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Gier, Kerstin

Gier, Kerstin

Titel: Gier, Kerstin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Smaragdgruen (Liebe geht durch alle Zeiten Bd 3)
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Fleischgerichte, die für meinen
Geschmack definitiv zu streng rochen, darüber hinaus atemberaubend viel
Zuckerzeug in allen Formen und Größen und eine vergoldete Schwanenfigur, die
verblüffend lebensecht gearbeitet war.
    »Guck mal,
die müssen ihre Tischdeko auch kühlen!«, flüsterte ich.
    Gideon zog
mich weiter. »Das ist keine Tischdeko! Das ist ein echter Schwan. Ein
sogenanntes Schaugericht«, flüsterte er zurück, doch fast im gleichen Moment
zuckte er zusammen und ich stieß, das muss ich leider zugeben, einen Schrei
aus.
    Denn
direkt hinter einer ungefähr neunzehnstöckigen Torte mit zwei (toten)
Nachtigallen als Krönung löste sich nun eine Gestalt aus dem Schatten und kam,
den Degen blankgezogen, lautlos auf uns zu.
    Es war
Rakoczy, die rechte Hand des Grafen, und mit diesem dramatischen Auftritt
hätte er jederzeit in einer Geisterbahn Geld verdienen können. Mit heiserer
Stimme hieß er uns willkommen.
    »Folgt
mir«, raunte er dann.
    Während
ich versuchte, mich von dem Schreck zu erholen, fragte Gideon ungehalten:
»Hättet Ihr uns nicht längst in Empfang nehmen sollen?«
    Rakoczy
zog es vor, nicht darauf einzugehen, was mich nicht weiter wunderte. Er war
haargenau der Typ, der keinen Fehler zugeben konnte.
    Wortlos
nahm er eine Fackel aus der Halterung, winkte uns zu und glitt durch einen
Seitengang, der weiter zu einer Treppe führte.
    Geigenmusik
und Stimmengewirr tönten nun von oben zu uns herab, wurden lauter und lauter
und kurz vor dem Ende der Treppe entließ uns Rakoczy mit den Worten: »Ich werde
aus dem Schatten heraus mit meinen Leuten über Euch wachen.« Dann verschwand
er, geräuschlos wie ein Leopard.
    »Ich vermute,
der hat keine Einladung bekommen«, sagte ich scherzhaft. In Wirklichkeit
stellten sich mir bei der Vorstellung, dass in jeder dunklen Ecke einer von
Rakoczys Männern lauerte und uns heimlich beobachtete, meine Nackenhaare auf.
    »Doch,
natürlich ist er eingeladen. Aber er will sich wohl nicht von seinem Degen
trennen und die sind im Ballsaal nicht erlaubt.« Gideon musterte mich prüfend.
»Sind noch Spinnweben auf deinem Kleid?«
    Ich sah
ihn empört an. »Nein, aber vielleicht in deinem Hirn«, sagte ich, drängte mich
an ihm vorbei und öffnete vorsichtig die Tür.
    Ich hatte
mir Sorgen gemacht, wie wir es unbemerkt ins Foyer schaffen sollten, aber als
wir in den Lärm und den Trubel der Ballgäste eintauchten, fragte ich mich,
warum wir uns überhaupt die Mühe mit dem Keller gemacht hatten. Vermutlich
pure Gewohnheit. Wir hätten locker direkt hierherspringen können - es hätte
keiner mitbekommen.
    Lord und
Lady Pimplebottoms Zuhause war überaus prächtig - da hatte mein Freund James
nicht übertrieben. Unter Damasttapeten, Stuckverzierungen, Gemälden und den mit
Kristalllüstern behängten und freskenverzierten Decken war meine gute alte
Schule kaum wiederzuerkennen. Die Böden waren mit Mosaiken und dicken Teppichen
ausgelegt und auf dem Weg in den ersten Stock schien es mir, als gäbe es mehr
Gänge und Treppen als zu meiner Zeit.
    Und es war
voll. Voll und laut. Zu unserer Zeit wäre die Party wegen Überfüllung
geschlossen worden oder die Nachbarn hätten die Pimplebottoms wegen
nächtlicher Ruhestörung verklagt. Und das waren erst das Foyer und die Flure.
    Der
Ballsaal spielte noch einmal in einer anderen Liga. Er nahm das halbe erste
Stockwerk ein und wimmelte nur so vor Menschen. Sie standen in Grüppchen
beisammen oder bildeten beim Tanzen lange Reihen. Der Saal summte von ihren
Stimmen und dem Gelächter wie ein Bienenstock, wobei der Vergleich mir fast
untertrieben vorkam, denn die Dezibelzahl erreichte bestimmt die eines
startenden Jumbojets in Heathrow. Schließlich mussten an die vierhundert Leute
gegeneinander anschreien und das zwanzigköpfige Orchester auf der Empore
versuchte auch noch, die Oberhand zu behalten. Das Ganze wurde von einer
solchen Menge Kerzen ausgeleuchtet, dass ich mich automatisch nach einem Feuerlöscher
umsah.
    Kurzum,
der Ball verhielt sich zu der Soiree, die wir bei den Bromptons besucht hatten,
wie eine Clubnacht zu einem von Tante Maddys Teekränzchen und ich verstand
unwillkürlich, woher der Ausdruck »rauschender Ball« kam.
    Unser
Auftauchen erregte kein besonderes Aufsehen, zumal ein ständiges Kommen und
Gehen im Saal herrschte. Dennoch starrten uns einige der Weißperücken neugierig
an und Gideon packte meinen Arm fester. Ich spürte, wie ich von Kopf bis Fuß
gemustert wurde, und hatte das dringende

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