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Gier, Kerstin

Gier, Kerstin

Titel: Gier, Kerstin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Smaragdgruen (Liebe geht durch alle Zeiten Bd 3)
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das gerade dabei war, den Brief an den
Großmeister zu übergeben. Ich richtete meine Taschenlampe auf ihn. Oh Gott,
ja, er war es! Und er blieb in ein paar Metern Abstand stehen und guckte
vollkommen konsterniert. Zwei Sekunden lang blendeten wir uns gegenseitig mit
den Taschenlampen, dann sagte er: »Wie kommst du hierher?«
    Ich konnte
nicht anders, ich musste ihn einfach anlächeln. »Äh, das ist ein bisschen
kompliziert zu erklären«, sagte ich, obwohl ich am liebsten »Hey, du hast dich
überhaupt nicht verändert!« gesagt hätte. Der andere Gideon fuchtelte hinter
dem Mauervorsprung mit seinen Händen.
    »Erklär's
mir!«, forderte sein jüngeres Ich mich auf und kam näher.
    Wieder
fuchtelte der andere Gideon wild in der Luft herum. Ich verstand nicht, was er
damit sagen wollte.
    »Einen
Moment bitte.« Ich lächelte seine jüngere Version verbindlich an. »Ich muss
schnell mal was klären. Bin gleich wieder da.«
    Aber
offensichtlich hatten weder der ältere noch der jüngere Gideon Lust auf ein
klärendes Gespräch. Während der jüngere mir folgte und mich am Arm festhalten
wollte, wartete der ältere gar nicht ab, bis er einen Blick um die Ecke geworfen
hatte, er sprang vor und schlug seinem Alter Ego mit voller Wucht die
Taschenlampe vor die Stirn. Der jüngere Gideon fiel zu Boden wie ein Sack
Kartoffeln.
    »Du hast
ihm wehgetan!« Ich kniete nieder und betrachtete entsetzt die blutende
Platzwunde.
    »Er wird's
überleben«, sagte der andere Gideon ungerührt. »Komm, wir müssen weiter! Die
Übergabe hat bereits stattgefunden, der hier«, er gab sich selbst einen
leichten Fußtritt, »war bereits auf dem Rückweg, als er dich getroffen hat.«
    Ich hörte
ihm nicht zu, sondern streichelte seinem bewusstlosen Ich zärtlich über das
Haar. »Du hast dir selber eins übergebraten! Kannst du dich noch daran
erinnern, wie gemein du deswegen zu mir warst?«
    Gideon
grinste schwach. »Ja, kann ich. Und es tut mir ehrlich leid. Aber wer rechnet
denn auch mit so was? Jetzt komm schon! Bevor der Blödmann wieder aufwacht. Er
hat den Brief längst übergeben.« Und dann stieß er ein paar französische
Wörter aus, hinter denen ich saftige Flüche vermutete, weil er genau wie sein
Bruder vorhin mehrfach das Wort »Merde!« bemühte.
    »Nanana,
junger Mann«, sagte eine Stimme ganz in unserer Nähe.
    »Nur weil
wir uns hier unten nahe der Kanalisation befinden, sollte man sich noch lange
nicht ungehemmt der Fäkalsprache widmen dürfen.«
    Gideon war
herumgeschnellt, machte aber keine Anstalten, den Neuankömmling ebenfalls k. o.
zu schlagen. Vielleicht weil die Stimme so gutmütig und belustigt geklungen
hatte. Ich hob meine Taschenlampe und leuchtete einem fremden Mann mittleren
Alters ins Gesicht und von dort abwärts, für den Fall, dass er eine Pistole auf
uns richtete. Was er nicht tat.
    »Ich bin
Dr. Harrison«, sagte er mit einer kleinen Verbeugung, wobei sein Blick ein
wenig irritiert zwischen Gideons Gesicht und dem am Boden liegenden Gideon hin-
und herhuschte. »Und ich habe Ihren Brief gerade von unserem diensthabenden
Adepten an der Zerberuswache übernommen.« Er zog einen Umschlag aus seinem
Jackett, auf dem ein großes rotes Siegel prangte. »Lady Tilney hat mir
versichert, er dürfe in keinem Fall in die Hände des Großmeisters oder anderer
Mitglieder des Inneren Kreises gelangen. Von mir mal abgesehen.«
    Gideon
seufzte und rieb sich mit dem Handrücken über die Stirn. »Wir wollten die
Übergabe verhindern, aber uns ist in diesen Gängen die Zeit weggelaufen ... und
dann habe ich Idiot es auch noch fertiggebracht, mir selber in die Quere zu
kommen.« Er nahm den Brief und stopfte ihn sich in die Tasche. »Danke.«
    »Ein de
Villiers, der einen Fehler zugibt?« Dr. Harrison lachte leise. »Das ist ja mal
etwas ganz Neues. Aber glücklicherweise hat sich Lady Tilney der Sache
angenommen - und ich habe noch nie erlebt, dass einer ihrer Pläne gescheitert
wäre. Widerspruch ist im Übrigen auch vollkommen zwecklos.« Er zeigte auf den
am Boden liegenden Gideon. »Braucht er Hilfe?«
    »Es kann
nichts schaden, wenn man die Wunde desinfiziert und vielleicht etwas Weiches
unter seinen Hinterkopf le...«, sagte ich, aber Gideon fiel mir ins Wort:
»Unsinn! Dem geht es bestens.« Er achtete nicht auf meine Proteste und zog mich
auf die Beine. »Wir müssen jetzt zurück. Grüßen Sie Lady Tilney von uns, Dr.
Harrison. Und bestellen Sie ihr meinen Dank.«
    »Es war
mir ein Vergnügen«, sagte Dr.

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