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Gier, Kerstin

Gier, Kerstin

Titel: Gier, Kerstin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Smaragdgruen (Liebe geht durch alle Zeiten Bd 3)
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wütend oder traurig oder ängstlich oder alles zusammen und stolperte,
blind vor Tränen, weiter die Stufen hoch und in den nächsten Korridor hinein.
    »Wo willst
du hin?« Jetzt war Gideon neben mir und versuchte, mich an der Hand zu fassen.
    »Egal! Nur
weg von dir«, schluchzte ich und rannte in das nächstbeste Zimmer. Gideon
folgte mir. Natürlich. Um ein Haar wäre ich mir mit dem Ärmel durch das Gesicht
gefahren, um die Tränen wegzuwischen, aber in letzter Sekunde erinnerte ich
mich an Madame Rossinis Make-up und hielt inne. Wahrscheinlich sah ich auch so
schon ramponiert genug aus. Um Gideon nicht anschauen zu müssen, blickte ich
mich im Zimmer um. Kerzen in Wandleuchtern erhellten die hübsche, ganz in
Goldtönen gehaltene Einrichtung, ein Sofa, einen zierlichen Schreibtisch, ein
paar Stühle, ein Gemälde, das einen toten Fasan neben ein paar Birnen zeigte,
eine Sammlung exotisch aussehender Säbel über dem Kaminsims und prächtige
goldfarbene Portieren vor den Fenstern. Aus irgendeinem Grund hatte ich
plötzlich das Gefühl, schon einmal hier gewesen zu sein.
    Gideon
stand abwartend vor mir.
    »Lass mich
in Ruhe!«, sagte ich ziemlich kraftlos.
    »Ich kann dich nicht
in Ruhe lassen. Immer wenn ich dich allein lasse, machst du irgendwas
Unüberlegtes.«
    »Geh weg!«
Ich wollte mich gern für eine Weile auf dieses Sofa werfen und mit den Fäusten
in die Kissen trommeln. War das denn zu viel verlangt?
    »Nein, das
werde ich nicht tun«, sagte Gideon. »Hör zu, es tut mir leid, dass das passiert
ist. Ich hätte es nicht zulassen dürfen.«
    Mein Gott,
das war ja wieder mal typisch. Klassischer Fall von Überverantwortungssyndrom.
Was hatte er denn bitte damit zu tun, dass ich zufällig auf Rakoczy getroffen
war und der nicht mehr alle gestreiften Murmeln im Sack hatte, wie Xemerius
sagen würde? Andererseits - ein paar Schuldgefühle konnten ihm nicht schaden.
    »Hast du
aber!«, sagte ich daher und fügte hinzu: »Weil du nur Augen für sie hattest.«
    »Du bist
ja eifersüchtig.« Gideon besaß die Frechheit, in Gelächter auszubrechen. Es
klang irgendwie erleichtert.
    »Das
hättest du wohl gerne.« Meine Tränen waren versiegt und ich wischte mir
verstohlen über die Nase.
    »Der Graf
wird sich fragen, wo wir abgeblieben sind«, sagte Gideon nach einer kleinen
Pause.
    »Soll er
doch seinen transsilvanischen Seelenbruder auf die Suche schicken, dein Graf.«
Endlich brachte ich es über mich, ihm wieder in die Augen zu sehen. »In
Wahrheit ist er noch nicht einmal ein Graf. Sein Titel ist genauso falsch wie
die rosigen Wangen dieser ... wie hieß sie noch gleich?«
    Gideon
lachte leise. »Ich habe ihren Namen schon wieder vergessen.«
    »Lügner«,
sagte ich, musste aber dummerweise auch ein bisschen grinsen.
    Gideon war
sofort wieder ernst. »Der Graf kann nichts für Rakoczys Verhalten. Er wird ihn
mit Sicherheit dafür bestrafen.« Er seufzte. »Du musst den Grafen nicht mögen,
du musst ihn nur respektieren.«
    Ich
schnaubte zornig. »Ich muss gar
nichts«, sagte ich und drehte mich abrupt zum Fenster. Und da sah ich ... mich! In meiner
Schuluniform glotzte ich ziemlich einfältig hinter dem goldenen Vorhang hervor.
Himmel! Deswegen war mir der Raum so bekannt vorgekommen! Das war Mrs Counters
Klassenzimmer und die Gwendolyn hinter dem Vorhang war gerade zum dritten Mal
in der Zeit gesprungen. Ich gab ihr ein Zeichen mit der Hand, sich wieder zu
verstecken.
    »Was war
das?«, fragte Gideon.
    »Nichts!«,
fragte ich möglichst dümmlich.
    »Am
Fenster.« Er griff ins Leere, als er reflexartig nach seinem Degen tastete.
    »Da ist
nichts!« Was ich als Nächstes tat, muss man auf jeden Fall auf diese
posttraumatische Schocksache - ich erinnere noch mal an den Bäcker und die
blutigen Zimtschnecken - zurückführen, unter normalen Umständen hätte ich das
ganz sicher niemals gemacht. Außerdem glaubte ich, aus den Augenwinkeln etwas
Grünes an der Tür vorbeihuschen zu sehen und... ach, und im Grunde tat ich es
nur, weil ich ja schon genau wusste, dass ich es tun würde. Es blieb mir sozusagen
gar nichts anderes übrig.
    »Es könnte
jemand hinter dem Vorhang stehen und uns belau...«, sagte Gideon noch, da hatte
ich bereits meinen Arm um seinen Hals geschlungen und meine Lippen auf seine gepresst.
Und wo ich schon mal dabei war, presste ich auch den Rest von meinem Körper in
allerbester Lavinia-Manier gegen seinen.
    Für ein
paar Sekunden fürchtete ich, Gideon würde mich von sich stoßen, aber

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