blöden Schüttelreime einen Schauer über den Rücken jagen konnten. »Die
Jugend schmilzt, die Eiche ist geweiht, dem Untergang in Erdenzeit.«
    »Kannst du
das alles auswendig?«, fragte Raphael.
    »Nicht
alles. Aber manche dieser Verse sind irgendwie sehr einprägsam«, antwortete
Leslie ein bisschen verlegen. Dann wandte sie sich an Gideon. »Ich habe das so
interpretiert: Wenn der Graf das Pulver in der Vergangenheit schluckt, wird er
unsterblich. Aber nur bis der zwölfte Stern aufgeht, äh, also, bis Gwendolyn
auf die Welt kommt. Mit ihrer Geburt hat sich das mit der Unsterblichkeit dann
erledigt. Die Eiche ist dem Untergang in Erdenzeit geweiht, das heißt, der Graf
würde wieder sterblich werden. Es sei denn, er tötet Gwendolyn, um diesen
Prozess aufzuhalten. Vorher aber muss sie ja überhaupt erst möglich machen,
dass er das Elixier erhält. Und wenn er das Elixier niemals erhält, dann wird
er auch gar nicht erst unsterblich. Habe ich mich verständlich ausgedrückt?«
    »Ja,
irgendwie schon«, sagte ich und dachte an Paul und die U-Bahnen in unseren
Gehirnen.
    Gideon
schüttelte langsam den Kopf. »Und wenn wir die ganze Zeit einen Denkfehler
gemacht haben?«, fragte er gedehnt. »Wenn der Graf das Pulver längst erhalten
hat?«
    Beinahe
hätte ich wieder »Häh?« gemacht, doch ich konnte mich gerade noch einmal
zurückhalten.
    »Das kann
nicht sein, weil der Blutkreis in dem einen Chronografen noch gar nicht
geschlossen ist und das Elixier vom anderen hoffentlich an einem sicheren Platz
versteckt ist«, sagte Leslie ungeduldig.
    »Ja«,
sagte Gideon gedehnt. »Jetzt gerade in diesem Moment. Aber das muss ja nicht
so bleiben.« Er seufzte, als er unsere verständnislosen Blicke bemerkte. »Denkt
doch mal nach: Es ist möglich, dass der Graf irgendwann im 18. Jahrhundert -
wie auch immer er es geschafft haben mag - das Elixier zu sich genommen hat und
unsterblich geworden ist.«
    Wir
starrten ihn alle drei an. Ohne dass ich so recht verstand warum, überzog sich
mein ganzer Körper mit Gänsehaut.
    »Was
wiederum bedeuten würde, dass er in diesem Augenblick durchaus am Leben sein
könnte«, fuhr Gideon fort, wobei er mir direkt in die Augen sah. »Dass er
irgendwo da draußen herumläuft und darauf wartet, dass wir ihm das Elixier ins
18. Jahrhundert bringen. Und dann auf eine Gelegenheit, dich zu töten.«
    Ein paar
Sekunden herrschte Schweigen. Dann sagte Leslie: »Ich will nicht behaupten,
dass ich dich voll und ganz verstehe, aber selbst wenn ihr es euch aus
irgendeinem Grund anders überlegen und dem Grafen tatsächlich das Elixier bringen
würdet... hat er immer noch ein klitzekleines Problemchen« - an dieser Stelle
lachte sie zufrieden auf - »er kann Gwenny
nicht töten.«
    Raphael
ließ den Buntstift wie einen Kreisel auf dem Tisch rotieren. »Außerdem - warum
solltet ihr es euch anders überlegen, wenn ihr über die wahren Absichten des
Grafen Bescheid wisst?«
    Gideon
antwortete nicht sofort und sein Gesichtsausdruck war nahezu ausdruckslos, als
er schließlich sagte: »Weil wir erpressbar sind.«
     
    Ich wurde wach, weil ich etwas
Feuchtes und Kaltes in meinem Gesicht spürte und Xemerius sagte: »In zehn
Minuten klingelt der Wecker!«
    Stöhnend
zog ich mir die Decke über den Kopf.
    »Dir kann
man es auch nicht recht machen. Gestern hast du dich noch beschwert, dass ich
dich nicht geweckt habe.« Xemerius war beleidigt.
    »Gestern
hatte ich mir ja auch keinen Wecker gestellt. Und es ist wirklich verdammt
früh«, brummte ich.
    »Man muss
halt Opfer bringen, wenn man mal eben rasch die Welt vor einem
größenwahnsinnigen Unsterblichen retten will«, sagte Xemerius. Ich hörte, wie
er summend eine Runde durchs Zimmer flog. »Den du im Übrigen heute Nachmittag
treffen wirst, falls du es vergessen haben solltest. Los jetzt, raus aus den
Federn!«
    Ich
stellte mich tot. Was nicht sonderlich schwer war, denn es fühlte sich fast so
an - Unsterblichkeit hin oder her. Aber Xemerius schien von

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