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Gier, Kerstin

Gier, Kerstin

Titel: Gier, Kerstin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Smaragdgruen (Liebe geht durch alle Zeiten Bd 3)
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Bedürfnis, noch einmal in einem
Spiegel zu schauen, ob sich nicht doch eine Spinnenwebe auf mein Kleid verirrt
hatte.
    »Es ist
alles bestens«, sagte Gideon. »Du siehst perfekt aus.« Ich räusperte mich
verlegen.
    Gideon
grinste auf mich hinunter. »Bereit?«, flüsterte er.
    »Bereit,
wenn du es bist«, antwortete ich, ohne nachzudenken. Es rutschte mir einfach
so heraus und für einen Moment musste ich an den Spaß denken, den wir gehabt
hatten, ehe er mich schmählich verraten hatte. Obwohl, so viel Spaß war es nun
auch wieder nicht gewesen.
    Ein paar
Mädchen fingen an zu tuscheln, als wir an ihnen vorbeigingen, ich war nicht
sicher, ob wegen meines Kleides oder weil sie Gideon so cool fanden. Ich hielt
mich so gerade wie möglich. Die Perücke war erstaunlich gut austariert, sie
machte jede Kopfbewegung mit, obwohl sie vom Gewicht her vermutlich mit diesen
Wasserkrügen zu vergleichen war, die afrikanische Frauen auf ihrem Kopf trugen.
Während wir den Saal durchquerten, hielt ich unablässig Ausschau nach James. Schließlich
war das der Ball seiner Eltern - er würde doch wohl anwesend sein? Gideon, der
die meisten Menschen im Saal um mehr als eine Kopflänge überragte, hatte
schnell den Grafen von Saint Germain ausfindig gemacht. Er stand unnachahmlich
elegant auf einem schmalen Balkon und unterhielt sich mit einem kleinen, bunt
gekleideten Mann, der mir vage bekannt vorkam.
    Ohne groß
nachzudenken, versank ich in eine tiefe Reverenz, bereute es aber einen Moment
später wieder, als mir einfiel, wie der Graf von Saint Germain bei unserer
letzten Begegnung mit sanfter Stimme mein Herz in Zehntausende von winzigen
Splittern zerbrochen hatte.
    »Meine
lieben Kinder - Ihr seid pünktlich auf die Minute«, sagte der Graf und winkte
uns heran. Mir nickte er gnädig zu (vermutlich eine Ehre, eingedenk der
Tatsache, dass ich als Frau mit einem Intelligenzquotienten bedacht war, der
gerade mal von der Balkontür bis zur nächsten Kerze reichte). Gideon dagegen
wurde mit einer herzlichen Umarmung bedacht. »Was sagt Ihr, Aleott? Könnt Ihr etwas
von meinem Erbgut in den Zügen dieses schönen jungen Mannes erkennen?«
    Der
papageienbunt gekleidete Mann schüttelte lächelnd den Kopf. Sein schmales,
langes Gesicht war nicht nur gepudert, er hatte sich auch Rouge auf die Wangen
geschmiert wie ein Clown. »Es besteht eine gewisse Ähnlichkeit in der Haltung,
meine ich.«
    »Wie
sollte man auch ein so junges Gesicht mit meinem alten vergleichen können?«
Der Graf kräuselte selbstironisch seine Lippen. »Die Jahre haben in meinen
Gesichtszügen gewütet, manchmal erkenne ich mich im Spiegel kaum wieder.« Mit
einem Taschentuch fächelte er sich Luft zu. »Darf ich übrigens vorstellen: der
Ehrenwerte Albert Aleott, derzeit der Erste Sekretär der Loge.«
    »Wir sind
uns bereits bei diversen Besuchen in Temple begegnet«, sagte Gideon mit einer
leichten Verbeugung. »Ach ja richtig.« Der Graf lächelte.
    Jetzt
wusste auch ich, warum mir der Papagei bekannt vorkam. Der Mann hatte uns bei
unserem ersten Treffen mit dem Grafen in Temple empfangen und die Kutsche zum
Haus von Lord Brompton gestellt.
    »Leider
habt ihr den Auftritt des Herzogspaares verpasst«, sagte er. »Die Frisur Ihrer
Durchlaucht hat viel Neid erregt. Ich fürchte, dass die Londoner Perückenmacher
sich morgen vor Kundschaft kaum retten können.«
    »Eine
wirklich schöne Frau, die Herzogin! Wie schade, dass sie sich berufen fühlt,
sich in Männergeschäfte und Politik einzumischen. Aleott, wäre es wohl möglich,
den Neuankömmlingen etwas zu trinken zu besorgen?« Wie so oft sprach der Graf
mit leiser und sanfter Stimme, aber trotz des Lärms, der uns umgab, war er
überdeutlich zu verstehen. Mich fröstelte bei dem Klang, und das lag ganz
bestimmt nicht an der kalten Nachtluft, die durch die geöffnete Balkontür
drang.
    »Selbstverständlich!«
Der Erste Sekretär erinnerte mich in seiner Diensteifrigkeit an Mr Marley.
»Weißwein? Ich bin sofort wieder da.«
    Mist. Kein
Punsch.
    Der Graf
wartete, bis Aleott im Ballsaal verschwunden war, dann griff er in seine
Rocktasche und zauberte einen versiegelten Brief hervor, den er Gideon überreichte.
»Das ist ein Schreiben an deinen Großmeister. Er enthält Einzelheiten zu
unserem nächsten Zusammentreffen.«

Gideon
steckte den Brief ein und reichte dem Grafen im Gegenzug ebenfalls einen
versiegelten Umschlag. »Darin befindet sich ein ausführlicher Bericht über die
Geschehnisse der vergangenen

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