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Gier, Kerstin

Gier, Kerstin

Titel: Gier, Kerstin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Smaragdgruen (Liebe geht durch alle Zeiten Bd 3)
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meinen Bemühungen
nicht sonderlich beeindruckt zu sein. Er flatterte gut gelaunt vor meinem Bett
auf und ab und krähte eine Binsenweisheit nach der anderen in mein Ohr. Ganz
vorn mit dabei: Morgenstund hat Gold im Mund und Früher
Vogel fangt den Wurm.
    »Der frühe
Vogel kann mich mal!«, sagte ich, aber schließlich erreichte Xemerius, was er
wollte. Ich rollte mich genervt aus dem Bett und infolgedessen stand ich
pünktlich um sieben Uhr in der U-Bahn-Station von Temple.
    Naja.
Genau genommen war es sieben Uhr sechzehn, aber mein Handy ging ein bisschen
vor.
    »Du siehst
genauso müde aus, wie ich mich fühle«, stöhnte Leslie, die schon am
verabredeten Gleis auf mich gewartet hatte. Um diese Uhrzeit, zumal am
Sonntagmorgen, war in der Station nicht besonders viel los, trotzdem fragte ich
mich, wie Gideon von hier aus unbemerkt in einen der U-Bahn-Tunnel gelangen
wollte. Die Bahnsteige waren hell erleuchtet und außerdem gab es jede Menge
Überwachungskameras.
    Ich
stellte meine schwere, vollgepackte Reisetasche ab und warf Xemerius, der
zwischen den Säulen einen halsbrecherischen Slalom flog, einen bösen Blick zu.
»Xemerius ist schuld. Er hat mir nicht erlaubt, Mums Concealer zu benutzen,
weil es angeblich schon so spät war. Geschweige denn, dass ich einen
Zwischenstopp bei Starbucks einlegen durfte.«
    Leslie
legte neugierig den Kopf schief. »Du hast zu Hause geschlafen?«
    »Natürlich,
wo denn sonst?«, fragte ich ein bisschen ungehalten zurück.
    »Na ja,
ich dachte, ihr hättet das Pläneschmieden für eine Weile unterbrochen, nachdem
Raphael und ich gegangen waren.« Sie kratzte sich an der Nase. »Zumal ich mich
ja extra lange von Raphael verabschiedet habe, um euch genügend Zeit zu
verschaffen, vom Sofa ins Schlafzimmer umzuziehen.«
    Ich
blinzelte sie an. »Extra lange?«, fragte ich gedehnt. »Wie aufopferungsvoll!«
    Leslie
grinste. »Ja, denk nur«, sagte sie. Sie wurde nicht ein klitzekleines bisschen
rot. »Aber lenk jetzt nicht vom Thema ab. Du hättest deiner Mum ruhig erzählen
können, dass du bei mir schläfst.«
    Ich verzog
den Mund. »Tja, ehrlich gesagt hätte ich das auch so gemacht. Aber Gideon hat
darauf bestanden, mir ein Taxi zu rufen.« Etwas unglücklich setzte ich hinzu:
»Offensichtlich war ich nicht halb so verführerisch, wie ich dachte.«
    »Er ist
eben sehr - äh - verantwortungsbewusst«, sagte Leslie tröstend.
    »Ja, so
kann man das auch nennen«, sagte Xemerius, der seinen Slalomflug beendet hatte.
Schwer atmend ließ er sich neben mir auf dem Boden nieder. »Oder auch einfach
ein Langweiler, Schnarchsack, Angsthase«, er holte kurz Luft, »Drückeberger,
Hosenscheißer, Memme ...«
    Leslie sah
auf ihre Uhr. Sie musste brüllen, um den Lärm eines einfahrenden Zuges der
Central Line zu übertönen. »Nur anscheinend nicht besonders pünktlich. Es ist
schon zwanzig nach.« Sie musterte die wenigen Leute, die aus der Bahn stiegen.
Und dann - ganz plötzlich - leuchteten ihre Augen auf. »Oh, da sind sie ja.«
    »Die
beiden sehnsüchtig erwarteten Märchenprinzen hatten an diesem Morgen
ausnahmsweise ihre weißen Rösser im Stall gelassen und waren mit der U-Bahn
gefahren«, deklamierte Xemerius mit salbungsvoller Stimme. »Bei ihrem Anblick
bekamen die beiden Prinzessinnen glänzende Augen, und als die geballte Ladung
jugendlicher Hormone in Form von verlegenen Begrüßungsküsschen und dämlichem
Grinsen aufeinandertraf, musste sich der kluge und unerreicht schöne Dämon
leider in einen Papierkorb übergeben.«
    Er
übertrieb schamlos - keiner von uns lächelte dämlich. Höchstens ein bisschen
verklärt. Und niemand war verlegen. Naja, am ehesten vielleicht noch ich. Weil
mir wieder einfiel, wie Gideon heute Nacht meine Arme von seinem Hals gelöst
und gesagt hatte: »Es ist besser, ich rufe dir jetzt ein Taxi. Das wird ein
anstrengender Tag heute.« Ich war mir ein bisschen vorgekommen wie eine Klette,
die man aus seinem Pullover pulen musste. Und das Schlimme war, dass ich genau
in diesem Moment innerlich zu den Worten »Ich liebe dich« Anlauf genommen
hatte. Nicht dass er das nicht schon längst wusste, aber... ich hatte es ihm
noch nie gesagt. Und jetzt war ich unsicher geworden, ob er es überhaupt hören
wollte.
    Gideon
streichelte kurz über meine Wange. »Gwenny, ich kann das auch alleine
erledigen. Ich muss ja nur den diensthabenden Wächter auf seinem Weg nach oben
abfangen und ihm den Brief wieder abnehmen.«
    »Nur ist gut«,
sagte Leslie. Noch weit

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