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Giftweizen

Giftweizen

Titel: Giftweizen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heike Schroll
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Holl!«

Dienstag
     
     
    ~ 42 ~
     
    Mit den Worten: »Wegen des gestrigen Leichenfundes sind wir ja nicht dazu gekommen, weiter nach dem Skoda zu suchen«, hatte Judith am Morgen, bevor sie sich auf den Weg nach Gardelegen machte, Walter nicht sonderlich subtil gebeten, sich vordringlich um diese Angelegenheit zu kümmern.
Der nahm die Liste zur Hand und überflog sie. Viel Arbeit war es nicht mehr; nur noch von drei Haltern waren die Namen, Geburtsdaten und Adressen nicht abgestrichen. Er kannte keinen der Männer wirklich. Nur von einem, Udo Drescher, hatte er vor einiger Zeit mal von einem Kollegen gehört, als Dreschers Frau ihren bezechten Mann nach einer Kneipenrunde hatte auslösen müssen. Durch die ziemlich hohe Summe war Dreyer der Vorfall im Gedächtnis geblieben. Der Wirt hatte damals vorsichtshalber den Ortspolizisten angerufen, falls es zu »Missverständnissen« kommen würde.
Walter Dreyer zog sich mit Cordhose und Hemd bequem an, steckte seinen Dienstausweis ein, griff etwas zum Schreiben und fuhr los. Sein Tourenplan stand fest: Einer der Skodafahrer wohnte in Estedt, mit dem wollte er anfangen. Der Mann war Rentner, wie er unschwer errechnen konnte, und er hoffte, ihn zu Hause anzutreffen.
Das Gehöft lag gleich rechts am Ortseingang neben der alten Bahnlinie und wirkte gut erhalten. Das zur Straße gelegene Wohnhaus war nach dem Einbau großer, moderner Fenster neu verputzt worden. Die Stufen zur ebenfalls neu eingebauten Haustür waren mit dunklem Granit ausgelegt und ein Briefkasten aus kupferfarbenem getriebenem Blech unter einer dazu passenden Hausnummer so aufgehängt worden, dass er mit der protzigen Türklinke eine Linie bildete. Eine Klingel konnte Walter nicht entdecken, also klopfte er laut an die geriffelte Glasscheibe der Tür, die sich noch im selben Moment öffnete. Der schmale Mann, der ihm gegenüberstand, war offenbar gerade im Begriff gewesen, das Haus für Einkäufe zu verlassen, denn er trug einen Pappkarton mit leeren Pfandflaschen unter dem rechten Arm; in der linken Hand hielt er ein abgegriffenes Portemonnaie. »Oh, ham Sie jeklopft?«, fragte er.
Wer sonst, lag Walter Dreyer auf der Zunge. Er ignorierte die Frage, stellte sich vor und nannte sein Anliegen: »Ich suche den Halter eines braunen Skodas. Ist das Ihr Wagen?«
»Nee, der jehört meinem Alten.« Der Tonfall des Einkäufers wurde missmutig. »Wozu der ’n Auto hat, weeß keener, denn er fährt ja tagelang nich damit rum. Die Karre steht ewig nur inner Scheune und verjammelt. Und wenn ich mal fahrn will, jibt’s immer Theater und Vorträge. Als wenn dat Ding aus Jold wär!«
Wird es je andere Diskussionen zwischen Söhnen und Vätern zum Thema Auto geben?, dachte Walter. »Ist Ihr Vater da? Ich müsste ihn dringend sprechen.«
»Wat hat er denn anjestellt? Isser nach ’m Frühschoppen wedder Schlangenlinien jefahren?«
Diese Bemerkung wollte Walter Dreyer jetzt lieber nicht hinterfragen; er hatte Wichtigeres zu klären. »Nein. Doch wenn Sie mich zu ihm bringen würden?«
»Er iss hinten bei de Hühner; die Stallklappe klemmt und er feilt dran rum. Ich hoffe, Se hams nich eilig.«
»Wieso?«
Der Sohn stellte endlich seinen Karton ab und ging mit ihm um das Haus auf den Hof. »Na ja«, erklärte er, »mein Alter iss ’n Anhänger des früher-war-allet-besser-Jedankens. Da werden Se erst mal allerhand Jeschichten zu hören bekommen, bis Se mit Ihren Fragen Jlück haben.«
Doch so schlimm wurde es nicht und Walter erfuhr rasch, was er wissen wollte. Der Mann war seit Tagen nicht mit dem Wagen gefahren – das könnten seine Frau und seine Nachbarn bestätigen – und auch sein Junior nicht, wie er betonte: »Da passe ich jenau auf! Der kann man ruhig sein Rad nehmen, wenn der wo hin will. Dafür isses Auto nich jekauft«, lautete die diesbezügliche Aussage.

Nachdem dieser Besuch nur zu einem weiteren Häkchen geführt hatte, hoffte Walter Dreyer auf den Nächsten, diesen Udo Drescher.
Er fuhr die paar Kilometer nach Wernstedt, fand die Adresse problemlos und klingelte. Nichts tat sich. Aber Dreyer hörte Geräusche aus dem Haus. Er musste ungewöhnlich lange warten und noch mehrfach klingeln, ehe die Tür einen Spaltbreit geöffnet wurde. Eine üppig gebaute, junge Frau in strammen Jeans, die sich nur halbherzig mühte, eine Jacke über ihrem von einem Trägertop kaum verhüllten Busen zuzuknöpfen, wandte sich kichernd zurück und gab dem Mann, der hinter ihr stand, einen Kuss.
Mit einem deftigen Klaps auf

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