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Giftweizen

Giftweizen

Titel: Giftweizen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heike Schroll
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den Po verabschiedete der sie: »Bis morjen, Süße.«
Die Frau drängte sich mit triumphierendem Blick und ohne Eile eng an Walter Dreyer vorbei, dem diese Szene peinlich war. Durch den Bericht seines Kollegen war ihm deutlich in Erinnerung geblieben, dass Udo Drescher eine Ehefrau hatte, und das eben war sie ganz sicher nicht.
Walter Dreyer stellte sich vor.
Augenzwinkernd bat Drescher ihn herein: »Ein bisschen Spaß muss sein, stimmt’s?« Er führte seinen Besucher in das Wohnzimmer und bot ihm mit einer Handbewegung einen Platz in einem Sessel an. »Ich räum rasch ein wenig auf, wenn Sie nichts dagegen haben«, begann er ungeniert, ein Badetuch vom Sofa zu nehmen und ein Zierkissen an dessen Stelle zu platzieren, nicht, ohne mit der Handkante einen Knick in das Kissen zu schlagen. »Meine Frau muss es ja nicht gleich merken«, fügte er erklärend hinzu. Dann öffnete er wohlüberlegt das Fenster. Als Drescher die zwei benutzten Gläser vom Tisch nahm, bot er Walter Dreyer an: »Möchten Sie auch ’ne Cola? Den Wodka lassen wir jetzt wohl lieber weg, Sie sind ja sicher im Dienst.«
Dreyer gelang es nicht, den unbeschwerten Ton zu erwidern. »Nein. Danke. Herr Drescher, ich möchte nichts. Würden Sie sich bitte hinsetzen, damit wir uns unterhalten können? Ich habe Ihnen einige Fragen zu stellen.«
»Gleich. Ich räum das hier nur schnell raus«, verschwand Udo Drescher, ohne die Aufforderung des Polizisten zu beachten.
Das Wohnzimmer wirkte steril. Dezent in braun gestreifter Plüschbezug auf Sesseln und Sofa, darauf je ein Zierkissen in die jeweils linke Ecke gestellt, natürlich mit Knick. Der flache Couchtisch, mit farblich zu den Sitzmöbeln passendem, gewebtem Läufer verziert, stand zu weit von der Couch entfernt. Eine Schrankwand, deren Furniertapete Eichenholz imitieren sollte, nahm die ganze der Sitzgruppe gegenüberliegende Wand ein, dominiert von einem Ungetüm von Farbfernseher. Vor dem breiten Fenster stand eine beeindruckende Grünpflanze, die das Fehlen weiterer Hinweise auf eine gewisse Behaglichkeit dieses Zimmers nicht ausgleichen konnte.
»Sie halten wohl nicht viel von ein wenig Spaß nebenbei? Sie sehen so verkniffen aus«, meinte Drescher zu Walter Dreyer, als er wiederkam und sich auf das Sofa setzte. Er zog den Tisch noch etwas heran. Kritisch und offenbar zufrieden besah er das Ergebnis seiner Bemühungen. Er lehnte sich entspannt zurück, legte seine Arme breit auf die Rückenlehne und schlug den linken Fuß leger über das rechte Bein. »Monogamie ist doch nicht natürlich. Das sage ich meiner Frau auch immer.«
Natürlich? Immer? Walter Dreyer war baff. Was für einem Neandertaler saß er denn hier gegenüber?! Natürlich war es in Teilen der Welt auch einmal gewesen, seine Gefangenen zu verspeisen. Oder Kranke auszusetzen. Für viele Raubtiere ist es natürlich, die Jungen ihres neu gewonnenen Weibchens zu töten, damit es schneller bereit ist, sich zu paaren. Walter Dreyer konnte es kaum glauben, wie das vor ihm sitzende Exemplar Mann sich, noch dazu unter Berufung auf die Natur , mit einem derartigen Verhalten brüstete.
Doch er war nicht hier, um sich als Moralapostel aufzuspielen. »Wir nehmen an, Sie können uns bei den Ermittlungen in einem Mordfall helfen«, überging er einfach das oberflächliche Wesen seines Gegenübers. Oder überspielte der Mann nur seine Nervosität?
Wach, fast lauernd, sah Udo Drescher den Polizisten an. »Wie denn?«
»Sie fahren einen braunen Skoda. Richtig?«
»Ja. Der ist aber in der Werkstatt.«
»Ach. Seit wann denn?«
»Letzte Woche schon.«
»Wann genau?«
»Dienstag. Hab erst selber noch dran jeschraubt, hat aber nichts jebracht. Fragen Sie doch einfach nach. Das Auto steht in Kakerbeck.«
»Das werde ich tun«, versicherte Dreyer. »Und wo waren Sie Freitag Vormittag?«
Ohne überlegen zu müssen, antwortete Drescher: »Hier. Zu Hause. Sie haben mein Schnuckelchen doch gesehen. Die war auch Freitagmorgen hier.«
Das breite Grinsen Dreschers ärgerte Walter Dreyer. »Ich brauche den Namen und die Adresse der Frau.« Er notierte sich die Angaben. Sie wohnte nur ein paar Häuser weiter. Da konnte er das Alibi gleich noch prüfen. Dann fragte er weiter, obwohl es keinen Zusammenhang mit dem Mordfall gab: »Wieso sind Sie eigentlich vormittags zu Hause, Herr Drescher? Arbeiten Sie Schicht?«
»Nee. Bin krankgeschrieben, die ganze Woche noch«, gab er zu, ohne dass ihm auffiel, wie untauglich diese Begründung angesichts seines offensichtlichen

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