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Giftiges Grün

Giftiges Grün

Titel: Giftiges Grün Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elsemarie Maletzke
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einzigen Besuch daran erinnerte.
    Er war hingefahren, hatte eine Ruine und einen langen schlaksigen Kerl mit dreckigen Fingernägeln und einer Rohrzange vorgefunden, der sich wenig auskunftsfreudig zeigte. Deshalb hatte er im Maklerbüro angerufen und sich als Interessent an dem beschriebenen Objekt ausgegeben. Man hatte ihn zu einem Besichtigungstermin und einer Besprechung in Herrn Bruants Büro eingeladen.
    Horst K. Eilemanns großspurige Visitenkarte und linkische Erscheinung konnten den alten Leguan keine zwei Minuten über dessen wahre finanziellen Möglichkeiten hinwegtäuschen. Bruant kannte sich aus in Schuhen und Windjacken. Aber anstatt ihn hinauszukomplimentieren, ließ er sich in einer heiteren Regung auf ein Gespräch ein, in dessen Verlauf Eilemanns mangelnde Raffinesse und Bruants zweitbester Cognac den Inhalt von Heinrich Weils erstaunlichem Testament zum Vorschein brachten. Eilemann erfuhr seinerseits, dass Marion die Tochter von Herrn Bruant war, die er auf so tragische Weise verloren hatte, und zu seiner Überraschung, auch der geschiedene Ehemann von Madame Rose, die sich vorübergehend Weil genannt hatte. Diese Auskünfte gab es gratis.
    Dazu machte sich der Geschäftsmann Bruant erbötig, seinem Besucher im Erfolgsfall gegen eine kleine Provision von elf Prozent der gesamten Erbmasse den Mann vorzustellen, den er den niemals überführten Mörder seiner Tochter und diesen »dreckigen Poussierstengel« nannte, »der es mit sämtlichen Weibern im Haus getrieben hat und seinen Schwanz in alles reinsteckt, was Beine hat«. Er habe Marion geschändet, seine kleine Marion, sein fröhliches, schönes, aufgewecktes Kind, sein Täubchen und sein Augapfel. Sie habe kein liebevolles Zuhause gekannt, und deshalb sei es für Gerswiller ein Leichtes gewesen, sich in ihr Vertrauen einzuschleichen, sie zu verführen und ihr die Unschuld zu rauben. Marion habe seinen Schwüren geglaubt, diesem Schwein, das nur mit ihr gespielt und sie dann weggeworfen habe. Aus Verzweiflung über seine Untreue sei sie ins Wasser gegangen. Er, Bruant, überlasse es Herrn Eilemanns Spürsinn, die Schuld des Mörders aufzudecken und ihn der verdienten Strafe zuzuführen. Dass dies eine gesetzliche sein müsse, erwähnte er nicht ausdrücklich.
    Eilemann war nicht leicht durch obszöne Reden zu schockieren; er fragte auch nicht, welche Vaterrolle Bruant in diesem Zuhause gespielt hatte, sondern lachte zustimmend. Er fühlte sich bereits als Verbündeter.
    Dass der Mörder nun ausgerechnet der Typ mit der Rohrzange sein sollte, der ihn eine Woche zuvor auf der Terrasse von Buchfinkenschlag kurz abgefertigt hatte, und dass Lina in Klamotten steckte, die ganz offensichtlich nicht ihr, sondern dem dreckigen Poussierstengel gehörten, berührte Eilemann hingegen peinlich. Wenn er schon vorher nicht gewusst hatte, wie er den Kerl zu packen bekommen sollte, so blieb ihm jetzt nur noch seine Bereitwilligkeit, ein lustiges Gesicht zu machen. Bruant war ihm keine Hilfe.
    »Ich schulde dir gar nichts, Alphonse«, sagte Gerswiller. »Wir machen schon lange keine Geschäfte mehr zusammen. Du nicht mit mir und ich nicht mit dir. Deshalb sei so gut und verpiss dich.«
    Bruant war aber nicht gekommen, um seinen beiden Unterstützern das Haus des Gärtners zu zeigen und sich wieder zu verpissen. Er antwortete:
    »Du täuschst dich, Johann. Wir hatten ein Abkommen, dem du seit einiger Zeit nicht mehr gewillt bist nachzukommen. Mir sind dadurch finanzielle Verluste entstanden. Ich bin hier, um sie zu begleichen.« Er schaute sich sinnend um. »Nett hast du dich eingerichtet. Schöne Stühle – und der Sheraton-Sekretär – aus der Bibliothek, stimmt’s? – Ah!« Er grinste so breit und lippenlos, dass er Lina wie eine schwarzweiße Kasperpuppe erschien. »Ich nehme die beiden Ridinger als Anzahlung«, und er zeigte dem kahlen beringten Mann die Bilder mit dem Wild an der Tränke.
    »Das wirst du nicht!«, rief Gerswiller und trat vor den Sekretär. »Hau ab, du Arsch!« Der Otzenhausen Breakdown Blues war jedoch schneller. Er versetzte Gerswiller einen Faustschlag vor die Brust, der ihn bis zum Tisch zurücktaumeln ließ, während der zweite bedächtig die beiden Kupferstiche von der Wand nahm.
    »Das sind meine!«, schrie Gerswiller, und rempelte zum zweiten Mal mit dem blauen Hemd zusammen. »Das sind Geschenke von Rose.«
    »Ich lache bisweilen gern über deine kleinen Scherze«, sagte Bruant, »aber dieser ist mir nicht verständlich. Und

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