Gier
übrigens im Europol-Register aufgeführt. Aber wir haben immerhin einen Anhaltspunkt. Wir werden natürlich versuchen, diese beiden Personen, wenn es sie denn gibt, zu identifizieren sowie die Mails zu entschlüsseln. Wenn uns das gelingt, haben wir vermutlich den Schlüssel zu dem Ganzen.«
»Aber kommen wir damit der âNdrangheta näher?«, fragte Fabio Tebaldi. »Ist das wirklich die Pipeline in die innere Struktur der Mafia, wie wir angenommen haben?«
»Scheint so«, entgegnete Chavez. »Aber irgendein Puzzleteil fehlt uns noch. Und es ist klar, dass wir den Code knacken müssen. Dann haben wir einen entscheidenden Schritt hinein ins Zentrum gemacht.«
»Wie sind die Mails eigentlich codiert?«, fragte Felipe Navarro. »Handelt es sich um Buchstabencodes?«
»Ja«, antwortete Hjelm. »Die Mails sehen aus, als hätte jemand wahllos die Tastatur bedient. Lange Buchstabenreihen. Ich werde die Originalmails ins Intranet stellen, und ihr könnt sie euch gerne ansehen, wenn ihr Zeit habt. Alle Vorschläge werden berücksichtigt.«
»Wenn sich der Chef nicht gerade in London aufhält«, merkte Marek Kowalewski an.
»Er wird wie immer vierundzwanzig Stunden am Tag erreichbar sein«, entgegnete Hjelm trocken. »Aber jetzt kommen wir zu Lettland.«
»Das sich in einer absoluten Sackgasse befindet, das kann ich euch versichern«, sagte Corine Bouhaddi mit Nachdruck. »Es ist ungewohnt, in unserer heutigen Zeit mit einer derartig imperialistischen Geschichte konfrontiert zu werden. Apropos neutrales und malerisches Schwedenland â das kleine Lettland ist vollständig von schwedischen Banken überschwemmt worden, die offensichtlich jedem noch so armen Schlucker Millionenkredite gewährt haben. Sie haben die schwedischen Gelder förmlich ins Baltikum hineingepumpt, aber hauptsächlich ins kleine Lettland. Inzwischen ist das Land in die Knie gegangen, keiner kann dort seine himmelhohen Kredite abbezahlen, und die schwedischen Kreditgeber müssen sich einer groÃen lettischen Insolvenzmasse annehmen, von Unternehmern wie von Privatpersonen. Einiges deutet darauf hin, dass Lettland bald in die FuÃstapfen von Island tritt. Sie bekommen keine Darlehen aus dem Ausland, und keiner will ihre Währung auch nur mit der Zange anfassen. Bald wird man Notdarlehen vergeben müssen, um eine nationale Insolvenz und die starke Abwertung der Währung zu verhindern, und wer muss dann wohl den Geldsack aufmachen? Die schwedische Regierung und die schwedischen Steuerzahler.«
»Das ist sehr interessant«, sagte Felipe Navarro kühl, »und das meine ich ernst, aber was hat das mit unserem Fall zu tun?«
»Ich habe nur die Voraussetzung für jegliche Aktivitäten im heutigen Lettland geschildert«, entgegnete Bouhaddi und fuhr unbeirrt fort: »Und wenn wir feststellen, dass es unmittelbar zu Beginn der Krise Aktivitäten zwischen dem schwedischen Kapital, der italienischen Mafia und einer unbekannten Instanz in Riga gab, dann glaube ich, dass wir vor dem schwedischen Imperialismus nicht länger die Augen verschlieÃen können.«
»Das fandest du jetzt aber wirklich lustig, nicht wahr?«, fragte Chavez.
»So ist es«, entgegnete Bouhaddi ernst. »Punkt, aus.«
»Es wird aber nicht mehr ganz so lustig sein, wenn tatsächlich eine starke Abwertung einsetzt«, merkte Laima Balodis an. »Es ist auch jetzt schon nicht lustig, auch nicht in Litauen. Unsere Machthaber sind einem kapitalistischen GröÃenwahn verfallen. Und die ausländischen Kapitalisten haben natürlich die Gelegenheit beim Schopfe ergriffen. Nicht zuletzt die EU, egal um welchen Preis.«
»Obwohl ich das damit gar nicht sagen wollte«, merkte Bouhaddi an. »Ich meinte eher: Dann glaube ich, dass wir nicht länger die Augen verschlieÃen können, da das Ganze mit der Finanzkrise zusammenhängt. In der einen oder anderen Hinsicht.«
»Hat euer schwedischer Kapitalist über Lettland ein Darlehen aufgenommen, um sein Unternehmen zu retten?«, fragte Miriam Hershey. »Darüber haben Laima und ich uns nämlich gerade unterhalten.«
»Wir fragen uns«, fügte Laima Balodis hinzu, »ob es eine direktere Verbindung zwischen der russischen und der italienischen Mafia gibt, als wir bisher annehmen? Denn schlieÃlich ist es die russische Mafia, die in den
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