Gier nach Blut
habe?«
»Rede!«
»Ich habe achtzig Jahre gewartet, Sarah. Ich gehöre zu den wenigen, die deinen Fluch und dein Versprechen nicht vergessen haben. Ich will, daß du dir das Blut holst, und ich will auch, daß du es dir von denen holst, die dich damals vernichten wollten. Es gibt die Familie Marquez noch, und ich bin hier, um dich zu ihr zu bringen. Verstehst du? Ich bin dein Freund, dein Helfer. Wir werden zusammenarbeiten, nichts kann uns trennen. Du bekommst dein Blut, und du wirst die Chance erhalten, noch andere Menschen zu Vampiren zu machen, wie ihn.« Ruiz deutete auf den Schreibtisch, wo Flannigan noch immer auf dem Rücken lag und einen schaurigen Anblick bot.
Er war so schrecklich bleich geworden. Seine Haut sah jetzt so aus wie die der Vampirin noch vor kurzem. Nur nicht so faltig und eingerissen und auch etwas heller.
Sein Hals zeigte die roten Striemen. Das Blut war dort eingetrocknet und hatte eine Kruste hinterlassen. Noch immer starrte der neue Untote aus leeren Augen zur Decke, doch er würde irgendwann erwachen und den neuen Trieb spüren.
Plötzlich drückte hinter Ruiz jemand die Tür auf. »Da sind Sie, Chef, ich habe…« Perez stand auf der Schwelle und konnte nicht mehr reden. Er verlor schlagartig die Gesichtsfarbe und wurde so bleich wie Flannigan.
Seine Augen wollten kaum glauben, was er sah, und er schüttelte auch den Kopf.
»Sie ist es, Perez«, sagte Jorge.
»Wer…?«
»Sarah Helen Roberts. Sie hat den ersten Menschen blutleer getrunken, und es hat ihr verdammt gutgetan, wie du mit deinen eigenen Augen sehen kannst.«
Perez konnte nur nicken. Er war einfach nicht in der Lage, einen normalen Satz zu formulieren. Er schüttelte später den Kopf, stöhnte auf und wischte über sein Gesicht.
»Du brauchst keine Furcht zu haben, Perez. Sie ist erst einmal satt. Außerdem weiß unsere Freundin Helen genau, wem sie ihren neuen Zustand zu verdanken hat.«
»Hoffentlich.«
»Jedenfalls sollten wir rasch verschwinden und auch Kleidung besorgen. Nimm den Mantel aus dem Spind und streife ihn der Frau über.«
»Dann können wir ja mit dem Jaguar fahren.«
»Das werden wir auch.«
»Da ist noch etwas, Jefe.«
»Was denn?«
Perez sah etwas unglücklich aus. »In dem Raum, wo der Sarg steht, liegt ein Chinese.«
Ruiz fuhr herum. »Verdammt noch mal, was erzählst du da für einen Bockmist?«
»Es stimmt. Ich habe ihn…«
Ruiz ließ seinen Leibwächter nicht ausreden. »Ich bin selbst in dem Raum gewesen und habe ihn nicht gesehen.«
»Das war vorher.«
»Dann rede, aber fasse dich kurz!«
Perez sprach mit Stotterstimme. Er war noch immer ziemlich von der Rolle, und später glaubte ihm Jorge. »So also ist es gelaufen«, murmelte er. »Gut, lassen wir ihn liegen. Wir müssen so schnell wie möglich von hier verschwinden. Her mit dem Mantel!«
Er bekam ihn. Jorge fühlte sich nicht eben sicher, als er auf die Blutsaugerin zuging, weil er ihr den Mantel über die Schulter legen wollte. Lang genug war er, sie konnte ihn auch anziehen. Unentwegt starrte sie Ruiz ins Gesicht, und er wußte nicht, ob sie bereits an sein Blut dachte.
Sie bewegte sich wie eine normale Frau, und sogar der Mantel paßte ihr relativ gut.
»Jetzt nichts wie weg!« sagte Ruiz.
»Was machen wir mit dem Chinesen? Er war ziemlich ausgeknockt. Soll ich ihn…?«
»Laß ihn liegen. Das wird irgendein Arbeiter sein.«
Ruiz lachte. »Sicherlich wird er, wenn er wieder erwacht, mit seinem Chef sprechen wollen.« Er deutete auf Flannigan. »Was meinst du, was mit diesem Chinesen dann passiert?«
Da mußte auch Perez grinsen, aber wohl war ihm bei der Flucht trotzdem nicht…
***
Die auffliegende Tür mußte Suko an einer besonders empfindlichen Stelle des Kopfes erwischt haben, sonst wäre er nicht so lange groggy gewesen. Er war auch nicht direkt bewußtlos oder weggetaucht. Er hatte noch einen Fluch gehört, auch Schritte und er hatte gespürt, wie man ihn angefaßt und geschüttelt hatte.
Dann hatte man ihn allein zurückgelassen.
Es dauerte seine Zeit, bis Suko wieder in der Lage war – wenn auch unter Kopfschmerzen –, normal nachdenken zu können. Ihm fiel zuerst ein, daß er sich wie ein Idiot benommen hatte und nicht wie ein Mann, der auf jahrelange Erfahrung zurückblicken konnte.
Leicht fiel ihm die Erinnerung noch nicht. Er mußte Steinchen für Steinchen zusammensetzen, um das Mosaik zu bekommen, das ihm ein Bild der Lage gab.
Er hatte das Lagerhaus betreten, war dann in ein Versteck
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