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Giftweizen

Giftweizen

Titel: Giftweizen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heike Schroll
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eine Herausforderung für sie. »Na, so viele Akten sind es zum Glück ja nicht ... Hat Lemke sich denn nur hier im Kreis Gardelegen aufgehalten?«
»Nein. Aber sein Radius war nicht groß, soweit ich es bis jetzt ermitteln konnte. Ein halbes Jahr wohnte er in Kalbe; dann noch mal fast ein Jahr bei Salzwedel.«
»Also müsste man auch dort in den Polizei-Archiven suchen.«
Judith nickte. »Das kann ich aber leicht veranlassen, wenn wir im eigenen Archiv fündig geworden sind. Und irgendwo müssen wir ja anfangen.«
»Und meine Legende?«
»Sie ist uns quasi in den Schoß gefallen: Unser toter Unbekannter in der Pathologie wurde vor langer Zeit schwer verletzt. Dr. Renz fand alte Schusswunden auf der Brust und verheilte Brüche, interessanterweise auch an den Fingern der rechten Hand. Und seiner Meinung nach geschah das irgendwann in den fünfziger Jahren.«
»Aha. Dann suche ich jetzt also die passende alte, verstaubte Akte zu diesen Schussverletzungen«, ahnte Laura lächelnd.
»Genau. Meine Leute waren erleichtert, als ich ihnen andeutete, dass du dich um den Archivkram kümmern würdest, das ist nämlich unter Polizisten keine beliebte Tätigkeit«, fügte Judith augenzwinkernd hinzu. »Lisa Lenz wird dir alles zeigen und dann kannst du sofort loslegen.«
»Gleich heute könnte ich anfangen? Am Sonntag?!« Laura war voller Tatendrang.
Und Judith ließ sich von ihrem Enthusiasmus anstecken. »Sicher. Ich muss auch gleich los. Wenn du also mitfahren willst?«

    ~ 24 ~
     
    Der plötzliche Aufbruch der beiden Frauen wurde von Walter ein wenig bedauert. Er hätte gerne noch mit ihnen gesessen und ein Stündchen verplauscht. Etwas wehmütig sah er sich in der Küche um und sein Blick fiel auf Lauras Bücher zur Symbolik. Auch ihn interessierten diese Bedeutungen und Zeichen, die mehr oder weniger verborgenen oder deutlichen Botschaften. Er bediente sich am restlichen Kaffee, setzte sich in den bequemen Sessel am Küchenfenster, besah sich den Bücherstapel im Fensterbrett genauer und nahm dann einfach das oberste Buch in die Hand. Er wollte das Nichtstun an diesem späten Morgen noch etwas auskosten. Seine Sonntagsarbeiten konnten gewiss ein paar Minuten warten. Wilhelmina war an seine Seite gehüpft und lauschte wieder dem Umblättern der dicken Papierseiten.
Walter las sich fest. Das Buch war spannend geschrieben und reich illustriert. Er hatte nicht einmal geahnt, in welchem Umfang die Menschen bereit waren, den alltäglichsten Dingen eine höhere Bedeutung zu geben. »Hör mal«, las er Wilhelmina vor, »du kommst in der Symbolik nicht besonders gut weg, da kannst du so laut schnurren, wie du willst. Hier steht, Katzen sind Hilfsgeister von Hexen, schwarze Katzen bringen Unglück oder sind zauberkräftig. Hm. Schwarz bist du ja nicht. Gott sei Dank.« Im nächsten Buch fand Walter freundlichere Deutungen; es beschrieb die Katzen als Wappentier. Heraldisch standen sie für Freiheit. Er erzählte Wilhelmina auch davon, doch die hatte desinteressiert ihre Augen geschlossen. Menschliche Katzensymbolik schien ihr einerlei zu sein.
Walter griff nun zu einem recht neuen Buch, das die baugeschichtliche Entwicklung von historischen Dorfkernen und ihren typischen Häusern behandelte. Was hatte Laura hierin zu finden gehofft? Die Farbe am Schnitt des Buchblocks klebte die Seiten noch etwas zusammen und Walter merkte am Widerstand des Papiers beim Blättern, das in diesem Buch nicht oft gelesen worden war. Insofern überraschte ihn der akkurat gefaltete Bogen aus schwerem Büttenpapier, der ihm aus der Klappe des Schutzumschlages entgegenrutschte. Schnell griff er zu, noch ehe das Blatt auf den Boden fallen konnte. Ohne sich dabei etwas zu denken, schlug er den cremefarbenen Papierbogen auf und las die mit dunkelblauer Tinte schwungvoll geschriebenen Worte. Walter wurde ordentlich überrascht. Denn hier war kein Kommentar zu einer Textstelle im Buch zu lesen, sondern etwas, womit er nicht gerechnet hatte und das ganz sicher nicht für seine Augen bestimmt war: » Liebste, im Leben kann alles passieren, sogar, was man sich wünscht. M. «
M.? M wie Martin? Walter wurde wütend. Martin Bach? Sollte er sich so in Laura und ihrer Beziehung zu diesem Mann getäuscht haben? War Laura noch zu retten! Waren die beiden immer noch heimlich zusammen? Und was war mit Astrids Kind? Einen Moment später tadelte er sich für diese Gedanken. Er wollte Laura nichts unterstellen. Bei emotionsloser Betrachtung war es sogar unwahrscheinlich, dass

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