Gier, Kerstin
diesjährigen
Laternenblumenschmucks sein - richte ihm aus, ich bin nicht zu Hause.« Sie
wartete, bis Caroline verschwunden war, dann schüttelte sie den Kopf. »Der Mann
ist die Pest! Ich sage nur: orangefarbene
Begonien! Ich hoffe sehr, dass es für solche Menschen eine gesonderte Hölle
gibt!«
»Das hoffe
ich allerdings auch«, pflichtete ihr Tante Maddy bei.
Eine
Minute später war Caroline wieder zurück. »Es ist Gollum!«, rief sie. »Und er
will zu Gwendolyn.«
»Gollum?«,
wiederholten Mum, Nick und ich wie aus einem Mund. Zufällig war Herr der
Ringe unser aller Lieblingsfilm, nur Caroline hatte ihn noch
nicht sehen dürfen, weil sie zu jung war.
Caroline
nickte eifrig. »Ja, er wartet unten.«
Nick
lachte. »Das ist ja toll, mein Schatzzzzzzzz! Den muss ich mir unbedingt
angucken.«
»Ich
auch«, sagte Xemerius, aber er baumelte weiterhin faul vom Kronleuchter herab
und kratzte sich am Bauch.
»Bestimmt
meinst du Gordom, sagte Charlotte und stand auf.
»Und er will zu mir. Er ist nur zu früh dran. Ich habe halb neun gesagt.«
»Oh, ein
Verehrer, Häschen?«, erkundigte sich Tante Maddy entzückt. »Wie schön! Das wird
dich vielleicht auf andere Gedanken bringen.«
Charlotte
machte ein pikiertes Gesicht. »Nein, Tante Maddy, Gordon ist nur ein Junge aus
meiner Klasse und ich helfe ihm bei seiner Strafarbeit über Siegelringe.«
»Er hat
aber Gwendolyn gesagt«, beharrte Caroline, doch da hatte Charlotte sie schon
zur Seite geschoben und war aus dem Zimmer geeilt. Caroline lief ihr hinterher.
»Er kann
gern noch mitessen«, rief Tante Glenda ihnen nach. »Sie ist immer so
hilfsbereit«, wandte sie sich dann an uns. »Gordon Gelderman ist übrigens der
Sohn von Kyle Arthur Gelderman.«
»Hört,
hört«, sagte Xemerius.
»Wer immer
das auch ist«, sagte Mum.
»Kyle
Arthur Gelderman«, wiederholte Tante Glenda, dieses
Mal jede Silbe betonend. »Der Kaufhaus-Tycoon! Sagt dir das nichts? Das ist
wieder mal typisch - du hast keine Ahnung, in welchem Umfeld sich deine Tochter
bewegt. Dein Engagement als Mutter ist wirklich armselig. Nun ja, an Gwendolyn
hat der Junge ja ohnehin kein Interesse.«
Mum stöhnte.
»Glen, wirklich, du solltest diese Tabletten gegen Wechseljahresbeschwerden
wieder nehmen.«
Lady
Aristas Augenbrauen berührten sich beinahe in der Mitte, so finster hatte sie
sie zusammengezogen, und sie holte schon tief Luft, wahrscheinlich um Mum und
Tante Glenda ohne Nachtisch ins Bett zu schicken, als Caroline zurückkam und
triumphierend sagte: »Und Gollum wollte doch zu
Gwendolyn!«
Ich hatte
mir gerade ein großes Stück Quiche in den Mund geschoben und beinahe hätte ich
es wieder ausgespuckt, als ich Gideon den Raum betreten sah, gefolgt von
Charlotte, deren Gesicht plötzlich zu Stein geworden war.
»Guten
Abend«, sagte Gideon höflich. Er trug Jeans und ein verwaschenes grünes Hemd.
Ganz offensichtlich hatte er in der Zwischenzeit geduscht, denn seine Haare
waren noch feucht und kringelten sich ziemlich wild in sein Gesicht. »Es tut
mir leid. Ich wollte wirklich nicht beim Essen stören, ich wollte nur zu
Gwendolyn.«
Für einen
Moment herrschte Schweigen. Wenn man mal von Xemerius absah, der sich auf dem
Kronleuchter vor Lachen schier ausschütten wollte. Ich konnte nicht sprechen,
weil ich fieberhaft damit beschäftigt war, das Essen herunterzuwürgen, Nick
kicherte, meine Mum sah mehrmals von Gideon zu mir und wieder zurück, Tante
Glenda bekam wieder rote Flecken am Hals und Lady Aristas Blick auf Gideon
hätte durchaus auch einer orangefarbenen Begonie gelten können.
Nur Tante
Maddy bewies halbwegs Manieren. »Aber Sie stören doch nicht«, sagte sie
freundlich. »Hier - setzen Sie sich neben mich. Charlotte, leg bitte noch ein
Gedeck auf.«
»Ja, ein
Teller für Gollum«, flüsterte Nick mir zu und grinste.
Charlotte
ignorierte Tante Maddy und kehrte, immer noch mit versteinerter Miene, auf
ihren Platz zurück.
»Das ist
sehr nett, danke, aber ich habe schon zu Abend gegessen«, sagte Gideon.
Ich hatte
es endlich geschafft, das Quichestück herunterzuschlucken, und erhob mich
hastig. »Und ich bin eigentlich schon satt«, sagte ich. »Ist es in Ordnung,
wenn ich aufstehe?« Ich sah zuerst Mum, dann meine Großmutter an.
Die beiden
tauschten einen seltsamen, einvernehmlichen Blick und seufzten unisono, und
zwar abgrundtief.
»Natürlich«,
sagte Mum dann.
»Aber der
Schokoladenkuchen«, erinnerte mich Caroline.
»Wir
verwahren Gwendolyn ein Stück.« Lady
Weitere Kostenlose Bücher