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Gier

Gier

Titel: Gier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Dahl
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baltischen Staaten die Bedingungen stellt, glaubt bloß nicht, es wäre anders.«
    Â»Aber sie haben kaum mehr Muskeln als die ’Ndrangheta«, merkte Fabio Tebaldi an.
    Â»Gemeinsam werden sie ziemlich anabole Muskeln ausbilden«, meinte Hershey. »Sie rahmen Europa gewissermaßen ein. Aber wie man unserem verehrten Chef ansieht, verlieren wir uns in Spekulationen. Andererseits war es genau das, was wir tun sollten, als wir nach lettischen Verbindungen gesucht haben.«
    Â»Alle Meinungen und Vorschläge werden berücksichtigt«, wiederholte Hjelm trocken. »Aber im Moment kommen wir nicht so recht vom Fleck. Kowalewski?«
    Â»Ich habe nichts weiter anzumerken«, erwiderte Marek Kowalewski ruhig. »Ich stelle lediglich fest, dass die Rate der Gewaltverbrechen in Lettland zurückgeht, während die der Wirtschaftskriminalität in die Höhe schnellt. Es gibt jede Menge Geld- und Kreditkartenfälschungen, Geldwäsche, Betrügereien, Kunstdiebstahl, um den sich keiner kümmert, Copyright- und Cyberverbrechen. Lettland ist schlicht und ergreifend dabei, in Europa integriert zu werden.«
    Â»Ist das nicht schön?«, fragte Balodis.
    Â»Und wohin führt das letztlich?«, fragte Hjelm. »Was sagen unsere Experten für die italienische Mafia?«
    Â»Es gibt nur einen«, merkte Lavinia Potorac an. »Wir anderen sind Back-ups.«
    Â»Dann beginnen wir mit den Back-ups«, sagte Hjelm. »Bitte.«
    Â»Ich habe mich näher mit der Gewalt der ’Ndrangheta befasst«, sagte Potorac. »Es gibt nicht gerade viele Worte dafür. Aber ich werde sowieso nicht viel dazu sagen. Nur eines: Dieser Gewalt muss Einhalt geboten werden. Over and out.«
    Hjelm nickte. Er nickte, als würde ein Entschluss in ihm reifen. Er drehte den Kopf ein wenig zur Seite und sagte: »Angelos?«
    Angelos Sifakis lächelte mild und ergriff das Wort: »Wenn man sich die wenigen Gerichtsprozesse der vergangenen fünf oder zehn Jahre in Süditalien anschaut, mal abgesehen von Sizilien und Neapel, erhält man vermutlich einen ganz guten Einblick in die üblichen Kontakte zwischen Politikern, Unternehmern und Mafiosi. Man muss das Ergebnis nur mit dem Faktor hundert multiplizieren. Es gibt sie überall. Berlusconi, ich bitte euch, in seinem Lager herrscht nicht einmal ein Anflug von Anständigkeit, aber so ist es überall, im rechten wie im linken Lager, bei Arm und Reich, bei der Polizei und bei der Justiz. Die wenigen Untersuchungsrichter, die bereit sind, etwas dagegen zu unternehmen, wissen, dass ihre Tage gezählt sind. Aber sie versuchen es wenigstens. Und während sie aufstehen, sagen sie einhellig mit vom Tode gezeichneter Stimme, die keiner so wahrzunehmen scheint: ›Europa wird innerhalb der nächsten zehn Jahre von der Mafia übernommen werden.‹ Lavinia und ich sind vermutlich am unterschiedlichsten von allen Anwesenden hier in dieser verdammten Bürolandschaft, aber wir sagen das Gleiche und haben dasselbe Ziel, und keiner von uns beiden wird sich damit abfinden. Nicht, bevor wir tot sind. Da hast du den Back-up, Chef.«
    Paul Hjelm lachte. Es war ein bedächtiges, langsam anwachsendes, aber auch verzweifeltes Lachen. Und währenddessen wuchs auch die Einsicht. Die Einsicht, dass er sie über alles informieren musste. Dass es keine Geheimnisse zwischen ihnen geben durfte. Kein doppeltes Spiel – wenn diese Gruppe hier eine Zukunft haben sollte.
    Er war schließlich kein interner Ermittler mehr.
    Und definitiv kein Politiker.
    Er hörte abrupt auf zu lachen, dann sagte er: »Irgendeiner hier im Raum hat trotz unserer äußerst strengen Geheimhaltungspflicht einem Außenstehenden von der Existenz der Opcop-Gruppe berichtet. Wer von euch war das?«
    Alle hielten die Luft an. Keiner verzog eine Miene.
    In die Totenstille hinein sagte Paul Hjelm: »Wer es jetzt zugibt, hat nichts zu befürchten. Aber Straffreiheit und totale Absolution gelten ausschließlich in diesem Moment. Verstanden? Wenn derjenige jedoch damit hinter dem Berg hält, werden langwierige, kostenintensive und qualvolle interne Ermittlungen den Geheimnisverrat ans Licht bringen, und dann werden die zehn Jahre Gefängnis in der Tat aktuell. Derjenige soll es also jetzt sagen, denn dann können wir den Faden weiterverfolgen. Es handelt sich letztlich um eine Information, die wir benötigen.«
    Niemand wagte es,

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