Giftiges Wasser
schlug vor, noch eine Viertelstunde zu warten und dann das weitere Vorgehen zu besprechen. Bob war einverstanden und sie versanken in brütendes Schweigen.
Aber bald stand Justus ächzend wieder auf. Die Untätigkeit zerrte an seinen Nerven. Bob reagierte nicht.
»Bist du noch sauer?«, fragte der Erste Detektiv nach einiger Zeit.
»Nee«, sagte Bob gedehnt, »aber du bist irgendwie anstrengend in den letzten Tagen.« Er sah Justus an. Sie schwiegen wieder und starrten zu Mister Waltons Firmengebäude hinüber.
»Hast ja recht«, sagte Justus. »Kommt so schnell nicht mehr vor.«
Wieder fuhr ein Auto vorüber und kurz darauf ein zweites. Der Uhrzeiger rückte auf halb fünf.
»Ganz schön heiß in der Sonne.« Justus ging auf der Straße auf und ab. Unzufrieden kratzte er sich am Kopf, in dem es noch immer zuging, als hätte sich ein Wespenschwarm eingenistet. Aber er fühlte sich seltsamerweise bedeutend besser als vor seinem K. o. Er überdachte ihre Situation. Vielleicht steckte Peter doch in der Klemme. Und er, Justus, hatte mit dieser ganzen Aktion einen großen Fehler gemacht. Er beschloss, ihn auf der Stelle wiedergutzumachen.
»Okay«, entschied er, »wir suchen ihn.«
»Nicht nötig«, schrie Bob ausgelassen, »guck mal, wer da kommt!«
Locker trabte Peter über die Straße und wurde von Bob überschwänglich umarmt. Justus begnügte sich mit einem Klaps. Eigentlich hatte er für Alleingänge überhaupt nichts übrig. Aber heute hatte er selbst nicht gerade Lorbeeren verdient. Besser, er hielt den Mund. »Na«, sagte er, »Recherche erfolgreich beendet?«
»Und wie!« Der Zweite Detektiv strahlte übers ganze Gesicht und zog ein Foto aus der Hosentasche.
»Dafür wurde Justus niedergeschlagen«, warf Bob ein.
Peter riss die Augen auf, beruhigte sich aber sofort wieder, als er an Justus weder Schrammen noch sonstige Spuren einer ernsthaften Verletzung feststellte. »Ich habe keine Menschenseele gesehen.«
»Ich eigentlich auch nicht«, gab Justus unsicher zu. »Aber hinter den Gebäuden war anscheinend doch jemand.« Er deutete auf das Foto: »Lass sehen!«
»Da haben wir unseren Mister Walton«, sagte Peter. Das Bild zeigte einen massigen Mann mit einem Stetson, umringt von Leuten in blauen Arbeitskitteln. Der Text unter dem Foto machte deutlich, dass es bei einer Betriebsfeier zur Ehrung langgedienter Mitarbeiter aufgenommen worden war.
»Vor vier Monaten hat er seinen Betrieb dichtmachen müssen. Aber da drin sieht alles so aus, als ob die Produktion jederzeit wieder aufgenommen werden könnte.«
»Und was wird da fabriziert?«
»Irgendwelche hypermodernen Industrievliese und Filter. Fragt mich nicht wofür.«
Justus schlug Peter vor, auf dem Rückweg in die Stadt alles der Reihe nach zu berichten. Langsam radelten sie durch die Ahornallee, und der Zweite Detektiv berichtete mit stolzgeschwellter Brust von den Schlössern, die er mithilfe der Fahrradzange geknackt hatte, und von seinem Streifzug durch das Reich von Mister Walton.
»Der hängt bestimmt in dieser Geschichte drin«, stellte er mit Nachdruck fest. »Wir müssen herausfinden, warum die Produktion stillsteht.« Er erzählte von den Plakaten in den Hallen, die das Datum der Betriebsschließung mitgeteilt hatten. Eine Begründung dafür hatten sie nicht enthalten.
»Aber was war los mit diesem Betrieb?«, rief Bob. »Und wo sind die Beschäftigten jetzt?«
Sie hatten den Stadtrand erreicht und entschieden, sofort zur Sedona Tribune zu fahren. Peter, noch immer aufgekratzt, fuhr voraus. Mit traumwandlerischer Sicherheit bewegte er sich durch das Straßengewirr, als kenne er Sedona wie seine Westentasche.
Vielleicht hat er neuerdings ein fotografisches Gedächtnis, kombinierte Justus, und trägt den Stadtplan komplett im Kopf. »So wie ich ein Wespennest«, murmelte er und hängte sich an Peters Hinterrad, was nicht so einfach war angesichts der Menschenmenge, die sich schon wieder durch die Straßen wälzte.
Sie kamen an dem Lokal vorbei, in dem sie am Vorabend Ruth und Chosmo kennengelernt hatten. Und in der nächsten Seitenstraße lag die Redaktion.
Eine Journalistin ist verschwunden
Die Redaktion war ganz anders als die Büroräume, in denen Bobs Vater in Los Angeles bei der Post arbeitete. Kein Wolkenkratzer, keine Spiegelfenster, kein Glasaufzug und kein Foyer mit Ledercouch. Bei der Sedona Tribune ging’s einfacher zu und vermutlich auch etwas gemütlicher. Bei seinem Vater musste Bob immer an der Portiersloge auf
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