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Giftkuss

Giftkuss

Titel: Giftkuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zara Kavka
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missbraucht. Es waren einfach zu viele und ich schwöre dir, diesen Job hätte ich sowieso bald aufgegeben.«
    Er nahm einen Schluck Limo und verzog das Gesicht. »Hmmm, vielleicht ein Schuss zu viel Zitrone, aber köstlich! Probier mal.«
    Cleo trank. Sie fühlte sich fast wohl in diesem Moment. Sie mochte die Art, wie er sprach. Mit der einen Hand hielt er sein Glas fest, mit der anderen gestikulierte er, als würde er dirigieren.
    »Das Drama fing an, als wir einen Anruf von einer Nachbarin bekamen. Es würde immer so ein Gestank aus der Wohnung dringen, sagte sie. Die Kinder müssten im Dreck leben, würden nicht versorgt und so. Ich bin also hin. Die größere Tochter, Sabrina, hat mir die Tür geöffnet und behauptet, dass keiner daheim wäre und sie niemanden reinlassen dürfe. Ein bisschen konnte ich an ihr vorbei und über sie hinweg sehen. Der Flur war eine einzige Müllhalde und so roch es auch. Ich habe dann einen Termin mit ihr vereinbart, bin noch mal hin und da sah alles tipptopp aus.«
    »Da haben sie extra geputzt.«
    »Genau. Und zwar Sabrina ganz allein. Ich habe ja ihre Mutter kennengelernt, die war stark übergewichtig. Die hätte gar nicht putzen können.«
    »Und die kleine Schwester?«
    Er lächelte und blickte in sein halb geleertes Glas.
    »Das war eine Süße. Die machte immer so nette Quietscher, wenn sie sich freute. Sabrina hat sie mit Eis gefüttert, als ich da war, eine berührende Szene.« Er hielt kurz inne. »Ich mochte sie beide, vor allem Sabrina. Sie war vierzehn, als ich sie kennengelernt habe. Ich sehe sie noch vor mir. Sie hatte eine Menge Verantwortung zu tragen. Der Vater war weg, die Mutter unfähig, die kleine Schwester behindert. Aber sie hatte eine enorme Kraft. Ich wusste natürlich, dass sie mich anlog, als sie meinte, dass sie Freunde treffen und ein normales Leben führen würde. Sie wollte nicht, dass man sich einmischte, hatte Angst, ich würde die Familie auseinanderreißen. Und zu Recht. Im Nachhinein habe ich mir natürlich Vorwürfe gemacht, nicht eingegriffen zu haben.«
    »Was ist passiert?«
    »Sabrina ist für ein paar Tage auf Klassenfahrt gewesen. Sie hatte alles perfekt vorbereitet: eingekauft, geputzt, sogar eine Nachbarin gebeten, nach ihrer Familie zu schauen. Die Kleine brauchte ja Medikamente. Aber die Mutter hat die Nachbarin nicht reingelassen. Das Kind hat sie einfach vergessen. Die Kleine lag tot in ihrem Bett, als Sabrina von der Klassenfahrt zurückkam.«
    »Was?« Cleo schlug die Hand vor den Mund. Schließlich brachte sie mühsam hervor: »Hat… hat Sabrina sie gefunden?«
    »Ja, hat sie.«
    »Oh Gott, wie furchtbar!«
    »Und das war noch nicht alles.«
    Herr Mortzfeld stellte sein Glas hinter sich auf ein kleines Tischchen und knetete seine Hände. »Ich kann es kaum erzählen, so wütend bin ich darüber.«
    Er machte eine Pause und Cleo überlegte, ob sie wirklich hören wollte, was er noch zu sagen hatte. In dem Moment sprach er schon weiter: »Die Mutter hat nach Lauras Tod mit dem Sprechen aufgehört. Hat einfach nicht mehr geredet und Sabrina total alleine gelassen mit ihrem Trauma. Das arme Mädchen.«
    Er schüttelte den Kopf und nahm erst nach einer Weile den Faden wieder auf, als hätte er sich wappnen müssen für das Folgende.
    »Sabrina hat dann ihren Vater aufgesucht. Nach sieben Jahren! So lange hat er sich nicht blicken lassen, das muss man sich mal vorstellen! Mittlerweile hatte der eine neue Familie und war stinkreich. Sie wollte ihn um Hilfe zu bitten. Da kann man mal sehen, wie verzweifelt sie gewesen sein muss. Und was hat der getan? Was meinst du?«
    Herr Mortzfeld hatte seine Stimme erhoben und die Hunde begannen zu kläffen.
    »Was hat er denn getan?«
    »Er hat sie nicht mal in seinen Palast gebeten, sondern einfach mit den Worten weggeschickt: Verschwinde, ich habe keine Tochter!«
    Er sprach nicht weiter, sondern starrte die Wand an.
    »Er hat sie einfach weggeschickt?«
    Herr Mortzfeld nickte und Cleo versuchte, sich in Sabrina hineinzuversetzen. Was für eine tragische Situation. Sie hatte wahrscheinlich ihren ganzen Mut aufbringen müssen, um ihren Vater aufzusuchen. Wie musste Sabrina ihn in diesem Moment gehasst haben!
    Herr Mortzfeld kramte ein Stofftaschentuch aus seiner Hosentasche und schnäuzte sich dezent. »Entschuldige, das nimmt mich alles sehr mit. Jetzt siehst du auch, warum der Job nichts für mich war.«
    Cleo lächelte ihn an. »Schade eigentlich. Gerade Menschen wie dich könnten solche

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