Gier, Kerstin
Lassie so zu der Party erscheinen wollt, die die Dales für ihre
Tochter ausrichten! Tobias Dale wird das sicher als politischen Affront
begreifen, wo er doch bei den Tories so eine große Nummer ist.«
»Häh?«,
machte ich.
»Man sagt wie
bitte«, rügte mich Xemerius.
»Glenda,
ich muss mich über dich wundern!« Lady Arista schnalzte mit der Zunge. »Keine
meiner Enkelinnen würde auch nur im Entferntesten auf so einen Gedanken kommen.
Müllsack! Was für ein Unsinn!«
»Na ja,
wenn man nichts anderes Grünes zum Anziehen hat, ist es wohl besser als
nichts«, sagte Charlotte spitz. »Jedenfalls bei Gwen.«
»Oje.«
Tante Maddy schaute mitleidig drein. »Mal überlegen. Ich hätte einen
flauschigen grünen Frottee-Bademantel, den ich dir leihen könnte.«
Charlotte,
Nick, Caroline und Xemerius kicherten und ich grinste Tante Maddy an. »Lieb von
dir, aber ich glaube, da wäre Leslie nicht mit einverstanden: ein Marsmensch im
Morgenrock geht gar nicht.«
»Da hörst
du es! Es ist ihnen ernst«, schnappte Tante Glenda. »Meine Rede. Diese Lassie
hat einen schlechten Einfluss auf Gwendolyn.« Sie rümpfte ihre Nase. »Nicht,
dass man von der Erziehung proletarischer Eltern etwas anderes erwarten könnte.
Es ist schon schlimm genug, dass solche wie sie überhaupt an der Saint Lennox
zugelassen werden. Aber ganz sicher würde ich meiner Tochter den Umgang nicht
erlau...«
»Jetzt
reicht es aber, Glenda!« Mum funkelte ihre Schwester wütend an. »Leslie ist ein
kluges und wohlerzogenes Mädchen und ihre Eltern sind keine Proleten! Der Vater
ist. .. ist...«
»Bauingenieur«,
soufflierte ich.
»...
Bauingenieur und die Mutter arbeitet als ...«
»Ernährungsberaterin«,
ergänzte ich wieder.
»Und der
Hund hat am Goldsmith College studiert«, sagte Xemerius. »Sehr respektable
Familie.«
»Unser
Kostüm hat keine politische Aussage«, versicherte ich Tante Glenda und Lady
Arista, die mich mit hochgezogenen Brauen musterten. »Es soll einfach nur
Kunst sein.« Andererseits: Es wäre typisch für Leslie, wenn sie dem Ganzen
sozusagen als Krönung auch noch eine politische Bedeutung verleihen würde. Als
reichte es nicht schon, dass wir einfach nur grauenvoll aussehen würden. »Und
es ist Cynthias Party, nicht die Party ihrer Eltern - sonst wäre das Motto
vielleicht nicht ganz so grün ausgefallen.«
»Das ist
nicht komisch«, sagte Tante Glenda. »Und ich empfinde es mehr als unhöflich,
sich keine Mühe mit dem Kostüm zu geben, wo doch die anderen Gäste und die
Gastgeber keinen Aufwand scheuen. Charlottes Kostüm zum Beispiel hat...«
»... ein
Vermögen gekostet und steht ihr wie angegossen, das hast du heute schon
vierunddreißig Mal gesagt«, fiel ihr Mum ins Wort.
»Du bist
ja nur neidisch. Warst du immer schon. Aber mir geht es wenigstens um das Wohl
meiner Tochter, im Gegensatz zu dir«, keifte Tante Glenda. »Dass du dich so
wenig für den gesellschaftlichen Umgang deiner Tochter interessierst und ihr
nicht mal ein anständiges Kostüm ...«
»Gesellschaftlicher
Umgang?« Mum verdrehte die Augen. »Sag mal, geht's vielleicht noch ein bisschen
weltfremder? Das ist die Geburtstagsparty einer Klassenkameradin! Schlimm
genug, dass die armen Kinder sich da überhaupt verkleiden müssen.«
Lady
Arista legte geräuschvoll das Besteck nieder. »Meine Güte - ihr seid über
vierzig und benehmt euch wie Teenager. Selbstverständlich wird Gwendolyn nicht
in einem Müllsack zur Party gehen. Und nun Themenwechsel, wenn ich bitten
darf.«
»Ja, lasst
uns über despotische alte Drachen reden«, schlug Xemerius vor. »Und über
Frauen, die mit über vierzig noch bei Mama wohnen.«
»Du kannst
doch Gwendolyn nicht vorschrei...«, begann Mum, aber ich gab ihr unter dem
Tisch einen Tritt vors Schienbein und grinste sie an.
Sie
seufzte, doch dann grinste sie zurück.
»Es ist ja
nur so, dass ich nicht offenen Auges dabei zusehen kann, wie Gwendolyn dem Ruf
unserer Familie ...«, sagte Tante Glenda, aber Lady Arista ließ sie nicht
ausreden. »Glenda, wenn du jetzt nicht den Mund hältst, kannst du ohne
Abendessen ins Bett gehen«, fauchte sie und darüber mussten alle außer sie
selber und Tante Glenda lachen, sogar Charlotte.
In diesem
Augenblick klingelte es an der Haustür.
Ein paar
Sekunden lang reagierte niemand, wir aßen einfach weiter, bis uns einfiel,
dass Mr Bernhard ja seinen freien Tag hatte. Lady Arista seufzte. »Wärst du
wohl noch mal so nett, Caroline? Sollte es Mr Turner wegen des
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