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Gier, Kerstin

Gier, Kerstin

Titel: Gier, Kerstin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Smaragdgruen (Liebe geht durch alle Zeiten Bd 3)
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man langsam lauter drehte, drangen nun auch andere Geräusche
und aufgeregte Stimmen zu mir durch. Ich lag immer noch oder schon wieder auf
dem Rücken. Die entsetzliche Schwere auf meiner Brust war verschwunden, der
dumpfe Schmerz in meinem Unterleib ebenfalls. War ich nun ein Geist wie James?
    Mit einem
hässlichen Geräusch wurde mein Mieder aufgeschnitten und der Stoff
beiseitegerissen.
    »Er hat
die Aorta getroffen«, hörte ich Gideon voller Verzweiflung sagen. »Ich habe
versucht, sie abzupressen, aber ... es hat zu lange gedauert.«
    Kühle
Hände tasteten über meinen Oberkörper und berührten eine schmerzende Stelle
unter meinem Rippenbogen. Dann sagte Dr. White erleichtert: »Es ist nur ein
oberflächlicher Schnitt! Meine Güte, hast du mir einen Schreck eingejagt!«
    »Was? Das
kann nicht sein, sie ...«
    »Der Degen
hat lediglich ihre Haut geritzt. Siehst du? Madame Rossinis Korsett hat hier
offenbar gute Dienste geleistet. Aorta abdominalis - lieber Himmel, Gideon,
was lernt ihr denn im Studium? Für einen Moment habe ich dir wirklich
geglaubt.« Dr. Whites Finger pressten gegen meinen Hals. »Ihr Puls ist auch
kräftig.«
    »Ist alles
in Ordnung mit ihr?«
    »Was ist
denn genau passiert?«
    »Wie
konnte Lord Alastair ihr das antun?« Die Stimmen von Mr George, Falk de
Villiers und Mr Whitman schwirrten alle durcheinander. Von Gideon war nichts
mehr zu hören. Ich versuchte, meine Augen zu öffnen, und dieses Mal ging es
ganz leicht. Ich konnte mich sogar problemlos aufrichten. Um mich herum
leuchteten die vertrauten, bunt bemalten Wände unseres Kunstkellers und über
mich beugten sich die Köpfe der versammelten Wächter. Alle - sogar Mr Marley -
lächelten mir zu.
    Nur Gideon
starrte mich an, als würde er seinen Augen nicht trauen. Sein Gesicht war
leichenblass und auf seinen Wangen waren immer noch die Spuren seiner Tränen zu
sehen.
    Weiter
hinten stand James und hielt sich sein Spitzentaschentuch vor die Augen. »Wenn
ich wieder gucken kann, sag mir Bescheid.«
    »Auf
keinen Fall jetzt, sonst erblindest du auf der Stelle«, sagte Xemerius, der im
Schneidersitz zu meinen Füßen saß. »Ihr fällt nämlich gerade der halbe Busen
aus dem Mieder!«
    Ups. Er
hatte recht. Peinlich berührt versuchte ich, meine Blöße mit den zerrissenen
und zerschnittenen Überresten von Madame Rossinis wunderbarem Kleid zu
bedecken. Dr. White drückte mich sanft zurück auf den Tisch, auf den man mich
verfrachtet hatte.
    »Ich muss
den Kratzer hier schnell reinigen und verbinden«, sagte er. »Dann werde ich
dich gründlich untersuchen. Irgendwelche Schmerzen?«
    Ich
schüttelte den Kopf, um gleich darauf »Aua!« zu stöhnen. Mein Kopf tat nämlich
höllisch weh.
    Mr George
legte mir von hinten seine Hand auf die Schulter. »Oh mein Gott, Gwendolyn. Du
hast uns einen ziemlichen Schreck eingejagt.« Er lachte leise. »Aber das nenne
ich mal eine veritable Ohnmacht! Als Gideon mit dir im Arm hereinkam, dachte
ich ernsthaft, du könntest...«
    »... tot
sein«, vollendete Xemerius den Satz, den Mr George schamhaft in der Luft hatte
hängen lassen. »Ehrlich gesagt, sahst du auch ziemlich tot aus. Und der Junge
war vollkommen aufgelöst! Hat nach Adernklemmen gebrüllt und wirres Zeug
gestammelt. Und geheult. Was glotzt du so?«
    Letzteres
galt dem kleinen Robert. Er starrte Xemerius fasziniert an. »Er ist so süß.
Darf ich ihn mal streicheln?«, fragte er mich.
    »Nicht,
wenn du deine Hand behalten willst, Kleiner«, sagte Xemerius. »Es reicht mir
schon, dass dieser parfümierte Gockel da drüben mich andauernd mit einer Katze
verwechselt.«
    »Also, ich
muss doch sehr bitten. Keine Katze hat Flügel, das weiß ich selber«, rief
James, der sich nach wie vor die Augen zuhielt. »Du bist eine
Fieberfantasiekatze. Eine entartete Katze.«
    »Noch ein
Wort, und ich fresse dich«, sagte Xemerius.
    Gideon war
ein paar Schritte zur Seite gegangen und hatte sich auf einen Stuhl fallen
lassen. Er nahm seine Perücke ab, fuhr sich mit allen zehn Fingern durch die
dunklen Locken und vergrub sein Gesicht in den Händen. »Ich verstehe das
nicht«, klang es undeutlich zwischen den Fingern hervor.
    Da ging es
ihm wie mir. Wie konnte es möglich sein, dass ich eben noch gestorben war und
mich nun wieder quicklebendig fühlte? Konnte man sich so etwas einbilden? Ich
sah auf die Verletzung, die Dr. White verarztete. Er hatte recht, es war
tatsächlich nur ein Kratzer. Der Schnitt, den ich mir mit dem Gemüsemesser
zugefügt hatte,

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