Gier
Jutta Beyer aus und ballte die Hand zur Faust. »Geld.«
»Okay«, meinte Söderstedt. »Gift, Fluss, Geld. So weit, so gut. Und die Worte vor âºdngulâ¹? Ich bin mir ziemlich sicher, dass âºnyal khriâ¹ eine Einheit bildet ...«
»Aus zwei Worten?«, fragte Beyer und tippte sie in ihren Computer ein. Sie versuchte es mit unterschiedlichen Schreibweisen und landete nach ein paar abschlägigen Antworten einen Treffer: »bed«.
»Bett?«, fragte Söderstedt skeptisch.
Das ungleiche Paar saà eine Weile schweigend in der Frühlingssonne von Breda. SchlieÃlich fragte Beyer: »Ist es zu optimistisch, âºbedâ¹ als âºHerstellung von Polstermöbelnâ¹ zu deuten? Betten?«
»Ein wenig optimistisch schon, nicht wahr? Gift, Fluss, Geld, Bett?«
»Dann lass uns eben einmal optimistisch sein«, entschied Jutta Beyer. »Wegen des Geldes wird mit der Herstellung von Betten der Fluss vergiftet?«
»Oder wie wir es ausdrücken würden: wegen des Profits«, meinte Söderstedt. »Aber okay, wir lassen es erst mal so stehen. Das bedeutet, dass wir noch vier Worte übrig haben. Ich bin mir sicher, dass zwar ein winziger Zwischenraum zwischen ihnen war, aber sie dennoch zusammenhingen. In dem Fall haben wir: »rgyl mo rngul chu.«
»Kein Treffer bei âºrgylâ¹ und âºmoâ¹Â«, sagte Beyer und tippte weiter. »Aber bei âºrngulâ¹ haben wir etwas. Es bedeutet âºSchweiÃâ¹.«
»Ja, dieses übermäÃige Schwitzen«, sagte Söderstedt. »Deine beeindruckende Hyperhidrose.«
»Und âºchuâ¹ bedeutet âºWasserâ¹Â«, erklärte Beyer und deutete auf den Bildschirm.
»Okay«, sagte er. »Gift, Fluss, Geld, Bett, SchweiÃ, Wasser. Aber kein Hinweis darauf, wo. Warum nur? Es müsste ihm doch extrem wichtig gewesen sein, zu sagen, wo sich dieser Fluss befindet, oder?«
»Obwohl seine Aufzählung sowieso nur sehr bruchstückhaft ist.«
»Oder sind die noch fehlenden âºrgylâ¹ und âºmoâ¹ â unsere no hit wonders â geografische Bezeichnungen?«, fragte Söderstedt, der gegen seinen Willen sein paralleles Universum zu verlassen begann und langsam, aber sicher in das tibetische hineingesogen wurde.
»Ich google sie mal«, beschloss Beyer und gab die beiden Worte ein.
Sie landete einen Treffer. Nicht mit »rgyl« und »mo«, sondern erst, als sie alle vier Worte zusammen eingab. »Rgyl mo rngul chu« war nicht in erster Linie ein Hinweis auf Schweià und Wasser, sondern die Wortfolge war der Name eines Flusses.
»Der Salween River, oder bei uns Saluen«, sagte Jutta Beyer atemlos. »Rgyl mo rngul chu. Schweià und Wasser sind schlicht und einfach Bestandteile des tibetischen Namens für den Saluen.«
»Verflixt noch mal«, rief Söderstedt aus und hielt seine Hand über den Bildschirm, um Schatten zu erzeugen. »Das Rätsel ist gelöst. Zhang Sang hat mir ins Ohr geflüstert: âºFluss / Gift / Saluen / Gift / Bett / Geld / Flussâ¹.«
»Der Saluen mündet in die Andamanensee im Indischen Ozean«, las Jutta Beyer von dem beschatteten Bildschirm ab. »Genauer gesagt, in Burma. Zuvor bildet er den Grenzfluss zwischen Thailand und Burma. Aber gröÃtenteils flieÃt er durch China. Und sein Oberlauf flieÃt durch Tibet.«
»Ich habe das Gefühl, unsere nächste Aufgabe besteht darin, Möbelindustrien entlang der tibetischen Strecke des Saluen auszumachen«, meinte Arto Söderstedt.
»Möbelindustrien, die bromierte Flammschutzmittel und perfluorierte Tenside anwenden«, fügte Jutta Beyer hinzu.
»Von denen du ja andauernd redest«, meinte Söderstedt.
»Das kann man wohl sagen«, bestätigte Beyer und lächelte breiter, als er sie je hatte lächeln sehen.
»Lass mich noch einen anderen Gedankengang durchspielen«, sagte Söderstedt. »Wir wissen ja, dass einer der Gründe für die Krise des schwedischen Unternehmens Endymion möbelsystem AB chinesische Produktkopien waren. Raubkopien. Ist diese Firma, die wahrscheinlich rücksichtslos ihr Gift in Tibet verklappt, möglicherweise eine der Fabriken, die Endymion mit Kopien das Leben schwer gemacht hat?«
»Aber was veranlasst dich zu der Annahme?«, fragte Jutta Beyer.
»Was weiÃt du zum Beispiel über chinesische Designerbetten?«,
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