Gier
die Giftmüllbranche erwähnt hat. In Polstermöbeln finden sich einige der gefährlichsten modernen Umweltgifte â bromierte Flammschutzmittel und perfluorierte Tenside. Endymion stellt doch hauptsächlich Polstermöbel her, nicht wahr?«
»Möbel, auf denen man laut Aussage des Herstellers so gut sitzt oder liegt, dass man Gefahr läuft, sofort einzuschlafen.« Paul Hjelm nickte. »Hast du Endymion im Hinblick darauf genauer untersucht?«
»Nein, ich bin noch nicht dazu gekommen«, antwortete Jutta Beyer.
»Aber ein auÃerordentlich guter Gedanke«, lobte Paul Hjelm. »Arto und Jutta, ihr arbeitet weiter an Endymion . Findet heraus, woher die rettende Investition kam. Und werft einen Blick auf den Umgang des Unternehmens mit Umweltgiften. Koordiniert das Ganze mit Stockholm.«
Hjelm fiel auf, dass Söderstedt väterlich lächelte, als er ein glückseliges Strahlen über Beyers sonst so zurückhaltende Gesichtszüge huschen sah. Ja, diese Zusammenarbeit würde offenbar funktionieren. Hjelm räusperte sich und fuhr fort: »Die groÃe Frage lautet natürlich, worin der Zusammenhang zwischen den drei Instanzen StockholmâSüditalienâLettland besteht. Diesbezüglich haben wir die Computerspezialisten eingeschaltet, deren Einheit aktuell von Kommissar Jorge Chavez geleitet wird.«
Chavez war mit seinem Bürostuhl langsam und erstaunlich geräuschlos vom hinteren Bereich der Bürolandschaft herangerollt. Hjelm fand es interessant zu beobachten, welcher der Anwesenden zusammenzuckte, als Chavez wie aus dem Nichts heraus seine Stimme erhob: »Wie ihr wisst, sind die Mails von Carl-Henric Stiernmarck kurz und stark verschlüsselt. Drei von ihnen sind an unterschiedliche Mailadressen in Italien geschickt worden, wobei eine als verborgene Kopie auch an eine Adresse in Lettland ging. Eine Mail wurde im September vergangenen Jahres gesendet, eine im November und eine, die mit der Kopie nach Lettland, im Februar dieses Jahres. Mein ehemaliger Kollege in Stockholm, Jon Anderson, hat bereits festgestellt, dass zumindest eine der drei Mails von einer MAC-Adresse empfangen wurde, die in der Vergangenheit zweimal im Zusammenhang mit internationalen Mafiaermittlungen auftauchte und aus diesem Grund Europol vorliegt. Wem der Computer gehört, ist allerdings nach wie vor unbekannt. So weit sind wir diesbezüglich gekommen.«
»Sag, dass ihr inzwischen weiter seid«, bat Hjelm mit einer abwegigen Hoffnung in der Stimme.
»Nicht viel«, entgegnete Chavez, »aber ein wenig weiter sind wir schon. Ich will euch nicht mit Einzelheiten langweilen, aber wir haben zwei unterschiedliche MAC-Adressen der Empfänger aufgetan â die verschlüsselten Mails von Stiernmarck sind also geöffnet und allem Anschein nach auch entschlüsselt worden. Die Mails nach Italien gingen an verschiedene Mailadressen mit unterschiedlichen IP-Adressen. Die kann man leicht verschleiern, dafür gibt es eine Menge Hilfsmittel. Aber der individuelle Fingerabdruck des Computers â die MAC-Adresse â ist nicht so leicht zu verbergen. Wir haben also zwei davon identifiziert â eine MAC-Adresse in Italien und eine in Lettland â und diese mit Personen in Verbindung bringen können. In Italien befinden wir uns nicht in Kalabrien, wo die âNdrangheta ihren Sitz hat, sondern in der Basilicata, der etwas weiter nordöstlich, rund um Potenza, gelegenen Region und, wenn man so will, genau in der Mitte zwischen der âNdrangheta und der Camorra. Sagt dir das etwas, Tebaldi?«
Fabio Tebaldi wirkte nachdenklich. »Nicht direkt«, antwortete er. »Eine ziemlich triste Bergregion ...«
»Es wird behauptet, dass der Besitzer des betreffenden Computers in der erdbebengefährdeten Stadt Potenza wohnt und Ottavio Mascaro heiÃt. Wir haben uns bei der lokalen Polizei erkundigt, aber der Name findet sich nicht in ihrem Register.«
»Das erinnert mich an irgendetwas«, sagte Tebaldi, »aber ich weià nicht genau, an was. Gebt mir ein wenig Zeit, um darüber nachzudenken.«
»Die sollst du haben«, sagte Hjelm und wandte sich wieder an Chavez: »Und die lettische Adresse?«
»Haben wir in der Hauptstadt Riga lokalisiert«, antwortete Chavez. »Die betreffende Person heiÃt offenbar Kaspars Helmanis, doch die lettische Polizei kennt diesen Namen ebenfalls nicht. Keiner der beiden ist
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