Gier
geeignet.« Potorac nickte. »So wenig Zerstörung des genetischen Materials wie möglich.«
»Aber vor allem, weil du und ich das unglaublich geschickt erledigen können. Und falls wir scheitern sollten, werden wir alles abstreiten. Die italienische Polizei weià nicht, dass wir hier sind. Man wird uns also höchstens für irgendwelche Rebellen mit einer diffusen Verbindung zu Europol halten. Der blinde Rächer und seine mysteriöse Rumänin. Nicht einmal Europol kann da irgendwelche Probleme bekommen.«
»Ich habe keineswegs vor zu scheitern«, sagte Lavinia Potorac.
»Gut«, entgegnete Fabio Tebaldi. »Was hältst du dann davon, ein wenig zu planen?«
In Lettland war kein Hochsommer. Als Jorge Chavez und Laima Balodis auf dem internationalen Flughafen von Riga aus dem Flugzeug stiegen, schneite es. Keiner holte sie ab.
Allerdings wurden sie mittels Handykontakt in eine Tiefgarage zu einem grauen Wagen gelotst, dessen Scheinwerfer einmal kurz aufblitzten. Sie erkannten das Steingesicht hinterm Steuer und begrüÃten sich kurz und höflich.
»Bendiks Vanags«, sagte das Steingesicht und hatte bereits den Schlüssel im Zündschloss gedreht, als die Gäste ihre Namen nannten. Ohne ein Wort zu sagen, fuhr der Chef der nationalen Einheit der Opcop-Gruppe Lettland nach Riga hinein. Aber als die wunderschöne Altstadt durch einen Vorhang aus tanzenden Schneeflocken hindurch sichtbar wurde, begann Bendiks Vanags mit eintöniger Stimme über seine Stadt zu berichten: »Jegliche Kriege im Umfeld dieser Stadt haben sich immer um dasselbe gedreht. Um Riga. Derjenige, der Riga kontrolliert, kontrolliert auch die Handelswege von Russland und Asien auf der Düna, dem Fluss, über den wir gleich fahren werden. Heute sieht der Krieg allerdings anders aus.«
»Wenn du vorhast, dich über den schwedischen Imperialismus auszulassen, steige ich aus«, sagte Chavez.
»Der spricht schon für sich selbst«, antwortete Vanags neutral. »Hier drauÃen haben wir die Bucht von Riga, in der unter anderem die Insel Runö liegt, auf der bis zum August 1944 eine wundersame, Schwedisch sprechende Bevölkerung gelebt hat, bevor die meisten der Inselbewohner vor den sowjetischen Truppen nach Schweden flohen. Im Ãbrigen belegen aktuelle Untersuchungen, dass die Bucht von Riga viel sauberer ist, als man angenommen hat, und dass die Landwirtschaft in den baltischen Ländern bedeutend weniger von den ins Meer geleiteten Abwässern kontaminiert ist, als man befürchtet hat. Also wäre es definitiv eine Katastrophe, wenn ihr mit eurer Hypothese bezüglich der Giftverklappung entlang unserer Küste recht hättet.«
Laima Balodis und Jorge Chavez tauschten einen Blick aus.
»WeiÃt du denn zufällig, ob seit September vergangenen Jahres Wasserproben genommen wurden?«, fragte Balodis.
»Es gab auf jeden Fall keine alarmierenden Berichte «, antwortete Vanags. »Andererseits ...«
»Andererseits gehen diese Berichte zunächst an das Umweltministerium, oder?«, fragte Chavez. »Wo man in intensivem Kontakt mit der italienischen Mafia steht.«
Bendiks Vanags verstummte. Der Wagen überquerte die Düna und fuhr weiter in die Innenstadt von Riga hinein. SchlieÃlich scherte Vanags in eine freie Parklücke ein und brummte: »Ich kann nur hoffen, dass ihr falsch liegt. Hier ist es jedenfalls. Peldu iela. âºIelaâ¹ bedeutet StraÃe.«
Die beiden Gäste schauten aus dem Wagenfenster auf die nichtssagende Fassade eines Gebäudes in der engen StraÃe. Davor standen zwei Polizeiwagen. Bendiks Vanags drehte sich um, und beim Anblick der beiden fragenden Gesichter auf der Rückbank verdeutlichte er: »Das Umweltministerium.«
»Aha«, sagte Laima Balodis.
»Stehen immer Polizeiwagen davor?«, fragte Chavez.
Bendiks Vanags zuckte mit den Achseln, als er sagte: »Wir befinden uns immerhin im Regierungsviertel. Hier ist alles gut bewacht.«
»Offenbar auch sonntags«, stellte Chavez fest. »Wissen wir, wo sich Staatssekretär Kristaps Bergmanis an diesem Wochenende aufhält?«
»Wie mir mitgeteilt wurde, auf dem Land, gemeinsam mit seiner Familie«, antwortete Vanags.
»Und dort soll er auch bleiben«, sagte Chavez. »Um seine letzten Atemzüge in Freiheit zu genieÃen.«
Laima Balodis begann in ihrem Handgepäck zu kramen und erklärte:
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